Spitzentöne
Haydn steht vor
der Delogierung
Vor wenigen Tagen haben die letzten Haydn-Festspiele am Original- und Idealschauplatz begonnen
Vor wenigen Tagen haben die letzten Haydn-Festspiele am Original- und Idealschauplatz begonnen. Joseph Haydn, einer der originellsten und innovativsten Köpfe der Musikgeschichte, wirkte 30 Jahre lang als Kapellmeister am Hof der Fürsten Esterházy in Eisenstadt und brachte im heute so benannten Haydn- Saal mehrere seiner Hauptwerke zur Uraufführung. 1989 fanden dort die ersten Haydn-Festspiele statt. Die Akustik, das Ambiente, das Ebenmaß mit Prachtentfaltung vereint, und das, was der Kulturphilosoph Walter Benjamin die Aura des Originals nannte, ermöglichten ein jährliches Ereignis von Weltformat unter dem führenden Haydn-Forscher Walter Reicher. Mit dem Finale am 18. September aber werden die Festspiele in die Nicht sesshaftigkeit entlassen, man prüft Ausweichmöglichkeiten im einschlägig nicht überversorgten Burgenland: Nach langem Streit hat Stefan Ottrubay, Chef der Esterházy-Stiftung, dem Land den Mietvertrag gekündigt, man wirft einander wechselseitig Gutsherrenpräpotenz und Provinzlertum vor. Ottrubay, ein brillanter Mann von überschaubarer Umgänglichkeit, will selbst veranstalten und tut dies mit bestem Resultat. Die elf Tage im September sollten ihn darin allerdings nicht ernstlich beeinträchtigen. Sie würdigend zuzulassen wäre das, was man eine fürstliche Geste nennt.