FPÖ sieht Erfolg bei Anti-EU-Volksbegehren:
Parteichef Strache fordert Gesetzesänderung

Parteichef übt Kritik: "Schikanen" bei Eintragungen<br>258.277 Österreicher unterstützen Volksbegehren <b>PLUS:</b> Umfrage, Reaktionen & Hintergrund-Infos

Strache bekräftigte auch seine Kritik, wonach es in der Eintragungswoche zu zahlreichen "Schikanen" und zu "massivem Gesetzesbruch" gekommen sei. So habe es ganze Gemeinden gegeben, wo Bürger die Auskunft bekommen hätten, es läge kein Volksbegehren auf bzw. man habe ihnen nicht sagen können, wo das Eintragungslokal sei. Auf der anderen Seite hätten viele FPÖ-Anhänger aus Angst um den Job bzw. auf Grund einer "nicht immer demokratischen Situation" das Volksbegehren nicht unterschrieben, so Strache. Insofern seien die 258.277 Unterschriften ein "großartiges" Ergebnis.

Trotz des angeblichen Gesetzesbruchs wird die FPÖ das Ergebnis des Volksbegehrens nicht wie im Vorfeld angekündigt beim Verfassungsgerichtshof beeinspruchen. Die Bürger würden eine Aufhebung nicht verstehen, begründete Strache die Vorgangsweise. Nun wolle man vielmehr die Nationalratswahl im Herbst für eine "Wiederholung des Volksbegehrens" nutzen, das ein Festhalten an der Neutralität und Volksabstimmungen über einen allfälligen EU-Beitritt der Türkei sowie über die EU-Verfassung als Kernpunkte hatte. Man stehe erst am Beginn einer Initiative, so Strache. "Wir wissen, dass man im Frühjahr sät und im Herbst erntet." Hinsichtlich der Themen sei über eine Million Menschen "im Geiste" bei der FPÖ.

Strache: Schüssel werde "wieder umfallen"
Strache fordert nun eine baldige Umsetzung des Volksbegehrens. Das werde eine "Nagelprobe" für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V). Der FP-Chef erwartet aber ohnehin, dass der Kanzler "wieder umfallen wird".

Dass das Begehren laut einer Umfrage von vielen SP-Wählern unterschrieben wurde, überrascht Strache nicht. Viele Menschen wünschten sich eine Positionierung Österreichs als internationaler Vermittler, wie es unter dem früheren SP-Kanzler Bruno Kreisky der Fall gewesen sei. Die heutige SPÖ unterstütze diesen Kurs aber nicht mehr, er hingegen wolle als "Erbe von Bruno Kreisky" auftreten, so Strache.

258.277 Österreicher unterstützen Volksbegehren
258.277 Österreicher haben das EU-Volksbegehren der FPÖ unterstützt - das entspricht 4,28 Prozent der Stimmberechtigten. Damit liegt das "Österreich bleib frei"-Begehren der Freiheitlichen auf Platz 21 im hinteren Mittelfeld der bisher 32 Volksbegehren. Nach Angaben von Peter Ulram vom ÖVP-nahen Fessel-GfK-Institut hat das FP-Volksbegehren jedenfalls vornehmlich SP-Sympathisanten angesprochen. Seiner Umfrage zufolge deklarierte sich ein Drittel der Unterzeichner als SPÖ-Wähler, 22 Prozent gaben eine FPÖ-Präferenz an und 18 Prozent setzen üblicherweise ihr Kreuz bei der ÖVP. "Überrepräsentiert" waren beim Volksbegehren demnach Pensionisten sowie Arbeiter und Männer, die mit 51 Prozent öfter unterschrieben hätten als Frauen.

Die FPÖ, die immerhin eine Million Euro in die Kampagne investiert hat, will ihr Volksbegehren nun noch vor Ende des österreichischen EU-Vorsitzhalbjahres im Nationalrat behandelt wissen. Die Kernpunkte: Festhalten an der Neutralität und Volksabstimmungen über einen allfälligen EU-Beitritt der Türkei sowie über die EU-Verfassung. Die meisten Unterstützer für diese drei Punkte konnten die Freiheitlichen in Wien mobilisieren (58.551), knapp dahinter liegen Niederösterreich (56.437) und Oberösterreich (55.448).

