Willi Gabaliers Paradies hinterm Schöckl

Es ist mehr als ein Wohnort. Willi Gabaliers 400 Jahre altes Bauernhaus erzählt von einer Leidenschaft. Und zehn Jahren Arbeit. Der neue Starmoderator von Servus TV führte News exklusiv durch sein Heim.

von Homestory - Willi Gabaliers Paradies hinterm Schöckl © Bild: Ricardo Herrgott

Selbst wenn man die Adresse kennt, müssen Ortsunkundige zweimal Einheimische fragen, bis sich über einspurig zu befahrende Waldwege der Weg zu Willi Gabaliers Kleinod auftut. Immer wieder zweigt die Straße ab, schlängelt sich durch einsame Waldstücke, durch hügeliges Gelände. Das letzten Straßenstück musste der Hausherr überhaupt erst nutzbar machen, als er hergezogen ist. Auch Strom gab es keinen, als der eben 39 Jahre alt gewordene Tanzprofi und Servus-TV-Moderator sein Traumhaus inmitten einsamer Natur entdeckte. Als "Huab im Grobn im Nest" wurde der Hof 1392 erstmals urkundlich erwähnt.

Man versteht die Bezeichnung, die in spätmittelalterlichen Schreibstuben für den Ort gefunden wurde, wenn der Wald nach einer Kurve unvermittelt den Blick darauf freigibt. Heimatfilm-idyllisch schmiegt sich das Bauernhaus samt Holzstall entlang eines Baches in ein kleines Tal, umgeben vom Tiefgrün der Bäume, die an drei Seiten des Hofes die Hänge dicht bewachsen.

© Ricardo Herrgott Der Kachelofen in der Küche ist nicht nur optisches Herzstück des Hauses, sondern versorgt auch das ganze Heim mit Wärme

"Eine Grube im Graben im Nest", übersetzt der Hausherr die erste historische Erwähnung, die er über seinen Hof fand. "Er ist abgebrannt und neu aufgebaut und öfters renoviert worden. In diesen Mauern ist eine bewegte Geschichte gespeichert", erzählt Willi Gabalier zufrieden lächelnd. Er weiß alles über diesen Ort und mag die Tradition, die ihm innewohnt. Ihm gehört seit zehn Jahren jede seiner freien Minuten. Die Leidenschaft für alte Bauernhäuser pflegt er seit seiner Jugend. Das Kunstgeschichtestudium schloss er mit einer Diplomarbeit über alte steirische Bauernhäuser ab. Schon damals wusste er: So ein Haus muss es später einmal sein, wo ihn das Leben glücklich machen kann. Nun empfängt er seine Gäste hier in steirischer Tracht, die längst sein Markenzeichen ist. Zwischen dem Ofen, dessen Kacheln die Passionsgeschichte zeigen, und dem Bauernschrank, den die Vorbesitzerin ihm und seiner Frau Christiana vor fünf Jahren zur Hochzeit geschenkt hat, wirkt er darin angekommen. "Das stimmt schon," bestätigt Gabalier. "Die Strukturen hier sind mir vertraut, es ist wie ich es aus meiner Zeit in der Obersteiermark gewöhnt bin. Die Leute helfen zusammen. Wir gehen gemeinsam auf den Berg und hocken uns in eine Hütte. Die Gemeinde hat unzählige Vereine, viele Kulturveranstaltungen, man kümmert sich um Brauchtum, es gibt ein reges Pfarrleben. Das taugt mir."

© Ricardo Herrgott Zeit und Muße braucht es, um passende Gläser, Regale oder Krüge wie diese auf Plattformen im Internet oder in Antiquariaten zu finden

Neue Heimat hinterm Schöckl

Gesucht hat Gabalier einen Ort wie diesen schon, als die finanziellen Mittel dafür noch unerreichbar schienen. "Es sollte in Stadtnähe sein, damit die Arbeit im Tanzstudio nicht zu weit weg liegt. Ich bin wirklich von Hof zu Hof gegangen und habe gefragt", erinnert er sich an die Suche in der Grazer Umgebung. In der Marktgemeinde Semriach an der Nordseite des Schöckl, rund 25 Kilometer von der steirischen Hauptstadt entfernt, wurde er fündig. "Die Gegend ist wunderschön. Man sieht hier viele alte steirische Häuser. Es war trotzdem nicht leicht, eines zu kaufen, weil viele die Höfe lieber verfallen lassen als zu verkaufen", sagt Gabalier.

»Es geht mir nicht um teure Antiquitäten. Ich möchte Möbel, die hierher passen. Das ist ja kein Schloss«

Auch die Vorbesitzerin seines Heims wollte ursprünglich nur verpachten. "Dann hat sie gesehen, wie viel Liebe ich für alle Details dieses Hauses habe, und hat ihre Meinung geändert." Das war vor zehn Jahren. Zehn weitere Jahre stand das Bauernhaus zuvor leer. Eine Zeit, die altem Gemäuer an die Substanz geht.

