Vienna Insurance Group
bekommt eine neue Chefin

Hagen wirft wegen Differenzen Handtuch - Stadler wird erste Frau an der Spitze

Mit Prof. Elisabeth Stadler kommt erstmals ein Top-Versicherungskonzern in Österreich unter weibliche Leitung: Sie folgt mit 1. Jänner bei der Vienna Insurance Group (VIG) dem bisherigen Vorstandschef Dr. Peter Hagen nach, der "wegen Auffassungsunterschieden" vorzeitig mit Jahresende seine Funktion niederlegt. Für den Markt kommt der Abgang überraschend, wie ein Analyst zur APA sagte.

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bekommt eine neue Chefin © Bild: Format Lukas Ilgner

Wegen Differenzen "über die weitere strategische Ausrichtung und Führung des Konzerns" scheidet Hagen "im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat" mit Wirkung von 31. Dezember, wie der Konzern am Mittwochabend mitteilte. Der Vertrag des bald 56-Jährigen, der seit 1. Juni 2012 CEO ist, wäre noch bis Juni 2018 gelaufen.

Hagen-Abgang kommt überraschend

Für den Markt kam die Nachricht vom Rücktritt des VIG-Konzernchefs Hagen Mittwochabend einigermaßen überraschend. Vorerst wurde nur vage herumspekuliert, was den Ausschlag gegeben haben dürfte. "Gut ist, dass sie sofort eine Lösung gefunden haben", hieß es in Börsianerkreisen zur APA.

Hagen, der im Juni 2012 dem früheren langjährigen VIG-Chef Günter Geyer nachgefolgt ist - dieser wechselte an die Aufsichtsratsspitze -, hatte trotz vieler Unkenrufe auch von Mitbewerbern konsequent an dem eingeschlagenen CEE-Expansionskurs festgehalten. Er glaubte an die Wachstumsstory Osteuropa - die Gewinne in der großen Region gaben dem Konzernchef auch meist recht. Zwar gab es in Rumänien ebenso verlustträchtige Stolpersteine wie im Autogeschäft in Italien. Bei den Problemfällen griff Hagen aber durch, manchen vielleicht manchmal auch zu forsch. Auch der Aufsichtsrat zeigte sich unerbittlich, denn wegen der Italien-Verluste der VIG-Tochter Donau ehe Stadler dort tätig war, nahmen schon Vorstände den Hut.

Im VIG-Konzern gehörte Hagen seit 1. Juli 2004 dem Vorstand an, 1989 war der Absolvent der Rechtswissenschaften ins Vorläuferunternehmen Wiener Städtische eingetreten. Von 1989 bis 2002 leitete er den internationalen Bereich und gehörte in der Zeit den Vorständen von tschechischen und slowakischen Töchtern an. 2008 bis 2011 war er Generaldirektor des Rückversicherers VIG RE, ehe ihm per Oktober 2009 der Titel Generaldirektor-Stellvertreter der VIG verliehen wurde. Mit 1. Juni 2012 avancierte er - als ausdrücklicher "Wunschnachfolger" von Geyer - zum Generaldirektor und Vorstandschef des Konzerns.

1. Frau an der Spitze von Top-Versicherungskonzern

Die neue VIG-Chefin Stadler ist die erste und einzige Chefin eines heimischen Top-Versicherers und aktuell auch die einzige Frau als CEO eines ATX-Unternehmens.

Die Versicherungsmathematikerin Stadler wurde am 1. Dezember 1961 geboren und ist seit 1. September 2014 Generaldirektorin der zum VIG-Konzern gehörenden Donau Versicherung. Zuvor stand sie ab November 2009 als Vorstandsvorsitzende der Ergo Austria International AG an der Spitze der Österreich-Tochter der deutschen Ergo-Versicherung und war ab 2003 Vorständin im UNIQA-Konzern gewesen.

Begonnen hat Stadler ihre Karriere nach dem Studium der Versicherungsmathematik an der TU Wien im November 1983 in der Bundesländer Versicherung, einer Vorgänger-Gesellschaft der heutigen UNIQA. Nach diversen Karrierestationen im Bereich der Lebensversicherung wurde die Niederösterreicherin 2003 in den Vorstand der UNIQA Personenversicherung bestellt, ab 2005 war sie zusätzlich auch im Vorstand der zum UNIQA-Konzern gehörenden Raiffeisen Versicherung und der Finance Life Lebensversicherung AG.

AR-Mitglied ist sie aktuell unter anderem in der Österreichischen Post AG, den Casinos Austria und der Hagelversicherung. Weiters ist sie im Beirat der Österreichischen Aktuarvereinigung, Präsidentin der Gesellschaft für Versicherungsfachwissen, Vizepräsidentin des Österreichischen Roten Kreuzes. Zu Stadlers Hobbys zählen Golf und klassische Musik.

VIG-Konzern hat knapp über 22.800 Mitarbeiter

Der VIG-Konzern mit zuletzt knapp über 22.800 Mitarbeitern nahm heuer bis September 6,912 Mrd. Euro an Prämien ein. Die Combined Ratio - Schäden und Kosten gemessen an den Einnahmen - verbesserte sich dabei auf 96,9 (97,2) Prozent. Eine IT-Abschreibung von 195 Mio. Euro drückte den Gewinn vor Steuern (EGT) der VIG in den ersten drei Quartalen jedoch auf 175,3 Mio. Euro, ansonsten hätte er rund 370 Mio. Euro ausgemacht. Im 3. Quartal selbst rutschte die VIG durch den "Schlussstrich" unter zugekaufte Kosten sogar in die roten Zahlen.

In Österreich und Osteuropa ist die VIG mit rund 50 Gesellschaften in 25 Ländern vertreten. Zum VIG-Konzern gehören hierzulande die Wiener Städtische, die Donau Versicherung und die s Versicherung. An Wiens Börse ist sie das bestgeratete Unternehmen im Leitindex ATX, zudem notieren die VIG-Titel noch an der Prager Börse.

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