So werden Sie fit
für den Wien-Marathon

Mit dem richtigen Trainingsplan können auch Hobbyläufer den VCM noch schaffen

In elf Wochen, am 23. April, findet der Vienna City Marathon statt. Experten geben Tipps zur Vorbereitung auf den Wettkampf, die auch Läufern nützen können, die nicht vorhaben, die vollen 42,195 Kilometer zu bewältigen.

von Mann wärmt sich fürs Laufen auf © Bild: iStockphoto.com

Ein Haus bauen, einen Baum pflanzen, einen Marathon laufen. Unter Laufbegeisterten sind die 42,195 Kilometer beinahe eine magische Zahl. Viele träumen davon, zumindest einmal diese Strecke zu bewältigen. Bald bietet sich wieder die Gelegenheit dazu: Am 23. April findet der Vienna City Marathon statt, Österreichs größte Laufveranstaltung. 2016 liefen rund 42.500 Teilnehmer entweder die volle Distanz, den Halbmarathon, als Mitglied einer Staffel oder bei den Nachwuchsläufen. Auch heuer werden mehr als 42.000 Anmeldungen bei allen Bewerben erwartet. Die meisten Läufer stecken ohnehin schon mitten in den Vorbereitungen. Wer den Marathon bestreiten möchte, sollte aber spätestens jetzt, elf Wochen davor, damit beginnen. Das Gleiche gilt für den Halbmarathon, den auch Läufer in Angriff nehmen können, die zu wenig Zeit zum Trainieren hatten, dem Sport noch nicht so lange nachgehen oder einfach keine so lange Strecke laufen möchten.

»Der Weg zum Marathon ist definitiv genial«

"Die Marathonvorbereitung ist gesund, der Marathon selbst nicht", lautet ein gängiger Spruch. "Der Weg dorthin ist definitiv genial", sagt Christian Gäbler, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie und medizinischer Direktor des Vienna City Marathons. Regelmäßiges Training senkt das Herzinfarktrisiko um mehr als die Hälfte, vermindert die Gefahr von Lungenerkrankungen, Krebs, Diabetes und Bluthochdruck. Der Bewerb selbst muss auch keine gesundheitlichen Schäden zur Folge haben, vorausgesetzt, man bereitet sich entsprechend darauf vor. Denn eine Extrembelastung für den Körper ist er allemal. "Wer jetzt mit der Vorbereitung anfängt, sollte schon über einen längeren Zeitraum zwei- bis dreimal in der Woche trainieren und dabei zwischen 20 und 30 Kilometer zurücklegen", erläutert Lauftrainer und Sportwissenschaftler Harald Fritz.

Der Grund, warum man nicht binnen drei Monaten von null auf Marathon trainieren kann, sind verschiedene Systeme im Körper, die sich unterschiedlich schnell entwickeln, wie Herz-Kreislauf-System, Muskulatur, passiver Bewegungsapparat, also Knochen, Gelenke und Bänder, Stoffwechsel und Psyche. "Das Herz-Kreislauf-System und die Muskulatur gewöhnen sich schnell an die Belastung, aber der passive Bewegungsapparat hält nicht mit, weil er länger braucht." Nehmen Läufer darauf keine Rücksicht, können Überbelastungen die Folge sein. Daher ist es notwendig, den Körper langsam an längere Distanzen zu gewöhnen, egal ob Marathon oder Halbmarathon. Zudem rät Fritz Hobbyläufern dringend zu einer sportmedizinischen Untersuchung, ehe sie sich ins Training stürzen. Das betrifft vor allem, aber nicht nur Personen über 35 Jahre, die erst beginnen, sich sportlich zu betätigen, oder eine lange Pause hinter sich haben.

Im Schneckentempo

Im Training gilt das auf den ersten Blick skurril anmutende Prinzip: Langsam laufen macht schnell. "Der lange Lauf ist die wichtige Einheit", sagt Fritz. Bei einer Marathonvorbereitung bedeutet das mindestens zwei Stunden laufen - im Schneckentempo. "Auf diese Weise trainiert man den Fettstoffwechsel. Man bringt dem Körper bei, beim Laufen auch die Fettreserven zu verbrennen. Sonst greift er nur auf die Kohlenhydratspeicher in Muskeln und Leber zurück", erklärt Gäbler, der das Zentrum für Sport- und Gelenkchirurgie der Sportordination in Wien leitet. "Läufer, denen das passiert, sind je nach Trainingszustand nach 25 oder 30 Kilometern komplett leer und fertig. Im Extremfall ist der Marathon dann gelaufen."

