"Nur noch ein vollgeweintes Taschentuch"

Uta Saabel über ihr Leben mit Enrst Fuchs, die Familie & ihr Leben als Außenseiterin

Auch wenn Uta Saabel die Verlobte des verstorbenen Malerfürsten Ernst Fuchs war - in dessen weitverzweigter Familie blieb sie stets die Außenseiterin. Uta Saabel im Interview mit News.

von Uta Saabel © Bild: Sebastian Raich

Frau Saabel, konnten Sie von Ihrer Lebensliebe Ernst Fuchs noch Abschied nehmen?
Uta Saabel: Ich war bis zuletzt an seinem Spitalsbett. Er sagte noch: "Wann fahren wir jetzt, wann fahren wir? Fahren wir ins Atelier, ich will malen." Ich habe ihm gesagt: "Ernst, wo wir auch sind, wir sind zu Hause." Ich hatte das Zimmer mit meinen Bildern ausstaffiert, damit es nicht so trist wirkte. Dann spürte ich, wie sein Atem schwächer wurde, da bin ich schnell hinaus, um die Krankenschwester zu holen. Sie kam rein, machte statt des gedämpften Lichtes das Spotlight an -da war der Ernst schon tot. Es war so merkwürdig, ihn tot zu sehen, er sah aus wie ein Pharao. Das war um 2.40 Uhr früh, sein Sohn Michael und ich sind noch bis halb sieben bei ihm gewesen. Es fällt so schwer, sich daran zu gewöhnen, dass er plötzlich nicht mehr da sein soll.

In seinem letzten persönlichen Gespräch mit News am 20. Mai dieses Jahres meinte er: "Uta Saabel hat, was nur wenige Menschen haben: Unschuld und ein reines Herz." Wie könnte er das gemeint haben?
Ich hatte zum Ernst ein sehr aufrichtiges Verhältnis, da war nichts Verlogenes. Es war eine unkonventionelle Liebe, wir haben über all diese Hasstiraden, die viele Beziehungen beherrschen, über diesen Kampf zwischen Mann und Frau hinaus geliebt.

Erzählen Sie doch über die Anfänge Ihrer Beziehung.
Ich haben den Ernst am 3. Jänner 1981 kennengelernt, damals habe ich ihm einen Schokoladen-Schornsteinfeger als Neujahrsgruß mitgebracht. Darüber hat er sich riesig gefreut. Ich habe ihn damals in seiner Villa besucht. Ich dachte mir: Wenn ich schon in Wien bin, dann muss ich doch einen der größten Künstler der Stadt kennenlernen. Ich hatte ihn zuvor nur im deutschen Fernsehen gesehen, im Wohnzimmer meiner Eltern, als 17-jährige Berufsschülerin. Damals war ich sehr religiös und auf Gottsuche, da war der Ernst in seiner tiefen Religiosität der ideale Ansprechpartner. Bei meinem Besuch hat er mir seine Bilder erklärt - und dann stand da in der Villa ein kleines Keyboard, auf dem ich ein bisschen herumklimperte, und der Ernst hat mitgesummt. Ich spielte "Oh, my love, my darling", der Song heißt "Unchained Melody".

Liebe auf den ersten Blick?
Zunächst war da meinerseits Respekt, dass ein so großer Künstler sich in ein so kleines Samenkorn wie mich verlieben kann. Das hat mich überwältigt.

»Ich bin mir oft vorgekommen wie sein Akkumulator, wie sein zweites Herz in ihm.«

Dann wurden Sie zu seiner sogenannten Muse - was dürfen wir Nicht-Bohemiens uns denn darunter vorstellen?
Die Engel in seiner Klagenfurter Kapelle, die Farben meiner Kleidung in seinen Bildern - er wurde durch mich stark inspiriert. Ich bin mir oft vorgekommen, als wäre ich sein riesiger Akkumulator, ein zweites Herz in ihm. Deswegen wissen alle, dass der Ernst ohne mich nicht richtig glücklich ist - oder war.

