Endergebnis in Vorarlberg:
ÖVP verliert absolute Mehrheit

Auch FPÖ und SPÖ im Minus, Grüne legen deutlich zu, NEOS im Landtag

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Landtagswahl - Endergebnis in Vorarlberg:
ÖVP verliert absolute Mehrheit

Die Grünen konnten deutliche Zugewinne verbuchen und erreichten 17,1 Prozent. Das bedeutet für die Öko-Partei ein Plus von 6,5 Prozentpunkten gegenüber 2009. Die neue Partei NEOS schaffte mit 6,9 Prozent klar den Einzug.

Leichte Verluste für die FPÖ

Mit leichten Verlusten endete der Wahltag für die FPÖ: Die Freiheitlichen erreichten 23,5 Prozent (-1,7). Bei der letzten Wahl im Ländle hatten noch 25,1 Prozent der Wahlberechtigten für die Blauen gestimmt.

SPÖ-Abrutsch

Die SPÖ rutschte deutlich unter die psychologisch wichtige Zehn-Prozent-Marke: Mit einem Verlust von 1,2 Prozentpunkten endete der Wahlsonntag für die Sozialdemokratie mit einem vorläufigen Ergebnis von 8,8 Prozent.

Wahlkarten fehlen noch

Nicht enthalten im vorläufigen Endergebnis sind rund zehn Prozent der Briefwahlstimmen und die in einem fremden Wahllokal abgegebenen Wahlkarten.

Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung lag bei 63,83 Prozent, das ist ein Minus von 4,6 Prozentpunkten gegenüber 2009.

Mandatsverteilung

Die ÖVP ist somit nur mehr mit 16 Mandaten im 36 Sitze starken Vorarlberger Landtag vertreten. Der Urnengang brachte der Volkspartei einen Verlust von vier Sitzen. Die erstmals angetretenen NEOS zogen mit zwei Mandate in den Landtag ein, daneben waren die Grünen die einzige Partei, die ihren Mandatsstand vergrößern konnte.

Die Grünen sind künftig mit sechs Mandataren im Landtag vertreten. Bisher hielt die Öko-Partei bei vier Sitzen. Die NEOS schafften zwar mit zwei Mandaten den Einzug in den Landtag, verpassten allerdings das Ziel der Klubstärke (drei Sitze).

Die FPÖ hält weiterhin bei neun Mandaten, auch die SPÖ blieb bei ihre Mandatsstärke von drei Sitzen im Landtag.

Wählerstrom: Schwarz verliert an Blau und Grün

Die ÖVP hat am stärksten an FPÖ und Grüne verloren. Die NEOS konnten vor allem im Pool der Nichtwähler Unterstützer gewinnen. Die treuesten Wähler haben ÖVP und Grüne, geht aus der ORF/SORA-Wählerstromanalyse hervor. Die Volkspartei konnte 66 Prozent der Wähler von 2009 erneut für sich gewinnen, auch die Grünen schafften dies. Die FPÖ kam hier auf 57 Prozent, die SPÖ auf 56 Prozent.

Die größten Verluste erlitt die ÖVP mit 10.000 und 9.000 Stimmen Richtung FPÖ und Grüne. Je 3.000 Stimmen gingen an SPÖ und NEOS verloren, und 5.000 ehemalige ÖVP-Wähler gingen diesmal nicht zur Wahl. Von der FPÖ holte sich die ÖVP 4.000 Stimmen, je 2.000 von SPÖ, Sonstigen und ehemaligen Nichtwählern, 1.000 von den Grünen.

Die FPÖ verlor 9.000 Wähler aus dem Jahr 2009 an die Gruppe jener, die diesmal zu Hause blieben. Die Grünen verloren 3.000 Stimmen an die Nichtwähler, die SPÖ 5.000 Stimmen.

Zugewinne verbuchte die FPÖ neben jenen von der ÖVP (10.000) auch von den Sonstigen (2.000) und den Nichtwählern (2.000) sowie von der SPÖ (1.000). Die Grünen holten jeweils 3.000 Stimmen aus dem FPÖ-Lager und von den Nichtwählern sowie je 1.000 von SPÖ und Sonstigen aus dem Jahr 2009.

Die SPÖ holte sich je 3.000 Wähler von ÖVP und Nichtwählern und 1.000 von der FPÖ. Die NEOS holten sich 5.000 Nichtwähler des Jahres 2009, 3.000 Stimmen von der ÖVP sowie je 1.000 von FPÖ und Grünen.

Wallner: Ergebnis "brauchbar"

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner sieht das Ergebnis als "brauchbar" an. Schönreden wollte er die Einbußen der ÖVP aber nicht: "Ein Verlust bleibt ein Verlust." Er hätte gedacht, dass sich 44-45 Prozent ausgehen könnten. Immerhin sei man aber über den Umfragewerten von unter 40 Prozent geblieben.