Zielführend ist es zudem, nicht jede Woche gleich schnell und gleich lange zu trainieren, sondern Phasen intensiver und leichterer Belastung abzuwechseln. "Ein häufiger Fehler ist es, langsame Einheiten zu schnell und schnelle zu langsam zu trainieren", sagt Fritz. "Viele Leute laufen in einem Mischbereich, weil das weder langweilig noch besonders anstrengend ist." Der Trainingseffekt ist aber geringer.

Eine tragende Rolle beim Laufen kommt dem Schuhwerk zu. Das gilt für Marathonis wie für Gelegenheitsjogger. "Ich bedaure immer wieder, dass Läufer zwar viel Zeit, Energie und Liebe in ihren Sport stecken, aber nicht auf die Schuhe achten", sagt Mediziner Gäbler. Dabei können falsche Schuhe zu Verletzungen wie Läuferknie, Achillessehnen- und Muskelproblemen führen. Einen allgemein richtigen Laufschuh gebe es nicht, nur den richtigen für eine bestimmte Person. "Die Schuhe sollten individuell abgestimmt sein, etwa auf den Abrolltyp", sagt Gäbler. Herausfinden kann man das mittels Laufstilanalyse, die manche Fachgeschäfte, sportmedizinische und sportwissenschaftliche Einrichtungen wie die Sportordination oder Lauftrainer wie Harald Fritz anbieten. Idealerweise sind Schuhe zwei Monate vor dem Rennen eingelaufen. Sind sie älter als ein Jahr und haben mehr als 1.000 Kilometer auf dem Buckel, ist es allmählich Zeit für neue, weil die Dämpfung nachlässt.

Keine Zeit für Diät

Eine der Butterseiten der Vorbereitung auf einen Wettkampf ist, dass man sich weder mit Schlankheitskuren noch mit Sorgen um die Figur herumzuschlagen braucht. "Eine Marathonvorbereitung ist definitiv der falsche Zeitpunkt für eine Diät. Unterversorgung führt zu Leistungsminderung", sagt Nina Kienreich, Ernährungswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Sport. Das heißt nicht, dass man sich von Schokolade und Fast Food ernähren darf, aber zumindest Low Carb ist vom Tisch: "Während eines Marathons sind gut gefüllte Glykogenspeicher wichtig. Während intensiver Trainingsphasen nimmt man 50 bis 70 Prozent der Nahrungszufuhr über Kohlenhydrate zu sich." Wichtig sind komplexe Kohlenhydrate aus Getreideprodukten wie Dinkel, Weizen, Hafer und Roggen sowie Hülsenfrüchte und Obst. Besonders viel davon konsumieren Läufer in den letzten Tagen vor dem Bewerb, Carboloading heißt das.

»Eine Marathonvorbereitung ist definitiv der falsche Zeitpunkt für eine Diät«

Kienreich empfiehlt, auf die Zufuhr der Antioxidantien Vitamin A, C und E zu achten, die in rotem, gelbem und grünem Gemüse sowie in Zitrusfrüchten und Beeren vorhanden sind. Mit Vorsicht genießen sollten Läufer hocherhitzte Fette wie frittierte oder panierte Produkte, weil sie die Verdauung belasten, und Alkohol, weil er die Regenerationsfähigkeit hemmt. Die Expertin warnt auch davor, aufs Geratewohl zu Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen: "Supplementieren sollte man nur gezielt, wenn tatsächlich ein Mangel besteht."

Sowohl bei der Ernährung als auch beim Training gilt aber: auf den eigenen Körper hören. "Wenn jemand das Gefühl hat, eine kleine Pause zu brauchen, sollte er sich die nehmen, statt den Plan auf Biegen und Brechen durchzuziehen", sagt Lauftrainer Fritz. Und wenn die Zeit nicht reicht, sich auf den Vienna City Marathon vorzubereiten, gibt es in Österreich viele andere Laufveranstaltungen, die einen Besuch wert sind, etwa den Achenseelauf in Tirol am 3. September, den Wachau-Marathon am 17. September, den Graz-Marathon am 8. Oktober, der am gleichen Tag stattfindet wie der 3-Länder-Marathon an den Ufern des Bodensees. Oder man nimmt sich heuer erst einmal Halbmarathon oder Staffel vor. Denn Laufen soll in erster Linie Freude machen.

Kommentare