Unerträgliche Nachbarn
und machtlose Behörden

In der Mollardgasse machen Bewohner das Leben ihrer Nachbarn zur Hölle

von
  • Mollardgasse 48A
    Bild 1 von 22 © Bild: Günther Rosenbichler

    Mollardgasse

    "Die Mülltonnen sind immer voll, auch wenn die Müllabfuhr gerade erst da war", so ein Bewohner

  • Mollardgasse 48A
    Bild 2 von 22 © Bild: Privat

    Mollardgasse

    Was nicht in die Mülltonne passt, liegt am Gehsteig und auf der Straße

"Ich habe gemerkt, wie alleine man dasteht", so ein verzweifelter Bewohner des Hauses. Im Frühjahr dieses Jahres sind im Untergeschoss des Wohnhauses, das früher eine Essigfabrik war, Menschen eingezogen, obwohl diese Räume eigentlich nicht als Wohnraum genützt werden dürften. Und es werden immer mehr. Die fünf Räume (insg. ca. 120 Quadratmeter) sind als "Stallungen, Magazine bzw. Garagen gewidmet", so Dr. Gerhard Cech, Leiter der MA 37 - Baupolizei, und wurden ohne Baubewilligung geschaffen. Der Vermieter, der diese Unterkünfte erstanden hatte, hat diese illegal ausgebaut und dann teuer vermietet. 250 Euro pro Person verlangt er dafür und kassiert offensichtlich kräftig ab. Denn es wohnen dort an die 100 Personen (die Zahl variiert) auf engstem Raum zusammen.

Vermieter "kassiert massig Geld"

"Die Baupolizei weiß, dass der Vermieter noch zwei Wohneinheiten hat, wo er genauso agiert", so Günther Rosenbichler, der eine Wohnung in dem Haus besitzt. Und weiter: "Er kassiert massig Geld für eine Liegschaft, die er illegal vermietet." Und auch vom Büro für Sofortmaßnahmen wird bestätigt, dass es "stadtbekannte Personen sind", die das überall so machen, oft ohne Mietverträge. Vermietet werden diese Wohnungen von zwei Personen. Während Ersterer nicht zugänglich ist, weil er mittlerweile in Konkurs ist, hat der andere Vermieter die Verträge mit den Mietern gekündigt. Somit sollten die Bewohner spätestens mit 31. Oktober auszogen sein, was jedoch nicht passiert ist. Die Räume wurden unerlaubt ausgebaut. Obwohl es im Juli letzten Jahres eine Vollstreckungsverfügung für den Rückbau gab, wurde nichts unternommen. Nun müssen die Eigentümer der Wohnungen für den Rückbau sowie den Abriss aufkommen, der am 1. Dezember vollstreckt werden soll. Egal ob darin jemand wohnt.

Bescheid Mollardgasse
© Privat

Illegale Stromquelle

Einer der Hausbewohner, der namentlich nicht genannt werden will, zahlte plötzlich 540 Euro monatlich für Strom - und das im Sommer bei 63m² Wohnfläche. Wien Netz wurde von NEWS.AT darüber informiert, daraufhin fand eine Begehung statt. Dabei wurde Stromdiebstahl festgestellt und ein Stromzähler abmontiert. Doch mittlerweile hat man eine andere Methode gefunden: Dank eines Verlängerungekabels wird nun der Strom illegal in die Wohnungen geleitet. Der Stromzähler wird außerdem manipuliert: "Sie bohren ein Loch in den Zähler und blockieren ihn dann, sodass er nicht weiter rennt. Es sind tausende Euro, die dadurch verloren gehen.", so Walter Hillerer vom Büro für Sofortmaßnahmen. Und weiter: "Sie heizen auch mittels Elektroherd."

Das Wasser, das für die - gesetzeswidrig - eingebauten Toiletten und Duschen verwendet wird, wird ebenfalls illegal zugeführt. "Die Behörden schauen zu und tun gar nichts", beschwert sich Rosenbichler gegenüber NEWS.AT.

"Massenquartier"

Eine Matratze neben der anderen - mehr hat nicht Platz. "Es ist ein Massenquartier", so Rosenbichler. Im Hof rennen zahlreiche Kinder herum, "um die sich niemand zu kümmern scheint." Viele der Frauen sind schwanger, oft kommt es zu heftigem Streit. Dazu kommt die laute Musik - teilweise wird diese um 9 Uhr in der Früh aufgedreht und erst um 4 Uhr Früh wieder abgedreht. Die Lautsprecherboxen dafür stehen meist im Freien, im Innenhof. Der Lärm hallt durch den gesamten Gebäudekomplex.

