Spektakuläres Urteil gegen Wiener Linien: Kündigung eines Homosexuellen unwirksam!

Mann wurde jahrelang von seinen Kollegen gemobbt Wiener Linien: "Egomanische Persönlichkeit" schuld

Dass er in Folge dessen erkrankte, lag laut nicht rechtskräftigem Urteil eindeutig im Mitverschulden der Wiener Linien, weshalb die Kündigung sittenwidrig war. Die Wiener Linien hätten es unterlassen, gegen das Mobbing zeitgerecht "Abhilfemaßnahmen" zu setzen, obwohl die Geschäftsführung und die Magistratsdirektion seit Mitte 2001 von den schwierigen Arbeitsbedingungen des Mannes gewusst hätten, rügt Richter Andreas Fraundorfer in seinem schriftlichen Urteil. Dem Mann war nahe gelegt worden, sich versetzen zu lassen - laut ASG eine "untaugliche" und "krass verspätete" Maßnahme.

Die Wiener Linien hätten den betroffenen Mitarbeiter damit "in der demütigenden, seine Persönlichkeitsrechte und seine Menschenwürde verletzenden Weise und überdies gesundheitsschädlichen Arbeitssituation belassen und nach vielen Monaten der Untätigkeit sich darauf beschränkt, die Verantwortung für Abhilfemaßnahmen dem Kläger selbst zuzuschieben", ist dem 60 Seiten starken Urteil zu entnehmen. Ihn dann zu kündigen, nachdem er in Folge seines psychischen Befindens Anfang 2004 drei Monate in den Krankenstand gegangen war, wird wörtlich als "Rechtsmissbrauch" bezeichnet.

"Systematische Anfeindungen"
Dem Urteil zufolge war der Straßenbahnfahrer über Jahre hinweg "systematischen Anfeindungen, Schikanen und Belästigungen" ausgesetzt. Die Wiener Linien weisen das zurück: Es habe kein Mobbing stattgefunden. Der Mann habe sich vielmehr Konflikte mit der Kollegenschaft selbst eingehandelt.

Der Betroffene ist seit 1995 bei den Wiener Linien beschäftigt. Als er 1999 für seinen Lebensgefährten eine sogenannte Angehörigenkarte beantragte, wurde seine Homosexualität rasch zum Gesprächsthema im Kollegenkreis.

Gemäß den Feststellungen des ASG war der Mann von diesem Zeitpunkt an laufend Belästigungen und Beschimpfungen ausgesetzt. So wurde das WC im Betriebsbahnhof, in dem er hauptsächlich Dienst versah, mit homophoben Parolen beschmiert. Aus den Reifen seines geparkten Pkw wurde immer wieder Luft ausgelassen, das Fahrzeug selbst einmal mit Buttersäure begossen.

Vom Chef beschimpft
Die Vorgesetzten und Personalvertreter, die der Mann zurate zog und um Hilfe bat, reagierten offensichtlich ungenügend bzw. ablehnend. Als sich der Straßenbahner pragmatisieren lassen wollte, soll ihn etwa der Dienststellenobmann unter vier Augen wissen haben lassen: "Schwuchteln wie di tun ma net pragmatisieren!"

Die Wiener Linien hatten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren versichert, es habe kein Mobbing stattgefunden. Vielmehr habe die "egomanische Persönlichkeit" des Mannes zu massiven Konflikten mit der Kollegenschaft geführt. Diese habe er sich im Wesentlichen selbst zuzuschreiben. Der 37-Jährige habe Kollegen beschimpft und vermeintliche Mobbing-Aktivitäten anderer dazu benützt, um höhere Dienste erlangen zu können, die ihm aufgrund seiner Ausbildung und Fachkenntnisse verwehrt waren.

(apa/red)