Was hat dieses Glück ausgemacht?
Wenn ich da war, bedeutete das für ihn Sicherheit. Vielleicht so wie bei Kindern, die wissen, dass ihre Eltern da sind. Ich habe empfunden, dass ich jemand bin, dem er voll vertrauen kann. Er musste mich auch nie anlügen: Er hatte ja viele andere Freundinnen - und ich bin da immer so eine Art Seelsorgerin gewesen, eine Klagemauer. Viele Menschen geben eine Beziehung auf, sobald eine Kleinigkeit nicht stimmt, auch wir hatten viele Höhen und Tiefen. Aber wir haben uns nie einer so starken Verzweiflung hingegeben, dass wir uns hätten trennen können. Ich fand einmal Damenunterwäsche und Büstenhalter im Badezimmer - aber mit so was konnte man mich nicht schockieren.

Ernst Fuchs
© Stefan Gergely Fuchs im Mai vor seinem Selbstbildnis "Kerker der Tränen"

Er führte das Leben des Frauenfreundes, und Sie hatten Verzicht zu üben?
Nein, kein Verzicht, keine Qual. Ich bin nicht der Mensch, der das Bedürfnis gehabt hätte, zehn oder zwanzig andere Männer zu haben, deswegen passte es wahrscheinlich so gut zusammen.

War da nie Eifersucht?
Nur manchmal, wenn Menschen kamen, die einen Keil zwischen uns treiben wollten. Manche Schülerinnen wirkten so, als ob man sie dazu aufgebaut hätte, dem Ernst schöne Augen zu machen.

Im Jahr 2012 hat Toni Faber im Stephansdom Ihre Verlobungszeremonie gestaltet. Wie wichtig war das für Sie beide?
Verloben tut man sich, wenn man sich liebt. Und dem Ernst war wichtig zu sagen: "Das ist meine Frau." Wir sind gewissermaßen verheiratet, denn unser Trauschein ist das Vertrauen zueinander. Der Ernst war ein so religiöser Mensch, dass ihm wichtig war, dass unsere Beziehung von Gott geweiht ist.

»Der Wunsch vom Ernst ist, dass sich niemand um seine Sachen streiten soll.«

Dennoch hatte man als außenstehender Beobachter stets den Eindruck, dass Sie im großen Fuchs-Clan stets die Außenseiterrolle hatten.
Welche Familie? Was ist denn der Fuchs-Clan? Der Ernst hatte keinen Clan, sondern sieben Kleinfamilien. Der Ernst und ich haben zwei Kinder, auch wir sind die Familie. Wenn man mit der Familie vom Ernst sprechen will, muss man mich anrufen. Oder muss man da seine Managerin anrufen? Ich denke, dass da viel Eifersucht dabei ist. Es kann sein, dass man lieber gehabt hätte, dass ich für den Ernst nur ein Gspusi gewesen wäre: Es geht ihm gut, er hat seine Inspiration, und wenn die Uta nicht mehr da ist, kommt sein nächstes Gspusi.

Vor drei Jahren sagte Ernst Fuchs in einem Interview: "Die Uta erbt alles." Das heißt im Umkehrschluss: Die anderen erben nichts.
Die anderen bekommen nichts mehr von dem, was ohnehin nicht mehr da ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Ernst nur noch sein vollgeweintes Taschentuch, da war schon alles weg, da gab es nichts mehr zu vererben.

Er selbst hat öffentlich stets den Mythos des eigenen Reichtums gepflegt.
Wenn man in die prachtvolle Fuchs-Villa kommt, glaubt man gar nicht, dass dieser Mensch nur mit einem Butterbrot und einem Glas Milch zufrieden war. Das eigene Werk, seine Kunst, das war sein wahrer Reichtum.

Ist da noch etwas, was Sie der Öffentlichkeit gerne mitteilen wollen?
Der Wunsch vom Ernst ist, dass alle friedlich Hand in Hand miteinander leben und dankbar sind für das, was er erschaffen hat. Und dass sie das so respektieren sollen wie in der Zeit, in der er noch lebte. Und dass sich niemand um seine Sachen streiten soll.

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