Im Visier der Billigläden: Überwachung
bei KiK, Lidl, Schlecker & Co Ehrensache?

Mitarbeiter bezahlen für niedrige Diskonterpreise Negativimage spielt bei Kaufentscheidung eine Rolle

Das T-Shirt um zwei Euro, das Sechsertragerl Mineralwasser um 79 Cent: Billigstmärke wie KiK & Lidl unterbieten die Konkurrenz nach Strich und Faden. Doch den eigentlichen Preis für die unschlagbar günstigen Angebote zahlen andere: Die Mitarbeiter, wie die jüngste Aufdeckung der Spitzelaktion bei KiK verdeutlicht.

Im Visier der Billigläden: Überwachung
bei KiK, Lidl, Schlecker & Co Ehrensache?

"Sie haben gar nicht damit gerechnet, dass ich mit einer Kündigung auftauche", bekennt der frühere KiK-Bezirksleiter Guido Hagelstede im Gespräch mit der NDR-Redaktion Panorama. Und doch geschah bei KiK über Jahre hinweg genau das: Über eigene Mitarbeiter holte der Diskonter gezielt Bonitätsauskünfte ein - und feuerte dann jene Angestellten, deren Minus am Bankkonto zu groß war. Zwar konnte die Staatsanwaltschaft noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Bonitätsprüfungen und Kündigungen nachweisen, Hagelstedes Beichte dürfte aber wieder Bewegung in das inzwischen eingestelle Verfahren bringen.

Der Imageschaden ist nicht mehr abzuwenden - doch für KiK ist das ohnehin nichts Neues. Seit einigen Jahren sorgt der deutsche Textildiskonter regelmäßig für Negativschlagzeilen. Nach heftigen Protesten räumte das Unternehmen "Schwierigkeiten" bei den Arbeitsbedingungen der Lieferanten in Asien ein - und bestätigte damit Meldungen über unmenschliche Zustände in den Herstellerbetrieben. Und auch in Deutschland musste man sich mehrfach mit dem Arbeitsgericht auseinandersetzen. So wurde eine 58-jährige Angestellte über Jahre hinweg mit einem Stundenlohn von 5,20 Euro abgespeist - der Mindesttarif hätte 8,21 Euro betragen. Die Richterin rügte KiK damals scharf: "Was Sie da machen, das geht so nicht."

Die Entrechtung der Mitarbeiter war laut einer Gewerkschaftsaussendung im Jahr 2006 auch in Österreich so weit fortgeschritten, dass Angestellte teilweise nicht einmal auf die Toilette gehen konnten. Die nach ähnlichen Berichten angestrebte Wahl eines Betriebsrates genehmigte die Unternehmensführung erst nach langen und erbitterten Protesten von Gewerkschaften und Medien.

Faires Eigentor
Dass das Billigpreismodell aber auch bei anderen Diskontern fatale Konsequenzen für die Angestellten hat, bestätigt ein Blick auf die Handelskette Lidl. In Deutschland mussten Mitarbeiter bei einem Krankenstand den Grund ihrer Erkrankung schriftlich festhalten, in 219 Filialen wurden eigens Detektive mit der Überwachung der Angestellten beauftragt.

"Ein Einkauf bei Lidl kann so ziemlich alles sein. Außer fair", protestierte die Organisation Südwind. Anlass der Kritik war eine große Werbekampagne für angeblich fair gehandelte Kleidung. Nach einer Klage von Verbraucherschützern musste die Handelskette die Werbung einstellen - von fairen Arbeitsbedingungen konnte bei den Produzenten nämlich überhaupt keine Rede sein.

Die Überwachung der Mitarbeiter soll indes auch bei Schlecker Programm gewesen sein. Detektive hätten laut der deutschen Gewerkschaft Verdi Angestellte stundenlang durch Lochwände ausgespäht. Was danach geschah, könnte KiK & Co durchaus eine Lehre sein: Denn Schlecker musste nach den Vorwürfen einen massiven Umsatzeinbruch hinnehmen, zahlreiche Filialen wurden geschlossen. Für die Käufer spielt eben doch eine Rolle, wo man kauft, zufolge einer Gfk-Studie fließen schließlich neben dem Preis auch Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in die Kaufentscheidung mit ein. Mit dem Kunden sollte es sich also auch KiK besser nicht verscherzen.
(mei)