Eklat um Nazi-Vorwurf im Nationalrat: Josef Broukal entschuldigt sich!

Rücktrittsaufforderungen auch nach Entschuldigung Sondersitzung wurde nach Broukal-Sager vertagt

Eigentlich hatte nichts auf so eine Aufregung zum Schluss hingedeutet. Zwar prallten die unterschiedlichen Positionen von Koalition und Opposition während der Sitzung wie üblich aufeinander, der Ton blieb aber moderat. Die Grünen, von denen die Sitzung beantragt worden war, beklagten, dass die Regierung im Kampf gegen die Atomkraft nur "Lippenbekenntnisse" abgebe, und die SPÖ bemängelte die fehlende Präsenz der Minister bei wichtigen EU-Sitzungen. Die Koalition wiederum verteidigte ihre Vorgangsweise bei den Verhandlungen über die neue EU-Verfassung und hielt der SPÖ ein ums andere Mal vor, an den EU-Sanktionen gegen Österreich zumindest indirekt beteiligt gewesen zu sein.

Diese Vorwürfe ließen die SPÖ-Redner lange kalt. Der geschäftsführende Klubchef Josef Cap meinte etwa, dass in Wahrheit die schwarz-blaue Regierung und die konservativen Schwesterparteien der ÖVP die Verantwortung für die bilateralen Maßnahmen der EU-14 getragen hätten: "Wir haben dagegen gekämpft."

Nur einen überkamen dann die Emotionen. Als ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger Broukal während dessen Rede zurief: "Sind Sie jetzt für die Sanktionen oder dagegen? Sind sie jetzt für das Champagner-Trinken von (SPÖ-Chef Alfred, Anm.) Gusenbauer oder dagegen?", explodierte der SPÖ-Mandatar: "Also ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich an einem 5. Mai entscheiden muss, ob ich mit einer Bande Neo-Nazis vor den Heldenplatz in Wien ziehe oder mit einem französischen Politiker für die endgültige Befreiung Europas vom Nationalsozialismus mit Champagner anstoße, dann sage ich Ihnen: Her mit dem Champagner-Glas! Es ist Ihnen unbenommen, dem Nationalsozialisten nachzutrauern, aber es ist unser Privileg, die Befreiung Europas auch heute noch als denkwürdiges Ereignis zu feiern!"

Darauf kannte die Empörung keine Grenzen mehr. Da half auch die versuchte Klarstellung Caps nichts mehr, dass die Aussagen im Zusammenhang mit der "Zuspitzung der Auseinandersetzung" gefallen seien. Niemandem im Haus werde vorgeworfen, dass er Sympathien für den Nationalsozialismus hätte - "und schon gar nicht der ÖVP". Ungeachtet dessen erhoben die Koalitions-Klubobmänner Wilhelm Molterer (V) und Herbert Scheibner (F) umgehend eine Rücktritts-Aufforderung an Broukal und die Sitzung wurde unterbrochen.

Nach mehr als einer Stunde Beratung in der Präsidiale trat der mittlerweile mit einem Ordnungsruf versehene Broukal ans Rednerpult, meinte, es tue ihm leid, und betonte: "Ich habe Dinge gesagt, die man Ihnen gegenüber nicht sagen darf und nicht sagen soll und bitte um Entschuldigung". Eher zaghafter Applaus von SPÖ und zwei Abgeordneten der Grünen folgte. Der letzte Tagesordnungspunkt - eine Debatte zum Rechnungshof-Bericht über das Kunsthistorische Museum - wurde auf die nächste Sitzung verschoben, kein Redner trat mehr ans Pult, um eine weitere Emotionalisierung zu vermeiden.

Die Koalition zeigte sich auch nach Sitzungsende unversöhnlich. Sowohl Molterer als auch Scheibner blieben bei ihrem Verlangen, dass Broukal aus dem Hohen Haus ausscheiden müsse. Beide gehen davon aus, dass die SPÖ nun entsprechend handeln muss. (apa)