Mission Margherita

Gennaro Langella aus Neapel zeigt der Welt, wie echte Pizza schmecken muss

von Pizzabacken in der Pizzeria Riva © Bild: Matt Observe
Pizzabacken in der Pizzeria Riva
© Matt Observe

Der junge Mann entstammt einer Dynastie von Pizzabäckern. Gennaro Langellas Großvater begann 1933, im Alter von sieben Jahren (Kinderarbeit scheint in Süditalien damals kein Thema gewesen zu sein), als Pizzaiolo. Aktuell steht die dritte Generation am Holzofen. "Ich selbst habe mit 14 Jahren erstmals selbstständig als Pizzaiolo arbeiten dürfen", sagt der junge Mann. "Aber da hatte ich schon sechs Jahre Lehrzeit hinter mir -neben der Schule", wie er mit schelmischem Lächeln hinzufügt. Seit ein paar Jahren werkt Langella nur noch selten in der heimatlichen Pizzeria. Wegen seines Kommunikationstalents und seiner flüssigen Englischkenntnisse fragte die Associazione Verace Pizza Napoletana, ein global tätiger Verein zur Wahrung der Pizzatradition nach neapolitanischem Vorbild, bei ihm an, ob er die Kunst des originalgetreuen Pizzaschleuderns nicht auch anderswo praktizieren wolle, zur höheren Ehre der Heimat und des guten Geschmacks.

Der Geschmack der Heimat

Dieser Tage steht Langella in einer der drei Riva-Pizzerien des Wiener Schuhhändlers und Exil-Neapolitaners Alessandro d'Ambrosio am Ofen, am Schlickplatz, auf der Summerstage oder, seit wenigen Wochen, auch ganz neu am Anfang der Favoritenstraße. D'Ambrosio hat den jungen Mann engagiert, um seiner Mannschaft - die ohnehin ausschließlich aus Neapel und Umgebung kommt - die Wadeln entsprechend vorwärts zu richten. D'Ambrosio wurde vor gut sieben Jahren quasi hobbymäßig zum Pizzeria-Betreiber, nachdem "die Sehnsucht nach einer echten Pizza, die nach Heimat schmeckt", einfach zu brennend geworden sei. Der Erfolg war so durchschlagend, dass aus dem, was mit einem mobilen, holzbefeuerten Pizzaofen auf der Summerstage begonnen hatte, mittlerweile zwei extravagant ausgestattete Großpizzerien geworden sind.

Pizzabacken in der Pizzeria Riva
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Langella kann lange und ausschweifend über Pizza sprechen. Bei den wirklich wichtigen Details, etwa der Beschaffenheit des Teigs, ist er jedoch knapp und präzise. Warum die Pizzen, die er aus dem Ofen holt, so leicht verdaulich sind, dass das sonst unvermeidliche aufgeblasene Völlegefühl ausbleibt? "Das liegt am Teig. Für den kommen jeden Tag 36 Kilo Mehl, 20 Liter Wasser und nicht mehr als sechs Gramm Germ in die Rührmaschine." Was nach lächerlich wenig Hefe klingt, ist das eigentliche Geheimnis der Bekömmlichkeit: "Nur wenn sich die Bakterien ganz und gar durch den Teig gefressen haben, bekommt er die Leichtigkeit, um die es mir geht", sagt Langella. "Und damit das gewährleistet ist, muss der Teig zwischen 20 und 30 Stunden lang gehen, bei Raumtemperatur."

Calzone gegen Kater

Andere Kriterien wie Art und Herkunft der Paradeiser oder die Beschaffenheit des Ofens werden in nebenstehender Grafik detailliert erklärt. Aber welche Pizza bestellt sich der Experte selbst? "Kommt darauf an", sagt Langella, "meistens eine einfache, bei der die Qualität des Teigs, der Paradeiser und der Mozzarella zur Geltung kommen - also echte Margherita mit Bufala-Mozzarella. Aber wenn es am Abend davor fröhlich zugegangen ist, dann brauche ich etwas Handfestes." Dann darf es auch eine Calzone sein, eine zusammengeschlagene Pizza mit besonders reichhaltiger Fülle, "mit Provola zum Beispiel, einer geräucherten Mozzarella, mit knusprigen Schweinsgrammeln und mit Ricotta". Es könnte sein, dass Langella auch in Wien den einen oder anderen solchen Abend erlebt hat - in der Riva Favorita steht seit seinem Engagement nämlich genau so eine Anti-Kater-Bombe als "Ripieno Casareccio" auf der Karte.

Pizzabacken in der Pizzeria Riva
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Take-away-Pizza, aber richtig

Und auf welche Art verspeist der Neapolitaner von Format seine Pizza am liebsten? "Wenn ich bei uns im Geschäft bin, brauche ich weder ein Pizzarad zum Zerteilen -im Übrigen eine amerikanische Erfindung - noch Messer und Gabel. Da esse ich sie ganz ungeniert ,stracciato', also mit den Fingern in mundgerechte Stücke zerrissen." Das geht freilich nur bei einfach belegter Margherita. Solche mit mehr Belag schneidet Langella "in vier bis fünf große Stücke, die ,a portafoglio' in der Mitte zusammengeklappt werden und dann auch mit der Hand gegessen werden können". Portafoglio ist übrigens italienisch für Brieftasche.

Pizzabacken in der Pizzeria Riva
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Als Pizzaiolo hat er naturgemäß wenig Freude, wenn seine ofenfrischen Kreationen in Kartons gepackt und nach Hause mitgenommen werden: "Pizza verliert mit jeder Minute, die sie aus dem Ofen draußen ist, dramatisch an Qualität -in einen Karton eingesperrt ganz besonders." Der Dampf macht den Teig labbrig, die Konsistenz der frisch geschmolzenen Mozzarella leidet, schon nach zehn Minuten ist die Pizza nur ein gummiger Abklatsch ihrer selbst.

Langellas Tipp: gleich bei der Bestellung das Backrohr samt Backblech maximal aufdrehen und die Pizza, wenn sie da ist, für zwei Minuten auf dem heißen Blech im Ofen regenerieren. "Danach hat sie wieder so etwas wie Leben in sich."

Pizzabacken in der Pizzeria Riva
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Kommentare

pizzaiolo melden

Es heißt aber immer noch eine Pizza und zwei Pizze, meine Lieben, also weder Pizzas und schon gar nicht Pizzen, oder gehen sie zum Kiosk und kaufen sie sich zwei Newse oder Newsen?

Oberon
Oberon melden

Lt. Duden heißt es: Die Pizzas und Pizzen. Pizzen wird eher geschrieben, Pizzas gesprochen. :-)

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