© Ricardo Herrgott Der Suppenbrunzer schmückt die Küchendecke. Er ist nach dem Kondenswasser benannt, das vom aufsteigenden Suppendampf zurück in den Topf tropft

Besser als ihr Ruf: feuchte Keller

Als desolat bezeichnet Gabalier den Zustand seines 400 Jahre alten Bauernhauses vor der Renovierung. Nur natürliche Baustoffe kamen dafür in Frage wie Kalkstein, Sand oder Holz. "Diese Rückführung zur historischen Substanz war mir wichtig. Ein altes Haus muss in der Technik behandelt werden, in der es erbaut worden ist", erklärt er. Viele würden das nicht verstehen und moderne Baustoffe verwenden, die zu Feuchtigkeit und Schimmel führen, weil sie sich mit der alten Substanz nicht vertragen, beschreibt er. "Daher haben alte Häuser oft ihren schlechten Ruf", so Gabalier. "Feuchte Keller mag heute auch keiner. Aber die mussten feucht sein, weil früher dort das Gemüse gelagert wurde."

© Ricardo Herrgott Das Holzkreuz für den Herrgottswinkel ist rund 250 Jahre alt schätzt Kunsthistoriker Gabalier

Das wird auch in Gabaliers Bauernhaus wieder so sein. So autark wie möglich zu leben, ist eines der Ziele des Freizeitbauern. "Ich möchte so viel wie möglich selbst machen, vom Holzverarbeiten bis zum Gemüseanbau. So ein Erdäpfelacker braucht gar nicht viel Grund", sagt er. Brot und Nudeln macht er sowieso schon selbst in der Küche, deren Kachelofen das ganze Haus wärmen kann. Die Firma, die die Kacheln dafür mit Bildern der Passionsgeschichte nach historischem Vorbild brannte, hat er in Oberösterreich gefunden. Die Türen der Küchenschränke stammen von einem alten Bauernkasten. Die passenden Porzellangriffe hat er lange gesucht. Fündig wurde er oft auf Internetplattformen und bei Altwarenhändlern.

Schön muss nicht teuer sein

Zum Harmonium, dem er spontan beschwingte Töne entlockt, kam er via Willhaben. Es erinnert daran, dass Gabalier auch Musiker ist und einige Lieder veröffentlicht hat, bevor ihn die Teilnahme als Profitänzer bei der Show "Dancing Stars" bekannt gemacht hat. Als Turniertänzer gewann er zuvor zahlreiche Preise und eröffnete das Tanzstudio Gabalier in Graz. Heute bildet dort vor allem seine Frau Christiana Jugendliche aus und bietet Tanzsporttraining an. Neben all dem hat Gabalier noch Theologie, Geografie und Kunstgeschichte studiert.

© Ricardo Herrgott Ein Steirerjanker, den er als Kind trug, schmückt den Holzschrank im Eingangsbereich

Letzteres machte ihn zur Idealbesetzung für die Servus-TV-Sendung "Bares für Rares Österreich". Der Salzburger Sender entdeckte ihn als Moderationstalent und übergab ihm den Sendungsklassiker, weswegen Gabalier auch als ORF-Dancing-Star Abschied nehmen musste. In "Bares für Rares Österreich" vermittelt der Kunsthistoriker zwischen österreichischen Händlern und Menschen, die Dachbodenund Kellerfunde zu Geld machen möchten. "Ich bin zwar Kunsthistoriker, aber eigentlich Architekturgeschichtler, das war mein Schwerpunkt im Studium. Ich habe viel Neues gelernt", plaudert Gabalier beim Kaffee auf der Terrasse aus der Sendung. "Die Einschätzung der Preise überrascht oft. Manchmal sind sehr schöne, alte Stücke gar nicht wahnsinnig lukrativ, weil es sehr viele davon am Markt gibt."

Der Wert eines Möbelstücks ist für den Neo-Moderator privat unwichtig. Authentisch, qualitativ hochwertig und funktional mussten die Möbel fürs Bauernhaus sein. "Es geht mir nicht um teure Antiquitäten. Ich möchte Möbel, die mir gefallen und in ein altes Bauernhaus passen. Ich würde mir nie einen barocken Intarsienschrank herstellen. Das ist ja kein Schloss", sagt er während er durchs Haus führt.

