Zugestellt oder abgestellt?

Mit dem boomenden Internethandel wächst auch die Zahl der Zustellungen

Der Wiener Wilhelm Schaffer ist Investmentbanker, 46 Jahre alt und ständig unter Zeitdruck. Es kommt ihm gelegen, dass er so gut wie alles online kaufen kann. Stutzig wurde er allerdings, als er bei Universal Versand einen Apple-Laptop bestellt hatte. Der lag eine Woche später, als Schaffer gegen 18 Uhr von der Arbeit zurückkam, vor der Wohnungstür - mitten im Stiegenhaus.

von Paket liegt vor einer Haustüre © Bild: istockphoto.com

"Zugestellt“ wurde das Notebook um zehn Uhr, entnahm der Banker der mitgelieferten Sendungsverfolgung. Acht Stunden lag das 1400 Euro teure Gerät also einfach am Gang herum. "Ich habe mich beschwert“, sagt Schaffer. "Was wäre, wenn jemand den Laptop mitgenommen hätte?“ Fragen wie diese beschäftigen viele Österreicher. Denn mit dem Wachstum bei Onlinekäufen steigt das Versandaufkommen. Im Vorjahr wurden rund 160 Millionen Pakete in Österreich verschickt, die Hälfte von der Post AG. Die andere Hälfte teilt sich die Konkurrenz, etwa DHL, Hermes oder GLS.

Was wäre im Falle Schaffers gewesen, hätte ein Langfinger zugeschlagen? Der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck sagt dazu: "Nach der neuen Rechtslage (Umsetzung der EU-Verbraucherrichtlinie aus dem Jahr 2014; Anm.) geht die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware erst dann auf den Verbraucher über, wenn die gekaufte Ware an ihn abgeliefert wird.“ Das bloße Hinlegen vor die Tür ist keine gültige Übergabe. Ein Verschwinden des Laptops wäre also nicht Schaffers Problem.

Die Tücke liegt im Detail. Wenn der Nachbar die Zusendung übernimmt, dann gilt das Paket schon als zugestellt. Wenn dieser die Lieferung beschädigt oder zerstört, müsste sich der Besteller den Schaden vom Nachbarn begleichen lassen. Das sollte, außer bei gewollter Beschädigung, durch die Haushaltsversicherung gedeckt sein. Aber: Die alternative Zustellung beim Nachbarn müsste eigentlich vereinbart sein.

Anders ist die Sache, wenn der Käufer einen anderen Zusteller haben möchte als den vom Versandunternehmen angebotenen. Hier trifft die Verlustgefahr den Kunden bereits, wenn das Unternehmen dem Zusteller die Ware aushändigt. Konsequenz: Wenn die Ware auf dem Transportweg verloren geht oder zerstört wird, muss der Käufer den vollen Preis bezahlen. Erst in einem zweiten Schritt kann man sich per Schadenersatz an den Zusteller wenden. "Transporteure haben kein Interesse, dass es zu Beschädigungen kommt“, sagt Postsprecher Michael Homola. "Daher werden solche Fälle rasch abgewickelt.“

Privatverkauf

So weit zu den Geschäften zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Doch was gilt, wenn privat von privat kauft - wie etwa über die Plattformen willhaben.at oder Ebay? Hier trägt der Käufer auch schon bei Übergabe der Ware vom Verkäufer auf den Transporteur die Verantwortung. Das hat insofern einen groben Nachteil, als im Paket schon eine beschädigte Ware enthalten sein könnte. Zudem gelten die komfortablen Konsumentenschutzregeln, etwa das Gewährleistungsrecht, nicht. So steht das auch bei den meisten Inseraten auf willhaben.at: "Privatverkauf, daher keine Garantie und so weiter.“

Wer närrisch kauft, muss weislich bezahlen, formuliert ein alter Rechtsspruch. Doch ganz so ist das nicht. Ulrike Docekal, Rechtsexpertin vom Konsumentenschutzverein VKI: "Wenn Inseratentexte von Bildern begleitet werden, die überhaupt nicht mit der gekauften Sache übereinstimmen, könnte man Betrug geltend machen.“ Und Rechtsanwalt Ronald Kartnig sagt: "Eine Gewährleistung ist beim Privatverkauf zwar ausgeschlossen. Aber wenn etwa die Sache den Preis nicht wert ist, weil sie etwaige Schäden hat, dann könnte man auch laesio enormis geltend machen.“ Laesio was? Das ist die Verkürzung über die Hälfte (nach § 934 ABGB). Beispiel: Ein Fahrrad wird für 100 Euro verkauft, wert ist es aber wegen seines Zustands nur 49 Euro. Da müsste der Verkäufer 51 Euro zurückbezahlen. Tut er das nicht, kann der Käufer den Vertrag auflösen.

Natürlich könnte auch Irrtum (§ 871 ABGB) geltend gemacht werden - wenn die bedungenen Eigenschaften nicht vorhanden sind und der Irrtum vom Verkäufer veranlasst wurde. Ebenso könnte man § 879 ABGB bemühen: gröbliche Benachteiligung - wenn etwa der Rahmen eingerissen ist und das Fahrrad am nächsten Tag auseinanderbricht.

Sicher bezahlen

Auch die Zahlung kann ein Risiko sein. Bei einem Einkauf im Internet sind alle Zahlungsvarianten brauchbar; Paypal ist hier eine Alternative zu Kreditkarten oder zu Sofortüberweisungen. Und wer über Ebay oder willhaben.at einkauft, sollte eine Nachnahmesendung über einen Transporteur einfädeln: Die Ware gibt es erst, wenn das Geld fließt. Ähnlich funktioniert ein Treuhandkonto, das bei höheren Beträgen sinnvoll ist. Von Vorauskasse ist jedenfalls abzuraten - außer bei kleinen Beträgen.

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