Geringste Unterstützung in Kärnten
Betrachtet man nicht die absolute Stimmenzahl, sondern die Prozent der Wahlberechtigten, die die FPÖ mobilisieren konnte, dann hat die oberösterreichische FPÖ mit 5,36 Prozent überhaupt das beste Ergebnis eingefahren. In der Steiermark haben 29.005 Personen unterschrieben, in Salzburg waren es 17.483, in Tirol 15.914, im Burgenland 8.772 und in Vorarlberg 8.501. Am schlechtesten hat das blaue Plebiszit in der politischen Heimat von BZÖ-Chef Jörg Haider abgeschnitten: Im orangen Kernland Kärnten unterschrieben nur 8.166 Personen (1,91 Prozent).

Unter den sieben bisher von der FPÖ eingeleiteten Volksbegehren liegt "Österreich bleib frei" fast gleichauf mit Anti-Privilegien- und Schilling-Volksbegehren. Deutlich besser hat unter anderem 2002 das Anti-Temelin-Begehren abgeschnitten, das 914.973 Österreicher unterschrieben haben - einen Vergleich den Niederösterreichs FP-Chefin Barbara Rosenkranz jedoch mit Verweis auf die diesmal ausgebliebene mediale Unterstützung zurückweist: "Wenn die Kronen-Zeitung ein Volksbegehren trägt, dann ist das etwas anderes."

Für Van der Bellen "politischer Bauchfleck"
Für den Grünen Bundessprecher Alexander Van der Bellen ist das Volksbegehren ein "politischer Bauchfleck ersten Ranges". Natürlich sei jede Unterschrift ernst zu nehmen, aber gemessen an den offensichtlich hohen FPÖ-internen Erwartungen sei das "Strache-Parteibegehren" klar unter den Erwartungen geblieben, sagte Van der Bellen.

"Es wurden Unsummen an Geld verpulvert und das ohne nachvollziehbaren Nutzen - sei es für die FPÖ oder die Wählerinnen und Wähler", meinte der Grüne Bundessprecher. "Die meisten haben durchschaut, dass es der FPÖ lediglich um eine durchsichtige Wahlkampf-Mobilisierung gegangen ist."

Für Scheuch "gescheitert"
Für "gescheitert" hat BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch das Volksbegehren erklärt. Die Unterschriften seien bei FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache "verloren", da dieser nicht bereit sei, Regierungsverantwortung zu übernehmen, so Scheuch bei einer Pressekonferenz. Überdies seien die drei Forderungen des Begehrens, nämlich die Beibehaltung der Neutralität sowie Volksabstimmungen über die EU-Verfassung und einen allfälligen EU-Beitritt der Türkei schon längst umgesetzt.

Politikwissenschafter: "Doch sehr bescheiden"
Anders der Politikwissenschafter Peter Filzmaier: Er spricht von einem "doch sehr bescheidenen Ergebnis". "Der Motor stottert", sagte er am Montagabend im Gespräch mit der APA. Rückschlüsse auf die Chancen der FPÖ bei der Nationalratswahl im Herbst lasse dies aber nicht zu: "Das wäre eine reine Milchmädchenrechnung." Das Thema EU-Kritik werde im Nationalratswahlkampf aber sehr wohl eine Rolle spielen: "Der Wert des sehr hohen EU-Skeptizismus ist ein relativ konstanter. Hier liegt Potenzial."

Konkurrenz: "Unnötig, teuer, Flop"
Von der politischen Konkurrenz der FPÖ kam postwendend Kritik am Volksbegehren: ÖVP und SPÖ bezeichneten das "Österreich bleib frei"-Begehren als "unnötig". Die Anliegen des blauen EU-Plebiszits seien bereits erfüllt, meinten VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka und SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Die stellvertretende Grüne-Bundessprecherin Eva Glawischnig sprach von einem "Flop". Und BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch erwartet nach dem "Misserfolg" des Begehrens einen FP-internen "Machtkampf" zwischen Strache, Volksanwalt Ewald Stadler und dem EU-Abgeordneten Andreas Mölzer. (apa/red)