Wiener Börse-Chef Zapotocky geht: 53- Jähriger gründet sein eigenes Unternehmen!

Abschied soll noch im ersten Halbjahr erfolgen Börsemitarbeiter überrascht - Nachfolger gesucht

Börsevorstand Stefan Zapotocky (53) zieht sich überraschend aus der Wiener Börse AG zurück. Nach rund 30 Jahre langer Tätigkeit in Banken und in der Börse wolle er sich nun mit einer eigenen Firma "einer neuen beruflichen Herausforderung stellen", teilte er am Dienstagnachmittag unerwartet mit. Zapotockys Vertrag wäre noch bis März 2008 gelaufen.

Der Abschied von der Börse soll bis zur Jahresmitte erfolgen, das genaue Datum seines Ausscheidens blieb zunächst offen. In der Börse selbst wird in Kürze mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen.

Offenbar Probleme mit Eigentümervertretern
Zapotocky geht am Höhepunkt der Entwicklung der Wiener Börse, die unter seiner Ägide eine international viel beachtete Performance hingelegt hat. In informierten Kreisen wird davon ausgegangen, dass es zwischen Eigentümervertretern und ihm Verstimmungen gegeben hat. Ein Grund sei, dass die von Zapotocky gefahrene Osteuropastrategie bisher nicht im angekündigten Umfang aufgegangen sei. Auch mit seiner Personalpolitik sei er intern des öfteren auf Kritik gestoßen, wird gemunkelt.

Abgang "ganz freiwillig"
Seine Entscheidung, die Börsespitze zu verlassen, erfolge "ganz freiwillig", wurde am Dienstag aus der Wiener Börse versichert. Zapotocky habe den Aufsichtsrat der Wiener Börse AG heute über diesen Schritt informiert. Sein Entschluss zum Abgang kam für Beobachter jedenfalls überraschend, zumal er in Zusammenhang mit der geplanten Osteuropa-Börsen-Plattform weiter "große Pläne hatte", wie es zur APA hieß. Auch Mitarbeiter der Wiener Börse zeigten sich am Nachmittag von dem Schritt ihres Chefs überrascht.

"Nach rund 30-jähriger Tätigkeit in verschiedenen Positionen bei der Erste Bank, der Länderbank, der späteren BA-CA und in der Wiener Börse möchte ich nun mit einem eigenen Unternehmen tätig werden", begründet Zapotocky in einem Mitteilung an die Medien seinen Entschluss. Er gehe "mit einem lachenden und einem weinenden Auge", hieß es aus seinem Umfeld.

Zapotocky leitet seit April 2000 als Vorstandsdirektor die Geschicke der Wiener Börse, zunächst mit Erich Obersteiner als Co-Vorstand, seit Herbst 2004 mit Michael Buhl. Vor seinem Börsejob war Zapotocky in zahlreichen Führungspositionen der österreichischen Bankenlandschaft, vor allem im Wertpapierbereich, tätig.

Höhenflug prägte "Zapos" Amtszeit
In "Zapos" Amtszeit fällt der noch immer anhaltende Höhenflug der Wiener Börse: Der Leitindex ATX hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdreifacht und bewegt sich mit Ständen um 3.800 Punkte auch aktuell auf Rekordniveau. Zudem begann die Wiener Börse in den vergangenen Jahren, sich als Leitbörse für den mittel- und osteuropäischen Wirtschaftsraum zu positionieren. Zusammen mit Banken wurde eine Beteiligung an der Budapester Börse eingegangen, aus der eine große Börsenallianz entstehen sollte. Mit mehreren anderen Börsen laufen dazu Gespräche, höchst interessiert war man an einer Kooperation mit der großen Börse von Polen.

Auch künftig will Zapotocky im österreichischen Finanz- und Kapitalmarkt tätig sein: Seine neue Funktion "zielt insbesondere auf die Schaffung von Mehrwert bei erstklassigen Unternehmen in Zusammenhang mit Kapitalmarktfinanzierungen ab", heißt es. Einzelheiten dazu stünden allerdings noch nicht fest.

(apa)