Steirerin starb nach Selenspritze - Haftstrafe für Arzt

14 Monate teilbedingt - Urteil nicht rechtskräftig

Richard B. hatte im Oktober 2000 seiner Patientin Doris Sch. eine Selenspritze verabreicht. Die Frau war wegen Rückenschmerzen zu ihm gekommen. Er empfahl, die Amalgamplomben auszutauschen, und verabreichte zur Neutralisierung etwaiger Rückstände eine Selenspritze. Unmittelbar darauf begann die 32-jährige heftig zu erbrechen, fünf Stunden später war sie tot.

Die Verhandlung gegen den Arzt begann bereits im Dezember 2001. Ankläger Walter Plöbst ging davon aus, dass B. keine handelsübliche Spritze verwendet, sondern diese selbst zusammengemischt hatte. Doch der Beschuldigte leugnete diesen Umstand, obwohl er erst Tage vorher eine größere Menge Natriumselenit gekauft hatte. Das sei angeblich für Keramikarbeiten seines Sohnes bestimmt gewesen.

Der Gerichtsgutachter hatte von Anfang an von Selenvergiftung gesprochen, doch ein von der Verteidigung zugezogener Privatgutachter hielt auch andere Todesursachen wie Lebensmittelvergiftung für möglich. Daraufhin wurde vertagt und ein neuer Gutachter bestellt. Dieser erklärte nun am zweiten Verhandlungstag, dass Doris Sch. "durch akute Vergiftung daran verstarb, dass Natriumselenit in einer Dosis von über 100 Milligramm in den Blutkreislauf gelangt war", so Wendel.

"Das ist ein außergewöhnlicher Fall, wenn ein Arzt wegen Vergiftung einer Patientin vor Gericht steht", so der Staatsanwalt. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass er die Spritze selbst gemischt und sich dabei verrechnet hat", war der Ankläger überzeugt. Der Anwalt des Witwers der jungen Frau - zugleich ihr Schwager - plädierte für eine strenge Verurteilung des Arztes. "Es gibt in seiner Umgebung noch immer genug Leute, die den Holler glauben, den er verbreitet", sagte der Anwalt erbost.

Richter Bodo Grygar sprach Richard B. schuldig. "An der Selenvergiftung gibt es für mich keinen Zweifel", so Grygar. Was den Richter aber noch mehr aufregte, war das Verhalten des Arztes nach der verhängnisvollen Behandlung. "Sie stellen Ihr Telefon ab und rühren kein Ohrwaschel, während Ihre Patientin unter größten Qualen stirbt." Er verurteilte B. zu 14 Monaten Haft, vier davon unbedingt. "Solche Ärzte sind für mich verzichtbar", meinte der Richter abschließend. B. erbat sich Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.