10 Jahre Causa Hans-Hermann Groer: Am 26. März '95 wurde Kirchensex-Affäre publik

Damaliger Kardinal missbrauchte zahlreiche Buben Schwerste Kirchen-Krise: Mehrere 100.000 Austritte

Nach Hartmann meldeten sich noch weitere ehemalige Zöglinge, die berichteten, von Groer in dessen Zeit als Religionsprofessor am Knabenseminar Hollabrunn sexuell belästigt oder missbraucht worden zu sein. Berater hatten Groer vor zehn Jahren empfohlen, gegen die Medienberichte gerichtlich vorzugehen. Der Kardinal entschied sich für einen anderen Weg: Er schwieg zu den Vorwürfen eisern - bis zu seinem Tod vor zwei Jahren.

Bischöfe verteidigten Groer
Zunächst stellten sich die Bischofskollegen noch hinter ihren Mitbruder. Die damaligen Wiener Weihbischöfe Christoph Schönborn und Helmut Krätzl verglichen sogar die Vorwürfe mit Priester-Prozessen in der NS-Zeit. Das sollte sich aber bald ändern.

Die Ereignisse überschlugen sich dann im Frühjahr und Sommer 1995: Am 6. April legte Groer überraschend den Vorsitz in der Bischofskonferenz zurück, nachdem er zwei Tage davor noch im zweiten Wahlgang mit einfacher Mehrheit wiedergewählt worden war. Am 13. April ernannte Papst Johannes Paul II. Weihbischof Schönborn zum Erzbischof-Koadjutor mit Nachfolgerecht. Das war der Beginn der Demontage Groers. Am 14. August nahm der Papst Groers Rücktritt an, am 14. September endete die Ära Groer. Schönborn wurde Erzbischof von Wien.

Groer trat im August 1995 freiwillig zurück
Der Alt-Erzbischof zog sich nach Maria Roggendorf zurück, wo er vor seiner Berufung zum Wiener Erzbischof bis 1986 als Wallfahrtsdirektor gewirkt hatte. Mit dem Rückzug kehrte aber noch lange nicht Ruhe ein. Anfang 1998 tauchten im Stift Göttweig, dem Stammkloster des Benediktinerpaters Groer, neue Vorwürfe gegen den Mitbruder auf. Es folgte eine Apostolische Visitation. Das Ergebnis dieser kircheninternen Untersuchung ging an den Papst und wurde nie veröffentlicht. Bemerkenswert war, dass noch vor Abschluss der Visitation die Bischöfe Schönborn, Weber, Eder und Kapellari in einer gemeinsamen Erklärung bekannt gaben, dass sie zur "moralischen Gewissheit" gelangt seien, dass die Vorwürfe gegen Groer "im wesentlichen" zutreffen.

"Exil" in Nonnenkloster bei Dresden
Noch einmal sorgte die Causa für Aufsehen in der Öffentlichkeit. Die Bischöfe bemühten sich, ein Auftreten Groers während des dritten Papstbesuches in Österreich vom 19. bis 21. Juni 1998 zu verhindern. Mit Hilfe des Vatikans wurde der Kardinal ein halbes Jahr ins "Exil" geschickt. Offiziell absolvierte er einen "Genesungsbesuch" in einem Nonnenkloster nahe Dresden. Die Peinlichkeit eines Zusammentreffens zwischen Papst und Groer vor laufenden Kameras war damit abgewendet.

Groer verstarb am 24. März 2003 im Alter von 83 Jahren
Danach wurde es in der Öffentlichkeit ruhig um Hans Hermann Groer. Am 24. März 2003 erlag er im Alter von 83 Jahren in einem Spital in St. Pölten einem Krebsleiden.
(apa)