»Es war nicht leicht, so ein Haus zu finden. Ich bin wirklich von Hof zu Hof gegangen und habe gefragt«

Seine bodenständige, offene Art war wohl mit ein Grund für Servus TV, dem Steirer als zweite Sendung auch das neue Format "Heimat Sterne" anzuvertrauen. Ab 30. Oktober holt Gabalier dafür Talente aus ganz Österreich vor die Kamera, lässt sie rocken, rappen, Poesie vortragen, schnitzen, zaubern und vieles mehr. "Die Sendung ist wie ein Treffen auf dem Dorfplatz, wo alle auch ihre Geschichten zum Talent erzählen: Warum dichten, tanzen oder schnitzen sie? Das ist manchmal witzig, oft berührend", so der Moderator.

© Ricardo Herrgott Atlanten, aber auch andere Bücher aus dem Antiquariat sind Gabaliers Leidenschaft

"Man braucht nicht viel"

Das Leben hat Willi Gabalier mit der Berufung zum Moderator wieder zu seinen Ursprüngen gespült, so scheint es: zur Liebe zu altem Kunstwerk und bodenständigem Brauchtum. "Wenn man Gottvertrauen hat, passiert so etwas. Ich mache die Sendungen wirklich mit Leidenschaft", sagt Gabalier.

© Ricardo Herrgott Im oberen Stockwerk laden Couchen zum Schmökern in antiquarischen Büchern

Zufrieden atmet er auf. Die Zeit für Neues ist gekommen. Das Haus erfüllt ihn mit Stolz auf das Vollbrachte. Er prahlt nicht damit. Bei der Hausführung muss man ihm die Arbeitsschritte entlocken. Wie er den Zementputz entfernt und alles mit Kalkputz neu aufgebaut hat. Das Dach neu gedeckt hat, aus Kostengründen mit Eternit statt Holzschindeln, einer der raren Kompromisse. Die Kastenstockfenster abgeschliffen hat. Mit manchen der Profis, die erledigten, was eigenhändig nicht machbar war, diskutiert hat. "Nicht alle haben Verständnis für die alten Techniken, mit denen ich renoviere. 'Das macht man heute nicht mehr!', habe ich gehört. Ich will aber kein Plastik in der Türdichtung, sondern eine doppelte Falz. Es ist fürs Raumklima besser, wenn das Haus atmen kann."

Gelernt habe Gabalier in zehn Jahren des Renovierens, wie wenig man braucht, meint er. So hat er ein großes Bad von zehn Quadratmetern gebaut, weil ihm viele geraten haben, dies sei wichtig. "Dann ist sich irgendwie neben dem Schlafzimmer noch ein Mini-Bad mit Dusche ausgegangen, und heute ist es das kleine Bad, das wir ständig nutzen. Man braucht nicht viel. Wir sitzen auch fast immer in der Stube und nie im Wohnzimmer." Das Wohnzimmer ist der einzige Raum, der nicht der Raumaufteilung des ursprünglichen Hauses entspricht. "Es war mir wichtig, dass es ein authentisches Bauernhaus bleibt."

© Ricardo Herrgott Das Hamonium ist ein Internetfund und Willi Gabalier, der am Konservatorium mehrere Instrumente lernte, spielt es gern

Ein E-Herd für die Liebe

Der E-Herd ist als Fremdkörper eine Ausnahme im Haus. Er ist der glücklichen Ehe mit Frau Christiana geschuldet. Auf die Frage, was zehn Jahre des Renovierens der Liebe antun, lacht Willi Gabalier. "Das war überhaupt kein Problem, weil das ausschließlich mein Projekt war. Die Christiana hatte damit nichts zu tun, sie hat nur drei Bedingungen gestellt: einen begehbaren Kleiderschrank, den habe ich ihr gerne gebaut. Und den E-Herd. Hat sie. Nur die Wognhütten muss ich erst bauen", sagt er. Wie bitte? Ach so. Die Garage fehlt noch.

»Für die Liebe waren zehn Jahre Renovierung kein Problem. Christiana hat drei Bedingungen gestellt, sonst war alles mein Projekt«

Seit drei Jahren sind Willi und Christiana glücklich in ihrem Haus, und er bereut keine Sekunde. "Viele glauben, neu zu bauen ist günstiger als renovieren. Das stimmt nicht. Die Renovierung war nicht teurer als ein Neubau, und dafür habe ich eine Qualität, die jedem Neubau weit überlegen ist. Die Botschaft ist mir wichtig: Reißts bitte nichts weg, das man herrichten kann!"

© Ricardo Herrgott Die Idylle vor dem Haus verwöhnt mit mittäglichen Sonnenstrahlen. Wenn er nicht gerade für Fotos posiert, genießt sie der Moderator gern mit Baby-Kater Max

Mit Willi Gabalier sagt das freilich jemand, der nicht nur am Endergebnis, sondern auch an den zehn Jahren der Renovierung Freude gehabt haben dürfte.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 41/2020.