VOEST: Finanzminister erteilt ÖIAG konkreten Privatisierungsauftrag

100-Prozent-Privatisierung anzustreben Auflagen: u.a. Entscheidungszentralen "möglichst" in Österreich und heimische Kernaktionärsstruktur

In der außerordentlichen ÖIAG-Hauptversammlung am Freitag wurde der ÖIAG vom Finanzministerium der konkretisierte Privatisierungsauftrag zur voestalpine AG erteilt. Besondere Auflagen: Arbeitsplatz-Erhaltung; Verbleib der Entscheidungszentrale in Österreich; Ausbau von Forschung und Entwicklung.

Neu gegenüber dem bereits am 1. April übergebenen Privatisierungsauftrag der Bundesregierung an die ÖIAG sind im Fall voestalpine folgende Punkte:

o - Schaffung bzw. Erhaltung sicherer Arbeitsplätze in Österreich.
o - nach Möglichkeit Aufrechthaltung der Entscheidungszentralen der zu privatisierenden Unternehmen in Österreich durch Schaffung österreichischer Kernaktionärsstrukturen durch Syndikate mit industriellen Partnern, Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Vorsorgekassen, Fonds etc.
o - Erhaltung und Ausbau der bestehenden Forschungs- und Entwicklungskapazitäten.
o - Berücksichtigung des österreichischen Kapitalmarktes.

Der erteilte Privatisierungsauftrag sieht u.a. vor, dass für die voestalpine AG eine 100-prozentige Privatisierung angestrebt wird.

In Konkretisierung des erteilten Privatisierungsauftrags soll nunmehr die ÖIAG beauftragt werden, die zwei Optionen der Privatisierung der voestalpine AG über die Börse und der Privatisierung im Wege von Finanzinvestoren zu prüfen.

Magna wünscht sich sachlichere Debatte
Für eine "Versachlichung" der Diskussion um die voestalpine-Privatisierung hat sich der Pressesprecher von Magna, Andreas Rudas, ausgesprochen. Rudas legte Wert auf die Feststellung, dass ÖIAG-Aufsichtsrat Siegfried Wolf in der heutigen ÖIAG-Sitzung "in keiner Weise die Nerven verloren", sondern eine sachliche Diskussion geführt habe.

Zwei-Minuten-Sitzung
Die heutige außerordentliche Hauptversammlung der ÖIAG hat nur zwei Minuten gedauert. Der Aufsichtsrat sei mit einer stark dezimierten Zahl an Kapitalvertretern dabei gewesen, Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe sich durch Corinna Fehr, Referentin für Privatisierungen und Bundesbeteiligungen, vertreten lassen

Scharinger: "Österreich-Lösung" am 10.7.
Oberösterreichs Raiffeisenlandesbank-Chef Ludwig Scharinger hat nach eigenen Worten seine "Österreich-Lösung" für die Übernahme des zum Verkauf anstehenden 34,7-Prozent-Staatsanteils an dem Stahlkonzern voestalpine praktisch fertig. "Wir sind aufgestellt", sagte Scharinger am Freitag zur APA. Details zu seinem - kolportierten zweistufigen - Übernahmekonzept für den ÖIAG-Anteil nannte er weiter nicht.

Der Linzer RLB-Boss wartet jetzt einmal auf den 10. Juli. Er erwartet, dass im Aufsichtsrat der ÖAIG nächste Woche über die bisherigen Sondierungen mit den voest-Interessenten berichtet wird. Er, Scharinger, habe mit den beiden ÖIAG-Vorständen "sehr gute" Sondierungsgespräche geführt. "Es schaut ganz gut aus".

SPÖ "verwundert"
Verwundert über die Privatisierungsstrategie der ÖIAG zeigte sich am Freitag SPÖ-Wirtschaftssprecher Hans Moser. Die ÖIAG habe zuerst bekannt gegeben, dass die voestalpine zunächst nicht verkauft werden solle. Dann habe es "Geheimverhandlungen" gegeben, und nach einem "Zeitungsbericht" darüber (Profil-Bericht über das Projekt "Minverva" mit dem Magna-Konzern) sei plötzlich die Verkaufsabsicht ins Spiel gebracht worden.

Kritik und Proteste bei Hauptversammlung
Die Diskussion um die weitere Privatisierung der voestalpine AG überschattete deren Hauptversammlung am Dienstag in Linz. Die Aktionäre wurden von einer Demonstration der Belegschaft empfangen. In der Versammlung selbst wurde über eine "Befangenheit" einzelner Aufsichtsratsmitglieder diskutiert. Zuletzt wurden aber doch alle entlastet.

An die 60 Voest-Mitarbeiter in Arbeitskleidung verlangten bei der Demonstration auf Transparenten "Unsere Arbeitsplätze sollen keine Budgetlöcher stopfen" und "Gegen einen Ausverkauf der ÖIAG". Die Belegschaftsvertretung befürchtet eine Zerschlagung des Unternehmens, indem beim Verkauf des noch im Staatseigentum stehenden 34 Prozent-Anteils ein Käufer zum Zug kommen könnte, der das Unternehmen filetieren und die einzelnen Teile verkaufen werde.

Der Generaldirektor der voestalpine, Franz Struzl, berichtete, dass der Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzern im Geschäftsjahr 2002/2003 das zweitbeste Ergebnis der Konzerngeschichte erzielt habe und voraussichtlich dieses heuer trotz des schwierigen Umfeldes noch übertreffen werde. Die vorgeschlagene Ausschüttung einer Dividende von 1,2 Euro pro Aktie wurde mit fast 99,9 Prozent beschlossen, der Vorstand entlastet. (APA)