Oberster Gerichtshof verurteilt Post: Bei Zeitungszustellung Marktmacht missbraucht

5-Jahresverträge mit Zeitungsverlegern rechtswidrig Österreichs größter privater Zusteller redmail klagte

Eine brisante Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof gegen die Österreichische Post getroffen. Die Post missbraucht demnach mit ihren Vertragsbedingungen für die Zeitungszustellung ihre marktbeherrschende Stellung. Das Verfahren war vom private Zusteller Redmail, einer Tochter der Styria Medien AG, angestrebt worden. Laut Redmail geht es für die Post um ein Auftragsvolumen von 100 Mio. Euro.

Zeitungsverlage konnten aus den Fünfjahresverträgen mit der Post bisher nur aussteigen, wenn sie eine hohe Pönale in Kauf nahmen, denn das 2001 fixierte Preismodell verknüpfte Rabatte mit einer so genannten Mengenbindung. Post-Konkurrent Redmail sah dadurch den Wettbewerb verzerrt, da Verleger am Wechsel des Zustellers gehindert würden. Also ging das Unternehmen vor Gericht.

Nach dem Urteil des OGH als Kartellobergericht sei der "Weg frei für viele Verleger, ohne Verluste zu privaten Postdienstleistern zu wechseln", so Redmail. Der OGH bestätigte die Entscheidung vom 27. Februar, man befinde sich damit aber noch in der zweimonatigen Sperrfrist und könne keinen Kommentar abgeben.

Post bestätigt Urteil, nicht aber kolportierte Zahlen
Post-Sprecher Michael Homola hat das Urteil bestätigt, nicht aber, dass es für die Post, die kurz vor ihrem Börsegang steht, um ein Volumen von bis zu 100 Mio. Euro gehe. "Zahlen kommentieren wir nicht", sagte er zur APA. Insgesamt habe das Geschäftsfeld Medienpost, wozu auch Sponsoring-Postsendungen gehören, im Jahr 2005 einen Umsatz von 126,1 Mio. Euro gemacht. Walter Schaffelhofer, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), sah in der OGH-Entscheidung vor allem ein "Grundsatzurteil", da die stufenweise Erhöhung der Post-Zeitungstarife bereits komplett vollzogen sei, wie er zur APA sagte.

Die Post kommentiert das Urteil betont gelassen: Man werde nun die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend überprüfen. "Natürlich steht es jetzt jedem frei, zu einem anderen Anbieter zu gehen", meinte Homola. Er zeigte sich aber "zuversichtlich", dass die Zeitungskunden von der Qualität der Postzustellung überzeugt seien.

Das OGH-Urteil hat eine lange Vorgeschichte. Ab dem Jahr 2000 fiel der staatliche Zuschuss zu den Posttarifen für die Zeitungszustellung weg. Nach einigem Hin und Her trat ein Tarifwerk in Kraft, mit dem sowohl Post als auch Verleger leben konnten: Die Tarife wurden demnach Schritt für Schritt erhöht. Verlage, die sich mit einer Mindestmenge an die Post banden, kamen vorerst günstiger weg als Kunden ohne Mengenbindung. Wer eine Mengenbindung einging, die Mindeststückzahl dann aber nicht einhielt, musste den Preisunterschied nachträglich zurückzahlen. Dagegen ging Redmail mit seiner Klage vor. Seit Jänner 2006 ist indes die Angleichung dieser beiden Modelle vollzogen, für alle Kunden gilt die höchste Preisstufe. Die entsprechenden Verträge laufen noch bis Ende des Jahres.

Redmail-Geschäftsführer Dieter Schügerl nutzte am Freitag die Bekanntmachung des Urteils gleich für ein Angebot an potenzielle Umsteiger: "Wer jetzt zu Redmail wechselt, kann sich sofort zehn Prozent seiner bisherigen Zustellkosten sparen." Fünfjahresvertrag werde es keinen geben, versprach er. Schügerl freute sich über einen "weiteren Schritt zu gleichen Bedingungen am liberalisierten Postmarkt" und rechnet mit Marktveränderungen "noch in diesem Jahr".
(apa/red)