Mit wem die ÖVP nun koalieren wird, ließ der Landeshauptmann im Gespräch mit der APA offen. Gesprochen wird in der Reihenfolge der Parteienstärke, also zunächst mit den Freiheitlichen. Allerdings machte Wallner auf Nachfragen auch klar, dass die Zugewinne der Grünen ein Signal des Wählers gewesen sein könnten: "Übersehen kann man das nicht", meinte er zum Grünen Plus, das er für eine "reife Leistung" hält.

Beginnen will Wallner mit den Koalitionsgesprächen "möglichst zügig". Dann könnte man, wenn es nach ihm ginge, auch rasch zu einem Ergebnis kommen.

Ritsch: "Nicht schön"

"Es ist nicht schön, wenn die Sozialdemokratie einstellig wird", sagte SPÖ-Landesparteivorsitzender Michael Ritsch in einer ersten Reaktion. Zumindest habe man die drei Mandate gehalten. Entgegen den Umfragen, die der SPÖ im Vorfeld des Urnengangs mitunter sogar den Klubstatus abgesprochen hätten, sei es noch gut, dass man die drei Mandate habe halten können, sagte Ritsch. Natürlich sei er "traurig, aber die Welt wird deshalb nicht untergehen", räumte der SPÖ-Spitzenkandidat ein.

Auf die Frage, ob der Wahlausgang persönliche Konsequenzen haben werde, sagte Ritsch, er werde jetzt "erst einmal drüber schlafen, dann treffe ich eine Entscheidung". Die "Zwergen"-Kampagne blieb für Ritsch entgegen vielfacher Kritik ein Erfolg: "Wer weiß, ob wir sonst die drei Mandate gehalten hätten", so der SP-Chef.

Mitterlehner: "Respektables Ergebnis"

Der neue Bundes-ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner hat das Abschneiden seiner Partei als "respektables Ergebnis in einem herausforderndem Umfeld" bezeichnet. Der Verlust der Absoluten sei "natürlich unerfreulich", räumte er ein, doch solche Mehrheiten seien selten geworden und die ÖVP immer noch deutliche Nummer eins.

"In Zeiten, in denen solche Mehrheiten absolute Seltenheit sind, ist ein Ergebnis mit einem deutlichen Abstand von rund 20 Prozent zum politischen Mitbewerb auch entsprechend hoch zu bewerten", so Mitterlehner in einer Aussendung. Die Rahmenbedingungen seien "mit völlig neuen Konstellationen und einer wirtschaftlich herausfordernden Situation nicht einfach" gewesen. Da sei die ÖVP "als klare Nummer eins bestätigt worden" und habe "den eindeutigen Gestaltungsauftrag im Land erhalten".

Koalitionswünsche richtete Mitterlehner seinem Vorarlberger Kollegen Markus Wallner nicht aus. Die Landespartei werde "alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das Land weiter voranzubringen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen".

Strache: Respektables Ergebnis

Als respektabel hat FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache das freiheitliche Ergebnis bezeichnet. Das wichtigste Wahlziel, nämlich die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, sei erreicht worden, meinte er in einer Aussendung. Laut Hochrechnung (Stand 15:20 Uhr) könnte die FPÖ eines ihrer bisher neun Mandate an die ÖVP oder die Grünen verlieren.

Die Freiheitlichen seien in Vorarlberg von einem historisch hohen Niveau aus gestartet und hätten dieses mit nur einem leichten Minus bei den Stimmen auch halten können, so Strache in einer Aussendung. Bei den Mandaten sei man stabil geblieben, zeigte er sich optimistisch. Zudem habe es einen neuen politischen Mitbewerber gegeben, der von den Medien ausgesprochen hofiert worden sei.

Strache gratulierte Spitzenkandidat Dieter Egger und dessen Team, die einen sehr guten Wahlkampf geführt hätten. "Ein Plus ist natürlich immer besser als ein Minus. Das ist aber nur ein Ansporn, das nächste Mal einen noch intensiveren Wahlkampf zu führen."

Darabos "nicht zufrieden"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat sich am Sonntag angesichts der Hochrechnungen unzufrieden mit dem Abschneiden der Sozialdemokraten gezeigt. Er vermisste den "Transmissionsriemen" bei der Übertragung der SP-Inhalte an die Wähler und sprach von einem "schmerzlichen Ergebnis". Den Gartenzwerge-Wahlkampf seiner Partei verurteilte er nicht.

"Wir sind nicht zufrieden. Das wäre gelogen, wenn ich jetzt behaupten würde, dass wir zufrieden sind", sagte er gegenüber dem ORF-Radio Ö1 angesichts des prognostizierten Absturzes unter die Zehnprozentmarke. Er sah das Ergebnis in Verantwortung der Landespartei, gestand SP-Spitzenkandidat Michael Ritsch aber zu, seine "Coolmen" mit Inhalten verknüpft zu haben. Die SPÖ habe in Vorarlberg jedenfalls schon immer einen schweren Stand gehabt, so Darabos.