Urin, Kot und Erbrochenes

Aber das ist noch lange nicht alles. Die Bewohner leben im Dreck. "Überall wird der Müll und das Diebesgut gestapelt. Die Mülltonnen sind immer voll, auch wenn die Müllabfuhr gerade erst da war", so ein Wohnungseigentümer. Kommt die Polizei und bittet, es wegzuräumen, wird es einfach auf die Straße gestellt. "Die Wohnungen schauen fürchterlich aus", schildert auch Walter Hillerer vom Büro für Sofortmaßnahmen. "Es riecht nach Urin, Kot und Erbrochenem (Anm. d. Red.: siehe Fotos). Kakerlaken breiten sich im gesamten Wohnhaus aus. Der Zaun zum Nachbarsgarten wird regelmäßig niedergetrampelt, damit sie sich auch dort ausbreiten können. Kaum wird er repariert und aufgebaut, ist er auch schon wieder kaputt", erzählt Eigentümer Muamer Hodzic NEWS.AT. Viele der Bewohner hausten davor in der Gumpendorferstraße, die geräumt wurde, und übersiedelten dann in die Mollardgasse, wie sowohl Behörden als auch Eigentümer bestätigen.

Mindestens einmal in der Woche kommen laut Mietern Busse vor das Haus gefahren, die die gelagerten Gegenstände - vor allem Fahrräder und technische Geräte - einpacken und wegführen (Anm. d. Red.: siehe Fotos). Die Menschen leben davon, auf der Mariahilferstraße oder in U-Bahnstationen betteln zu gehen - vor allem die Kinder, manche spielen Harmonika oder wühlen im Müll nach verwertbaren Gegenständen. Mehrere Einkaufswägen stehen vor ihrer Haustür, mit denen sie ihr Fundgut transportieren. Überall im Hof hängt Wäsche (siehe Fotos).

Kinder besuchen nicht die Schule

Auch das MAG ELF wurde bereits mehrfach verständigt, da keines der Kinder einen Kindergarten oder eine Schule besucht - trotz Schulpflicht in Österreich. "Wie waren bereits mehrfach vor Ort, gemeinsam mit der Polizei. Aber es sind EU-Bürger, die sagen, sie wären nur kurz hier auf Besuch. In der EU gibt es die Reisefreiheit, man kann sie also nicht abschieben. Mehr kann man nicht machen, als dass man wieder hinschaut", so Frau Staffa vom Jugendamt.

Polizei mit Messer bedroht

Nachbarn, die sich beschweren, werden bedroht und bespuckt. Bereits über 70 Mal wurde die Polizei gerufen. „Einer hat sogar Polizistinnen als Huren beschimpft, als sie versucht haben, ihn zu verhaften. Ich verstehe nicht, warum sich das die Polizei gefallen lässt.“ Bei einem Polizeieinsatz in der Mollardgasse Ende Oktober wurden Polizisten sogar mit dem Messer bedroht, wie Nachbarn beobachtet haben. "Die Leute sind sehr aggressiv, auch gegenüber Behörden", bestätigt Walter Hillerer vom Büro für Sofortmaßnahmen. Auch Messerstechereien untereinander hat es bereits gegeben. Schwangere Frauen werden geschlagen, Kinder und Nachbarn müssen hilflos zusehen. Finanz, Bauinspektion, Magistrat, Hausverwaltung, Jugendamt, Büro für Sofortmaßnahmen, Polizei, Bezirksvorstehung und Eigentümer wurden verständigt, doch nichts passiert. Die Behörden sind machtlos. "Im Juni habe ich es dem Finanzamt wegen Steuerhinterziehung gemeldet, daraufhin war die Finanzpolizei da, sie hat aber nichts unternommen. Es war das Büro für Sofortmaßnahmen da, Polizei, Jugendamt, Gebietsbetreuung, ich habe auch mit der Bezirksvorstehung gesprochen. Niemand kann etwas tun", so Bewohner Muamer Hodzic. Und weiter: "Es ist ein schreckliches Jahr für uns alle. Keiner fühlt sich zuständig, weder Polizei, noch Jugendamt, noch sonst jemand", erzählt er verzweifelt.

Nachbarn sind verzweifelt

Vielen Menschen, die in der Umgebung wohnen, geht es genauso: "Man kommt nicht mehr gerne heim, weil es so laut ist. Man überlegt auszuziehen, weil man sich nur noch unwohl und beängstigt fühlt wegen ihrer teils aggressiven und lauten Art", so ein Nachbar gegenüber NEWS.AT, der aus Angst seinen Namen nicht genannt haben will . "Die Miteigentümer haben Angst vor den Menschen, Angst hier zu leben und Angst in den Hof zu gehen, um ihren Müll wegzuwerfen", erzählt auch Muamer Hodzic, der genau über den illegal ausgebauten Wohnungen lebt und zwei kleine Kinder hat. Wann diese unerträglichen Zustände ein Ende nehmen, kann niemand beantworten. Noch nicht.