Zu Besuch bei der Wagengruppe "Treibstoff"

Ein Blick auf eine alternative Lebensform und die Menschen, die für sie kämpfen

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© Video: NEWS.AT

Ob die Wagengruppe "Treibstoff" auf ihrem jetzigen Standort auch tatsächlich überwintern darf, steht noch nicht fest. Erst einige Tage lang wohnen die Mitglieder nun mit ihren umgebauten Fahrzeugen - Lkws, Kleinbusse und ein Zirkuswagen - in der für den Verkehr gesperrten Maria-Jacobi-Gasse. "Seit 1. September sitzen wir auf der Straße", sagt Wohlfahrt. Die Behörden entscheiden zum Ende des Sommers, die Gruppe am Standort nahe der U1-Station Aderklaaerstraße nicht mehr zu dulden. Miete zahlen die Mitglieder zu diesem Zeitpunkt an den Grundstückseigentümer, die Wiener Linien. Doch Anfang September laufen die baupolizeilichen Ausnahmegenehmigungen ab, für die Wagengruppe beginnt damit die Suche nach einer neuen Bleibe.

Zittern um Winterquartier

Insgesamt fünf Mal zieht die Gruppe um, zuletzt muss sie einen öffentlichen Parkplatz der Stadt Wien an der Haidestraße verlassen; dort duldet sie die MA 28 eine Zeit lang. Die Fläche des neuen Quartiers im dritten Bezirk gehört ebenfalls der MA 28. "Wir haben schon Kontakt aufgenommen, wissen aber noch nicht, ob wir bleiben können", sagt Wohlfahrt. "Die Behörden wissen, dass sie sich mit uns auseinandersetzen müssen, weil wir nicht verschwinden. Aber gerne tun sie das nicht." Aufgeben kommt für die Gruppe auf keinen Fall in Frage: "Wir werden sicher nicht in eine Wohnung ziehen. Es ist eine selbstgewählte Lebensform. Ich finde sie einfach schön", sagt Wagengruppen-Mitglied Alex (30). Der Kinder zuliebe besitzen einige dennoch eine Wohnung. "Ich miete auch eine Wohnung, weil ich zwei Kinder habe. Diese Situation ist für sie gerade nicht zumutbar. Wenn wir länger stehen bleiben, komme ich wieder öfter her mit ihnen", berichtet der 30-Jährige.

Gegen horrende Mieten

Die Lage der Gruppe ist vor allem prekär, weil sie sich rechtzeitig für die Kälte rüsten muss: Das Holz zum Heizen muss dringend besorgt und gelagert werden, die Sanitäreinrichtungen müssen aufgebaut werden, kurzum: Die Wagengruppe muss winterfest werden. Ohne einen festen Standplatz ist das jedoch nicht möglich. "Wir wollen ja nicht alles gratis", sagt Wohlfahrt, "für die stillgelegte Verkehrsfläche sind wir auch bereit Miete zu zahlen." Das Thema Miete hat einige der Wagenbewohner dazu bewegt, sich der Gruppe anzuschließen. "Ich habe schon in vielen Wohnungen gelebt und damit keine guten Erfahrungen gemacht. Ich habe oft nicht verstanden, warum ich so viel Geld für eine schäbige Wohnung zahlen muss", erzählt Flo (23). Nachhaltiges Wohnen und Leben nimmt einen hohen Stellenwert innerhalb der Wagengruppe ein. "Viel zu viele Leute zahlen zu viel Geld. Es steigen die Mieten aus teilweise unerfindlichen Gründen. Die Menschen haben sich schon damit abgefunden, dass sie die Hälfte vom Lohn irgendwelchen Baufirmen oder Vermietern in den Rachen schmeißen", sagt die 35-jährige Sprecherin der Gruppe.

Warum entscheidet man sich letztendlich für das selbstverwaltete Wagenleben? Die Motive dafür sind individuell: "Jeder hat seinen speziellen Grund. Ich bin lange herumgefahren, auch mit meinen Kindern, wollte freie Schulen bauen und alternative Projekte starten. Das hat leider nicht funktioniert. Jetzt ist das eben mein Ersatz", teilt Alex, langjähriger Wagenbewohner, mit.

Gundula Wohlfahrt ist ebenfalls schon seit Jahren mit dabei. "Für mich ist die Wagengruppe die logische Konsequenz von den Idealen, die ich habe. Ich möchte gerne selbstverwaltet und nachhaltig leben und auf alles Überflüssige verzichten, einfach mehr Freiheit haben. Der Luxus ist zwar eingeschränkt, aber für mich ist das zurzeit die realistischste Lebensform", sagt die 35-Jährige.

