"Zeit fokussierter Unintelligenz": Häupl mit Kritik am Wahlkampfstil der Wiener Parteien

Nicht glücklich über Watschenmann-Aktion der Jungen Aber: "Nicht den Splitter im Auge des anderen sehen, wen man selber beide Augen voller Balken hat."

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) hat am Dienstag eine SPÖ-Aktion verurteilt, bei der Mitglieder der Bundesregierung als Watschenmann traktiert werden konnten. Gleichzeitig verwies er auf Verfehlungen von ÖVP-Wahlkämpfern. "Aber ich will ja gar nicht raunzen. Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz. Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind - leider auch in der eigenen Partei", so der Bürgermeister.

Bei der Sache mit dem Watschenmann, die am Montagabend von ÖVP-Landesparteichef Johannes Hahn kritisiert worden war, handelte es sich laut Häupl um eine Aktion der Jungsozialisten, die er nicht gutgeheißen habe. "Kaum habe ich davon erfahren, ist die Aktion eingestellt worden", betonte er in seiner wöchentlichen Pressekonferenz: "Aber man soll nicht den Splitter im Auge des anderen sehen, wen man selber beide Augen voller Balken hat."

Aktionen der VP "eigentümliche Geschichte"
So habe ein ÖVP-Funktionär in Meidling einem Vertreter der FPÖ beim Streit um einen Standplatz Tätlichkeiten angedroht. Generell sei das grundsätzliche Nichteinhalten von Bewilligungen von Standplätzen durch die ÖVP eine "eigentümliche Geschichte".

Amüsiert zeigte sich Häupl über den Auftritt von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) bei einer Veranstaltung der Wiener ÖVP am Montagabend. "Ich freue mich über jeden Wahlkampfauftritt des Herrn Bundeskanzlers in Wien. Ich kann nur hoffen, dass er möglichst viele absolviert, er hat dann wahrscheinlich ein ähnliches Ergebnis wie in Leibnitz", so Häupl in Anspielung auf VP-Verluste bei der steirischen Landtagswahl.

Häupl wehrt sich gegen Schüssel-Kritik
Auch von Schüssels Aufruf gegen ein einfärbiges und absolutistisches Wien gab er sich unbeeindruckt. "Ich bin überzeugt davon, dass Wien mindestens so bunt, frei und demokratisch ist, wie Vorarlberg, Tirol oder Niederösterreich unter Erwin Pröll." Er sei dem Bundeskanzler jedenfalls "sehr dankbar" für die Leistungen, die der Bund für Wien erbracht habe, gab sich Häupl sarkastisch - um sodann mangelnde Finanzierungen beim öffentlichen Verkehr und beim Straßenbau sowie Verfehlungen am Arbeitsmarkt aufzuzählen.

Erwartungsgemäß wenig Verständnis zeigte Häupl für den Aufruf von Grünen-Chef Alexander Van der Bellen an die rot-grünen Wechselwähler, sich in Wien diesmal aus taktischen Gründen für seine Partei zu entscheiden. Nur eine Stimme für die SPÖ sei eine klare Stimme gegen die Bundesregierung, meinte dagegen Häupl. Den Grünen unterstellte er Nervosität. "Dabei hätten sie es gar nicht notwendig, so flippig zu sein", meinte der Bürgermeister.
(apa/red)