Die Rache des
Johann Nepomuk Nestroy

Über das Scheitern von Nestroys von "Zu ebener Erde und erster Stock"

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Volkstheater - Die Rache des
Johann Nepomuk Nestroy

Dem zweiten Missverständnis ist das Scheitern im Handwerklichen zuzuschreiben: Susanne Lietzow hat am Linzer Phönix-Theater eine sehr erfolgreiche Nestroy-Inszenierung geschaffen. Die Qualitäten einer Kleinbühneninszenierung aber lassen sich nur bedingt in ein großes Haus übertragen. Was dort frech und spontan des Weges kommt, stellt sich hier leicht amateurhaft dar.

So sieht man, anfangs nicht ohne Unterhaltungswert, auf der Bühne eine Zweiklassengesellschaft aufgebaut (Bühne: Aurel Lenfert), wie sie dem Werk in solcher Drastik noch nicht zugedacht wurde. In der Parterrewohnung des Tandlers Schlucker wird wie für die Quote geferkelt, der Gehülfe Damian erleichtert sich in einen Blechkübel, nach dem Wirtshausbesuch übergibt sich die Familie minutenlang kollektiv. Das amüsiert zu Beginn und ermüdet bald. Die Gestalten sind traditionell kostümiert, und mit dem als handelnde Person eingeführten Glück tut die Regie sogar einen Rückgriff auf das Feenmärchen, das Nestroy 1835 lang überwunden hatte. Nur das Stück selbst verabschiedet sich mit dem Fortschreiten des Abends.

Dazu kommt das Misstrauen der Regie gegen die Couplets. Die bereiten mit ihren Tagesaktualitäten manchmal tatsächlich Probleme. Dass aber der hoch geschätzte Kollege Hans Rauscher, dessen Neuschöpfung das große Couplet des schurkischen Dieners Johann ersetzt, auf dem richtigen Weg wäre, ist nicht ausgemacht: Eine solche Überdosis zivilgesellschaftlicher Unbestreitbarkeiten wäre Nestroy nicht in den Sinn gekommen. Nach der Pause zerfällt die Aufführung vollends: Von einer formidablen Band begleitet, singt jeder irgendetwas, wobei der Text nur in Ausnahmefällen zu verstehen ist. Am Ende sterben alle an einer nicht näher bezeichneten Seuche, weil Regie und Dramaturgie (geschwätzig: Mona Schwitzer) Nestroys glücklichen Ausgängen misstrauen. Dessen Schlussidyllen sind allerdings purer Hohn. Ein Publikum, dem das nur mit dem Vorschlaghammer zu vermitteln wäre, müsste aus Schwachsinnigen bestehen.

Das Ensemble zeigt sich, allen Unzukömmlichkeiten zum Trotz, der Aufgabe besser gewachsen als die Kollegen größerer Bühnen. Der Grund ist, dass das Volkstheater auch für die Nebenrollen eine ausreichende Zahl an Österreichern zur Verfügung hat. Sebastian Pass ist ein erstklassiger, sprachscharfer Johann: ein Nestroy-Protagonist, auf den man zurückgreifen wird. Nicht minder gekonnt repräsentiert Stefan Suske als Spekulant Goldfuchs die Beletage im ersten Stock. Dort logieren auch, erfreulich allesamt, Rainer Galke als französischer Parvenu, Nadine Quittner als Tochter des Hauses und Katharina Klar als Dienstmädchen. Wer allerdings Lukas Holzhausen im ungarischen Idiom unterwiesen hat, sollte sich dafür auf der Botschaft verantworten: Was man hört, erinnert tendenziell an die Winnetou-Festspiele von Gföhl.

Auch zu Ebener Erde wird von Thomas Frank, Günter Franzmeier, Silvia Bra, Haymon Maria Buttinger, Steffi Krautz und, akustische Verständlichkeitsprobleme abgezogen, Claudia Kottal erfreulich agiert. Christoph Rothenbuchner bewegt sich geschmeidig zwischen den Klassen.

Kommentare

Rabenschwarzer Nestroy im Volkstheater Wien: „Ich weiß keine Rettung,....“
Einige Anmerkungen zur Inszenierung von Susanne Lietzow von „Zu ebener Erde und erster Stock“
Susanne Lietzow verstört mit ihrer Inszenierung „Zu ebener Erde und im ersten Stock“ :
kontrovers wurde die Inszenierung schon vom Premieren Publikum aufgenommen, kontrovers wird diese Regiearbeit der zweimaligen Nestroypreisträger

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