Mit "Mailüfterl" zum Weltruhm: Wiener Computerpionier Heinz Zemanek wird 85

Er schuf ersten volltransistorisierten Computer Europas Konstruierung dauerte zwei Jahre, Programmierung drei

Mit "Mailüfterl" zum Weltruhm: Wiener Computerpionier Heinz Zemanek wird 85

1950 begann der gebürtige Wiener Zemanek als Assistent an der Technischen Hochschule mit dem Bau seines ersten Rechners. Dem Techniker wurde schnell klar, dass die damals dominierenden Röhren zur Konstruktion von "Rechenautomaten" nicht geeignet waren. 1954 nahm er deshalb mit einem Team von Studenten die Entwicklung eines vollständig transistorisierten Computers in Angriff. Ohne offiziellen Auftrag musste sich Zemanek das Geld und die Bestandteile zusammenbetteln.

"Mailüfterl" entstand
Von 1956 bis 1958 bauten die Techniker das "Mailüfterl", aus dem einer der ersten volltransistorisierten Computer der Welt und der erste auf dem europäischen Festland werden sollte. Jeder einzelne der rund 3.000 Transistoren und die 5.000 Dioden wurden auf 1.500 etwa 15 mal zehn Zentimeter große Platten aufgelötet. Der Rechner hatte äußerlich nicht viel mit heutigen Computern gemein: Ohne Bildschirm und Tastatur erfolgte die Ein- und Ausgabe über Lochstreifen, die Ausmaße waren mit mehreren Metern Länge und Höhe beträchtlich. Den Namen "Mailüfterl" wählten die Techniker auf Grund "der eher langsamen Transistoren, die uns zur Verfügung standen", erinnerte sich Zemanek im früheren Gespräch mit der APA. Damit hätte man keinen Wirbelwind, sondern eben nur ein "Mailüfterl" zu Stande gebracht, so der Pionier.

Programmierung dauerte drei Jahre
Nach der Konstruktion der Hardware erfolgte von 1958 bis 1961 die Programmierung "und der Übergang der ganzen Gruppe von der Hard- zur Software". Am 27. Mai 1958 bestimmte das "Mailüfterl" in 66 Minuten die Primzahl 5073548261. 1959 wurde für den Zwölfton-Komponisten Hanns Jelinek ein musiktheoretisches Programm entwickelt und die Aufgabe in 60 Stunden gelöst. Um für diese langen Rechenzeiten nicht ständig am Institut sein zu müssen, hatten die Techniker den Hauptakkumulator des "Mailüfterls" an das Telefon gekoppelt. Sie konnten dadurch von zu Hause anrufen und anhand der hörbaren "Melodie" feststellen, ob das Programm läuft. Heute ist das "Mailüfterl" noch im Technischen Museum Wien zu bewundern.

IBM kaufte "Mailüfterl"
1961, Zemanek war inzwischen habilitiert, übersiedelte die gesamte Gruppe um den Computerpionier zu IBM. Der Konzern hatte angeboten, für das Team ein Laboratorium in Wien aufzubauen. Auch das "Mailüfterl" wurde von IBM dem Staat abgekauft und dem Labor, dem Zemanek bis 1976 vorstand, zur Verfügung gestellt. Der Techniker war einer der ersten, der die Bedeutung der Software für die Computertechnologie erkannte. Die Forschergruppe konzentrierte sich daher bald auf Programmiersprachen und entwickelte die "Vienna Definition Language", die damals größte Programmiersprache, sowie in weiterer Folge die "Vienna Definition Method" und erlangte damit Weltruf. 1976 wurde Zemanek zum IBM-Fellow ernannt, eine Auszeichnung, die nur wenigen Europäern zuteil wurde. Vollständig frei in seiner Aufgabenwahl konzentrierte sich der Wiener auf die Theorie des Systementwurfs und nannte sie "Abstrakte Architektur".

Zemanek lehrt immer noch
Seit 1985 ist Zemanek in Pension, hat sich aber nicht zur Ruhe gesetzt. So lehrt er weiterhin an der Technischen Universität Wien - mittlerweile seit mehr als 50 Jahren - und ließ in seinem Ruhestand die Zahl seiner Publikationen auf über 500 ansteigen.

Ausgezeichnet
Im Laufe seiner Karriere erhielt Zemanek zahlreiche Auszeichnungen und bekleidete hohe Positionen. Er war Präsident der International Federation for Information Processing (IFIP), die seit einigen Jahren ihren Sitz in Laxenburg bei Wien hat und ihn 1998 mit ihrem Isaac L. Auerbach-Preis auszeichnete. Er ist Gründungspräsident der Österreichischen Computergesellschaft, die seit 1985 den "Heinz-Zemanek-Preis" vergibt, weiters Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Träger des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. 2003 wurde er für sein wissenschaftliches Lebenswerk mit dem Kardinal-Innitzer-Preis ausgezeichnet. (apa)