Wenig Luxus, viel Lebensqualität

Auch wenn das Leben nicht immer einfach ist, halten die Mitglieder mit Leidenschaft daran fest. Luxus erwartet einen Wagenbewohner nicht: Es gibt kein fließendes Wasser, nicht alle besitzen eine Dusche, geheizt und gekocht wird im Idealfall mit einem Holzofen und ein auspumpbares Klo dient als Abort. "Das Holz holen wir uns von Baustellen, die das Material wegschmeißen", sagt Wohlfahrt. Eine "hauseigene" Waschmaschine fehlt derzeit. Auch über Strom verfügt die Gruppe nur begrenzt: Solarpaneele laden die Batterien der Autos auf. Scheint im Winter die Sonne über einen längeren Zeitraum nicht, wird es auch in der Wagengruppe mit Sonnenuntergang dunkel. Dennoch möchte kein Gruppenmitglied die alternative Lebensform, den Zusammenhalt und die bunte Gemeinschaft missen. Vom Mechaniker und IT-Programmierer über Veranstaltungstechniker, Studenten und einem Sozialarbeiter bis hin zum Koch und Journalisten sind hier die unterschiedlichsten Berufsbilder vertreten. "Es kommen immer wieder neue Leute dazu, während andere die Gemeinschaft verlassen. Es ist eine offene Gruppe", sagt Wohlfahrt.

Ganz ohne Schwierigkeiten kommt die Wagengruppe, wie alle anderen Wohngemeinschaften auch, nicht aus. Gerade in Härtesituationen tauchen immer wieder Diskrepanzen auf. "Vor allem wenn viel Stress von außen dazu kommt. Dann muss man sich wieder zusammenraufen", sagt Alex. Die andauernde Suche nach einem Winterquartier war nicht einfach für die Bewohner. "Aber wenn man gemeinsam etwas durchstehen muss, lernt man daraus. Das schweißt zusammen", erklärt Wohlfahrt. Besonders im Kampf um eine neue Bleibe.

Kommentare

habe erlebt wie diese mitmenschen sich benehmen, als diese typen noch im 21. stationiert waren besuchte ich einen bekannten der ca. 100m luftlinie weg gewohnt hat, täglich wurde bis spät nachts gelärmt, alles wurde verunreinigt und beschädigt und keine polizeistreife traute sich etwas zu unternehmen. kein wunder wenn diese leute nirgends gerne gesehen werden. aber sie sind ja so arm

nickname90

Und schlussendlich dann auch noch von der Stadt Wien ein Grundstück dafür bekommen wollen.
Darüber hinaus sollte jemand der sich in einer Gesellschaft nicht integrieren kann, die Schuld dafür bei sich selbst finden und sich deswegen mit den daraus resultierenden Folgen abfinden und nicht andere dafür Verantwortlich machen.

nickname90

Schade das in dem Video nicht erwähnt wird das diese Leute mit Lacksprays Plakatwände, Private Einfahrtstore u.Ä. beschmieren, d.h. Vandalismus im Öffentlichen Bereich betreiben, Müll nicht ordnungsgemäß entsorgen, Fäkalien aus mobilen Toiletanlagen einfach auf diverse Flächen ableiten, und ständig den Konflikt mit Anrainern suchen.

jetzt wären die grünen gefordert, die ja immer so vollmundig ihre nächstenliebe und alternative lebensformen propagieren: es hat doch sicher ein grüner einen garten, in dem diese menschen ihre häuser aufstellen können, oder wohnen die alle im 7. bezirk?
alternativ hat der herr düringer im garten auch noch platz,oder?

brauser49
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Lasst s , a im Park, not all want go GRUFT. Bist b. unt.rstan.slos - ka Job, ka Frau, ka Wohnung. NUN ohn. Wohnung ka Job - ohn. Job ka Wohnung - AB in Park...
Is n. nur a rot-Probl.m in W., ähnli. Graz, Salzburg...

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Denksport am frühen Morgen. Ihre postings haben was mit einem Kreuzworträtsel gemein. Ein Buchstabe fehlt mir noch, dann hab ich's gelöst;-))))

brauser49
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Hurra, ich habe wieder ALLE Buchstaben auf der Tastatur

strizzi49 melden

Ein Armutszeugnis für die rote Stadtregierung, dass sie den Menschen, die eine alternative Lebensform wählen, keine dauerhafte Möglichkeit (sprich Grundstück) zur Verfügung stellen! Die wollen es ja nicht umsonst, sie zahlen ja auch dafür! Aber so ein Beamtenarsch kann sich halt nicht vorstellen, dass man zum Wohnen nicht unbedingt einen festen Wohnsitz (Wohnung) braucht!

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Ich will auch ein Grundstück zur Verfügung gestellt haben. Ich verspreche auch, ganz alternativ zu sein und stecke mir, wenn gewünscht, eine Sonnenblume ins Haar. Das sollte für ein Grundstück doch reichen.

gfrast51
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wer möchte das nicht irgendwo im freien leben ? ich würde mir de nwagen schön sauber und gemütlich herrichten ,rundherum blumen und gemüse anbauen ,wer lässt mich auf seinen grund bitte campieren ? natürlich werde ich ein paar € dafür bezahlen

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