Neue Brisanz in Causa Kampusch

Schwere Vertuschungs-Vorwürfe gegen Polizei

Neue Brisanz in Causa Kampusch

Diensthundeführer Chris­tian P. war am 23. August 2006 in Strasshof beim Haus von Wolfgang Priklopil. Dienstlich. Mit seinem Spürhund. Ganz nebenbei macht er dem Leiter der Sonderkommission Kampusch, Nikolaus Koch, eine äußerst brisante Mitteilung. Es habe schon im Jahr 1998 einen konkreten Hinweis auf Priklopil als möglichen Entführer von Natascha Kampusch gegeben. Szenenwechsel: Bei der am selben Tag stattfindenden Pressekonferenz des Innenministe­riums anlässlich der Selbst­befreiung von Natascha Kampusch stellt ein Journalist den Ermittlern eine einfache Frage, die vorerst unbeantwortet blieb: Ist der Name Priklopil im Zusammenhang mit den Ermittlun­gen schon einmal aufgetaucht?

Der heikle Aktenfund. Chefinspektor Johann Frühstück erhält daraufhin einen äußerst dringlichen Auftrag: Er soll sofort im elektronischen Akt über das „Convera“-Programm nach Hinweisen auf Priklopil suchen.
Am Morgen des 24. August 2006 hat Frühstück das Ergebnis: Diensthundeführer Chris­tian P. hat tatsächlich bereits am 14. April 1998
einen konkreten telefo­nischen Hinweis auf Priklopil an das Wiener
Sicherheitsbüro gegeben. Einzig: Dem Hinweis war nie nachgegangen worden, Hundeführer P. nie einvernommen worden. Frühstück kracht mit seinem Recherche-Ergebnis in eine prominent besetzte Sitzung. Von BKA-Chef Herwig Haidinger über den Wiener Landespolizeikommandanten Karl Mahrer, den Staatsanwalt Hans-­Georg Kronawetter bis hin zu Soko-Kampusch-Chef Nikolaus Koch sind alle anwesend, als Frühstück die Hiobsbotschaft überbringt.

Das Protokoll einer versuchten Vertuschung. Was dann folgt, ist aus heutiger Sicht spannend. Denn die Sonderkommission unter der Leitung des Vorarlberger Kriminalisten Elmar Marent, die jetzt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien im Innenministeriumsskandal ermittelte, hat im „Faktenkreis 9“ auch mögliche Vertuschungen bei der „Causa Kampusch“ erhoben und dabei politisch höchst brisante Zeugenaussagen zu Papier gebracht. NEWS liegt der Marent-Bericht vollständig vor. Gleich vorweg: Die Zeugenaussagen des Diensthundeführers Christian P. und von dessen Frau, die ebenfalls Polizeibeamtin ist, vermitteln den Eindruck, dass Ermittler der Soko Kampusch unmittelbar nach der Selbstbefreiung Kampuschs und unmittelbar vor der Nationalratswahl 2006 viel daransetzten, um den gravierendsten aller ­Ermittlungsfehler nicht publik werden zu lassen.

Wie eine Weisung versandet. Doch der Reihe nach: Als Chefinspektor Frühstück den Top-Ermittlern mitteilte, dass dem Hinweis des Dienst­hundeführers nicht nachgegangen wurde, erteilte BKA-Chef Haidinger den Auftrag, dass der Diensthundeführer sofort niederschriftlich einzuvernehmen sei. Das passierte. Irgendwie halt – oder auch nicht. Jedenfalls aber nicht sofort. Und auch nicht niederschriftlich. Aber zumindest bekam Diensthundeführer Christian P. dann doch noch Besuch von zwei Ermittlern der Soko Kampusch. Eine Einvernahme, die keine ist. Und zwar am 29. August 2006, so gegen „20 Uhr“ und „nach dringender vorheriger telefonischer Terminvereinbarung“. Somit fünf Tage nachdem (!) Haidinger den Auftrag erteilt hatte. Schriftliche Niederschrift gab es laut P. keine. Und auch keine Einvernahme.

„Können uns keinen Polizeiskandal leisten.“ Die Beamten hätten ein anderes Anliegen gehabt, so der Diensthundeführer in seiner Zeugenaussage. Einer der Beamten hätte das auch klar ausgesprochen. Zitat aus dem Akt: „Bitte sag nichts, zu keinem was, sonst können wir zusperren.“ Eine formelle Befragung habe nicht stattgefunden, über seinen konkreten Hinweis auf Priklopil sei „wenn überhaupt“ nur „kurz“ gesprochen worden. Per E-Mail wurde dem Diensthundeführer seitens des Landespolizeikommandos Wien auch noch mitgeteilt, dass jedenfalls keine Zustimmung zu Medienauskünften erteilt werde. Auch die Frau des Dienst­hundeführers, selbst Polizistin von Beruf, war bei der etwas mehr als nur sonderbar an­mutenden Aktion mit dabei. Sie bestätigt die Aussagen ihres Mannes: Die Ermittler hätten gesagt, „dass bei dieser Sache tatsächlich wohl einiges schiefgelaufen sei“. Zitat: „Folglich hätten die Beamten gemeint, dass sie über diese Sache, über diesen Hinweis meines Mannes nichts sagen sollten, dies sollte insbesondere nicht an die Presse gelangen.“

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