Zugsunglück nördlich von Graz:
Untersuchungsbericht liegt vor

Bericht des Ministeriums dokumentiert detailliert Hergang und Fehler

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Der 38 Seiten umfassende Bericht des Verkehrsministeriums schilderte den idealen Ablauf für die Strecke Peggau-Deutschfeistritz der Steiermärkischen Landesbahnen und verwies auf die Abweichungen, die zum Unfall geführt hatten: Demnach hatte der Zugführer nicht wie vorgeschrieben vor der Einfahrt zur Haltestelle Waldstein an der sogenannten Trapeztafel angehalten und um die Freigabe zur Einfahrt gebeten. Nach dem Fahrgastwechsel an der Haltestelle setzte er abermals ohne telefonische Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter in Weiz die Fahrt fort und verließ die Haltestelle Waldstein, in der die Züge eigentlich hätten aufeinandertreffen sollen. Nur wenige Hundert Meter nach der Einfahrt in den nach der Haltestelle wieder einspurigen Bereich kam es zur Kollision.

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass die Strecke "mit keinen sicherungstechnischen Einrichtungen für die Steuerung und Überwachung der Züge ausgerüstet" war. "Die Betriebsabwicklung erfolgt ausschließlich auf kommunikativer Ebene zwischen dem Fahrdienstleiter Bahnhof Weiz und den betreffenden Triebfahrzeugführer." Tatsächlich werden die Freigaben mit dienstlichen Mobiltelefonen erteilt. Die Gespräche werden aufgezeichnet, wodurch auch festgestellt wurde, dass auch "betrieblich nicht geforderte Gespräche" geführt wurden. Das entspricht einem Verstoß, bestätigte das Land Steiermark einen Bericht des "Kurier" (Mittwoch-Ausgabe).

Die Untersuchung brachte auch schon vor dem Unfall vorgekommene Beinahe-Kollisionen ans Licht: "Zu den im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung von mehreren Personen immer wieder zitierten Beinahe-Kollisionen in der Vergangenheit ist anzumerken, dass diese Vorfälle entgegen der bestehenden Verpflichtung zur Abgabe einer Meldung an die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes im Sinne der Meldeverordnung Eisenbahn 2006 weder fernmündlich noch schriftlich angezeigt wurden."

Landesbaudirektor Andreas Tropper erklärte am Mittwoch im APA-Gespräch, dass auch das Land als Eigentümervertreter nichts von diesen Beinahe-Kollisionen gewusst hatte. Der mittlerweile pensionierte ehemalige Bahnen-Geschäftsführer Helmut Wittmann will nur von einer einzigen Beinahe-Kollision des später verunglückten Lokführers gewusst haben. Die Konsequenz war damals eine Schulung.

Tropper wies darauf hin, dass für die betreffende Strecke ein Betrieb mit telefonischer Kommunikation genehmigt war und ist. Es entspreche den Anforderungen, die auf Nebenstrecken wie jener zwischen Peggau und Deutschfeistritz einzuhalten sind: "Das ist durchaus in Ordnung." Er betonte, dass "nicht irgendwie gefahren" wurde, sondern der Betrieb in dieser Form genehmigt war. Er kündigte an, dass die Steiermärkischen Landesbahnen und deren Betrieb künftig umorganisiert und in eine GmbH ausgegliedert würden. Laut Staatsanwaltschaft Graz ist der Vorhabensbericht seit Mai fertig und liegt bei der Oberstaatsanwaltschaft Graz zur Prüfung auf.

Bei der Zugkollision Anfang Mai 2015 waren der junge Lokführer und eine 60-jährige Passagierin getötet worden. Der Zugführer war ohne Erlaubnis in einen eingleisigen Bereich eingefahren, auf dem ihm der andere Personenzug entgegenkam. Bereits im August 2014 - zehn Monate vor der tödlichen Kollision - soll dem Lokführer der selbe Fehler passiert sein, wobei damals ein Zusammenstoß verhindert werden konnte. Im Juli hatten die Landesbahnen mitgeteilt, dass an der Ausweichstelle Waldstein bei Peggau (Bezirk Graz-Umgebung) an beiden Gleisen 2.000-Hertz-Magneten angebracht wurden. Diese können nun per Mausklick vom Fahrdienstleiter in Weiz ein- oder ausgeschaltet werden. Im Bereich der Zugkreuzung sind die Magnete ständig "scharf" geschaltet. Das bedeutet, dass es automatisch zu einer Bremsung kommt, wenn ein Zug unerlaubt losfährt. Zudem wird die Stelle videoüberwacht.

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