Ein Mann von
La Mancha, so gut es geht

Heinz Sichrovsky über eine sehenswerte Musical-Produktion, die nostalgisch stimmt

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Volksoper - Ein Mann von
La Mancha, so gut es geht

Über einen klassischen Stoff oder eine Persönlichkeit der Geschichte (derzeit: Mozart) einen Hektoliter musikalischer Austauschbarkeit zu kippen, ist leidvolle Praxis. Die „Don Quijote“-Adaption von Dale Wasserman (Buch) und Mitch Leigh (Musik) kommt aus einer anderen Zeit. Damals setze sich ein qualifizierter Librettist noch seriös mit einer weltliterarischen Vorlage auseinander, und ein Komponist, der den Berufsstand ehrte statt schändete, ersann dazu eine Musik, die Teil des klassischen Repertoires wurde. Dass sich die historischen Ereignisse um den Dichter Cervantes anders zugetragen haben als in Wassermans Libretto, ist unerheblich. Der historische Cervantes war kein Held des antiklerikalen Widerstands, sondern ein genialer Luftikus, angeklagt der Veruntreuung öffentlicher Mittel. Tut nichts: Der von der Inquisition eingekerkerte Dichter und Theaterdirektor (der Cervantes nie war), der den Mitgefangenen die Geschichte von Don Quijote vorspielt, ist eine wunderbare Gestalt, eine Glanzrolle für einen großen Singschauspieler, und auch seiner Entourage ist Dankbarstes zugedacht.

An der Volksoper leistet der Dirigent Lorenz C. Aichner mit dem gut disponierten Orchester tadellose Arbeit. Der Regisseur Olivier Tambosi und sein Ausstatter Friedrich Despalmes erzählen die Geschichte mit Verve und Sensibilität. Einen großen Titeldarsteller hat man auch: Robert Meyer ist tragischer Held, Pointendompteur und Sänger ohne Furcht und Tadel. Andererseits zeigt die Aufführung, dass Protagonisten dieses Formats rar geworden sind. Vor etlichen Jahren war Meyer noch der Sancho Pansa neben dem großen Karlheinz Hackl, und Meyers Rollenvorgänger waren Fritz Muliar und Heinz Petters. Heute besetzt man diesen kostbaren zweiten Mann schon mit dem jungen Kraftprotz Boris Pfeifer, der sich auf offener Szene als feister Grobian verkleidet. Blanche Aubry und, Inhaberin einer durchaus speziellen Aura, Dagmar Koller waren einmal die Hure Alonsa. Patricia Nessy entledigt sich der Rolle nach anfänglicher stilistischer Unschlüssigkeit durchaus souverän. Aber da war eben schon einmal etwas anderes, nicht zu reden von Pfeifers Sancho Pansa.

Ansonsten zeigt sich das Ensemble mit Martina Dorak, Thomas Sigwald und Mehrad Montazeri sehr gut, mit Christian Graf und Christian Dolezal ordentlich aufgestellt. Die Produktion wird viele gute Jahre erleben, in deren Verlauf auch die Erinnerungen verblassen werden.

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