Glawischnig gratuliert

Von einem "wunderschönen Wahlerfolg" hat Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig gesprochen. Gegenüber der APA sprach sie sich für die Bildung einer schwarz-grünen Koalition aus. Die Grünen hätten die siebente Wahl in Folge gewonnen, und schaffe man tatsächlich sechs oder sieben Mandate, wäre dies das beste Vorarlberg-Ergebnis jemals und eine historische Zäsur, so Glawischnig. "Das ist mit Sicherheit ein Auftrag, unseren Projekten treu zu bleiben", sagte sie.

Das Ergebnis stärke die Grünen in der Frage, wie es in Vorarlberg weitergehen solle. Schwarz-Grün wäre aus ihrer Sicht ein Schritt nach vorne, eine Koalition der ÖVP mit der FPÖ dagegen ein Schritt zurück, so Glawischnig. Sie sieht sich auch in ihrem Kurs Richtung Landesregierungsbeteiligungen bestärkt, denn es zeige sich, dass dies Vertrauen erzeuge. Die Zeit der absoluten Mehrheiten ist aus Sicht der Grünen-Chefin jedenfalls vorbei. "Das ist ein österreichweiter Trend. Österreich ist bunter geworden."

NEOS "sehr zufrieden"

Trotz des verpassten Klubstatus sind die NEOS mit ihrem ersten Abschneiden bei einer Landtagswahl "sehr zufrieden", wie Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht bei ihrem Eintreffen im Landhaus kundtat. Bundesparteichef Matthias Strolz hält es für "eigentlich epochal", dass erstmals seit 30 Jahren eine neue Kraft in den Landtag einzieht.

Scheffknecht verwies darauf, dass zwei der drei Ziele der NEOS erreicht worden seien. Der Einzug sei geschafft und die "Absolute" der ÖVP dahin. Die acht Prozent, mit denen der Klubstatus verbunden gewesen wäre, seien eben "sehr hoch" gesteckt gewesen.

Dass man an die Ergebnisse zuletzt bei der EU-Wahl und der Nationalratswahl nicht herangekommen ist, finden die NEOS-Spitzen nicht verwunderlich. Landeshauptmann Markus Wallner sei eben ein anderer Gegner als es das Duo Werner Faymann (SPÖ) und Michael Spindelegger (ÖVP) im Bund gewesen sei, meinte Strolz, der auch auf die dichte Organisationsstruktur der ÖVP bis in die kleinsten Gemeinden verwies.

Immerhin sei es gelungen, gleich beim ersten Antreten bei einer Landtagswahl den Einzug ins Landesparlament zu schaffen, argumentierte der NEOS-Chef: "Wir kommen Schritt für Schritt." So werde man auch im kommenden Jahr bei allen Landtagswahlen kandidieren.

Die Wahl auf Twitter:

Kommentare

Bayern hat bei 12,5 Mio EW 180 Abgeordnete im Landtag, Österreich leistet sich bei 8,5 Mio 183 Abgeordnete. Und wieviele überflüssige Landtagsabgeordnete wir in Österreich haben, weiß ich gar nicht, ich will es gar nicht wissen. Weiß jemand wieviele Österreicher nicht zur Wahl gehen müssten, damit die Regierung nicht mehr regieren kann?

Nein Bräuchten wir nicht, wenn man bedenkt, dass Bayern über 12 und Baden Württemberg über 10 Mio Einwohner haben. Wir könnten uns das ganze Politspektakel der Länder sparen. Die haben sowieso nur beschränkte Kompetenzen, aber was würden wir mit den vielen arbeitslosen Politikern tun? Die müssten doch glatt wieder arbeiten.

Brauchen wir wirklich schon ab 400.000 Einwohner ein eigenes Bundesland samt aufgebläter Verwaltung?
Wo uns doch SPÖ+ÖVP wöchentlich vom "sparen" erzählen. Bei sich selber sparen sie weiterhin nicht!

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Die ÖVP hat nicht hat nicht 42 %, sondern 26,5 % (SPÖ 5,56% :-) und die stimmenstärkste Partei sind die frustrierten Nichtwähler mit über 36% ALLER WAHLBERECHTIGTEN. Es ist ja schon bezeichnend, dass man bei den Prozentzahlen fast 100.000 Vorarlberger einfach ausblendet. Wie lange wurschteln diese überbezahlten Politiker noch weiter?

christian95 melden

Wie lange diese Politiker so weiter wurschteln?
Antwort: So lange wir sie immer wieder wählen.
Wer Veränderung will muss auch Veränderung wählen; sonst ändert sich nichts. (Nicht wählen ändert gar nichts).

Für die NEOS hätte es ja ein Heimspiel werden sollen. Daher kann NEOS mit 7% genauso zufrieden sein wie Team Stronach mit 5,7% bei der Nationalratswahl. Die sind genauso am Ende wie Team Stronach.

Für die NEOS sollte es ja ein Heimspiel werden. Daher können die NEOS mit den 7% genauso zufrieden sein wie Team Stronach mit 5,7% bei den Nationalratswahlen. NEOS ist am Ende, genauso wie Team Stronach.

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