US-Bundesrecht: Todesstrafe verfassungswidrig

"Gefahr der Hinrichtung Unschuldiger"

Wie Rakoff in seinem 20-seitigen Urteil weiter ausführte, gibt es inzwischen eine Reihe von Hinweisen, dass weitaus mehr Unschuldige als bisher angenommen zum Tode verurteilt wurden und sich ihre Unschuld erst lange nach ihrer Hinrichtung herausstellte. Deshalb sei es durchaus vorhersehbar, dass auch in Zukunft "eine bedeutende Anzahl Unschuldiger hingerichtet wird, die im anderen Fall irgendwann einmal doch noch in der Lage sein würden, ihre Unschuld zu beweisen". Die Gegenargumente von Anwälten der US-Regierung hätten seine Grundbedenken nicht ausräumen können, versicherte der Richter.

Die Entscheidung des Richters betrifft nur Todesurteile auf Bundesebene, nicht jedoch auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten. Vor ein Bundesgericht kommen nur Fälle von Terrorismus, schweren Rauschgiftdelikten oder Polizistenmord. Nur rund 20 der in den USA zum Tode Verurteilten sind nach Angaben des Informationszentrums über die Todesstrafe von einem Bundesgericht verurteilt worden, 3.726 dagegen von Richtern der Bundesstaaten. Die Todesstrafe gibt es derzeit noch in 38 der 50 US-Bundesstaaten. Von den Todesurteilen auf Bundesebene wurden nur zwei bisher vollstreckt: Das Urteil gegen den Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh sowie gegen den Drogenhändler Juan Garza - beide wurden im Juni 2001 hingerichtet.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Fälle, in denen die Unschuld von Todeskandidaten nachgewiesen werden konnte, deutlich gestiegen, nicht zuletzt dank DNA-Analysen. Die Fälle, in denen Unschuldige jahrelang im Todestrakt saßen oder sogar exekutiert wurden, haben die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Aber auch die Kritik an der unzulänglichen Vertretung von Todeskandidaten durch inkompetente Pflichtverteidiger wächst. In zwei spektakulären Entscheidungen verschärfte das Oberste Gericht deshalb in jüngster Zeit die Kriterien für Todesurteile. Im ersten Urteil verbot das Gericht die Exekution geistig zurückgebliebener Menschen. Laut dem zweiten Urteil darf die Todesstrafe nicht von Richtern, sondern nur von einer Jury verhängt werden.