"Ich würde alles wieder so machen"

"Ich würde alles wieder so machen"

Format: Mit dem Rausfall des Liberalen Forums aus dem Wiener Landtag ist ein Bogen zu Ende gegangen. Hat sich die Courage zur Parteigründung trotzdem gelohnt?

Schmidt: Von dem, was wir inhaltlich gemacht haben, war alles richtig. Das klingt vielleicht uneinsichtig, angesichts der Niederlagen, aber davon bin ich fest überzeugt. Natürlich gab es Fehler. Aber grundsätzlich würde ich alles wieder so machen.

Format: Erinnern wir uns an den Tag, an dem das LiF gegründet wurde. Das hatte doch den Hauch von etwas Historischem.

Schmidt: Ich glaube, daß es das auch war!

Format: Wie war dieser Tag?

Schmidt: Mir war die Dimension des Schrittes bewußt. Das habe ich vor allem in der Früh vor dem Aufstehen stark empfunden. Dann bin ich in den Parlamentsklub gegangen und hatte ein kurzes Vieraugengespräch mit Jörg Haider. Mein Eindruck war, daß mein Abgang für ihn keine Überraschung war, aber es war eine Überraschung für ihn, daß ich gesagt habe, ich gehe nicht allein, sondern wir gehen zu fünft und gründen eine neue Partei. Diese Initiative hat er mir wahrscheinlich nicht zugetraut. Möglicherweise war das für mich auch atypisch – selbst Parteichefin zu sein war nie ein Ziel von mir und hat sich erst aus dem Lauf der Dinge ergeben. Dann sind wir in den Presseclub Concordia gegangen.

Format: Hatten Sie den Raum im geheimen bestellt, oder wie lief das?

Schmidt: Wir hatten die Pressekonferenz am Vorabend angekündigt. Der Weg vom Parlament hinüber zum Burgtheater, das war etwas, wo mir die Sprache zuwenig ist, um das beschreiben zu können. Nach der Pressekonferenz hatten wir praktisch keine Zeit mehr zum Nachdenken, da ist es rundgegangen. Dann kam irgendwann die Einladung zur „ZiB“-Diskussion mit Haider. Ich wollte gar nicht hingehen. Ich war innerlich erschöpft, so ein Tag zehrt ja an einem. Ich hatte nicht die Absicht, mich auf eine publikumswirksame Konfrontation einzulassen. Mir ging es nicht um ein Match, sondern um die Sache. Aber die Reaktion Haiders führte dazu, daß ich härter wurde als üblich. Irgendwann sagte ich zu ihm, „du lügst“, was in dieser Härte nicht typisch für mich war. Er hat Dinge glatt erfunden. Diese Anschaulichkeit seines Systems hat mich ziemlich zornig gemacht.

Format: Sie haben von Fehlern gesprochen …

Schmidt: Sicher war es ein Fehler, daß wir es nicht geschafft haben, einen organisatorischen Unterbau zu entwickeln. In der politischen Kommunikation war es mir ein Anliegen, ein zu puristisches vielleicht, uns von jedem Aktionismus fernzuhalten.

Format: Was heißt das? Taferln im Parlament hochhalten?

Schmidt: So ungefähr, ja. Ich hätte wohl mehr zulassen müssen.

Format: Sie sind so sehr Kontrollfreak, daß alles, was in der Partei passiert, hundertprozentig mit Ihnen übereinstimmen muß?

Na ja, das muß ich leider zugeben. Das mußte ich gar nicht mehr sagen, das wußte jeder. Da fällt mir eine kleine Episode ein. Wir planten 1998 eine Pressekonferenz zum Budget. Als alles geplant war, haben mir meine Kollegen gebeich-tet: „Wir haben einen Gag vor“. Sie hatten sich ausgedacht, daß Helmut Peter eine Sachertorte und eine Schwedenbombe mitbringen wird – die Sachertorte als Symbol für die Versprechen der Regierung, die Schwedenbombe für die Realität. Ich fand das dann eh witzig. Aber sie haben es mir bewußt erst im letzten Moment schonend beigebracht.

Format: Manche sagen, eine pure wirtschaftsliberale Partei hätte mehr Chancen gehabt.

Schmidt: Ich glaube nicht, daß das stimmt. So etwas hat keine Zukunft. Zu einer politischen Partei gehört eine gesamtgesellschaftliche Konzeption dazu. Außerdem: Das wäre nichts, wofür ich meine Kraft hergeben würde.

Format: Sie kamen aus der FPÖ, am Ende war das LiF eher „linksliberal“. Ist die Heide Schmidt immer linker geworden?

Schmidt: Das glaub’ ich nicht wirklich. Aber wenn sich die Politik nach rechts entwickelt, ist man automatisch links von ihr, wenn man eine Position der Mitte einnimmt und behält.

Format: Die Niederlage in Wien war ja absehbar. Warum haben Sie sich nicht noch einmal als Zugpferd in die Schlacht geworfen?

Schmidt: Ich weiß nicht, wie ich mich entschieden hätte, wenn man das gewollt hätte. Aber es wollten nicht alle. Es gab ein Bedürfnis zur Emanzipation von der Gründerin. Es ist notwendig, loslassen zu können. Auch wenn es weh tut. Diese Partei ist ja nicht mein Eigentum.

Format: Irgendwann wird es Wahlen geben, bei dem es kein Liberales Forum gibt, das man wählen kann. Was werden Sie denn dann wählen?

Schmidt: Das weiß ich nicht. Deshalb bin ich auch der Meinung, daß es wieder ein Angebot für liberale Wähler geben muß.

Format: Angesichts der erwartbaren Polarisierung sind die Aussichten 2003 aber sehr gering.

Schmidt: Das wird man sehen. Wenn 2003 die Stunde für ein neues liberales Angebot noch nicht da ist, dann mit Sicherheit 2007.