Obamas irrer Gegner

Mit einem Stiefel am Kopf zieht Anarchist Vermin Supreme ins Rennen

Vermin Supreme hört sich nicht wie ein Verrückter an, auch wenn sein Vorhaben verrückt klingen mag, und sein Aussehen den Vorwurf kaum mildert. Der 50-Jährige, dessen Markenzeichen ein als Hut am Kopf getragener Stiefel ist, tritt in den parteiinternen Vorwahlen der US-Demokraten gegen Barack Obama an. Es ist eine aussichtslose Angelegenheit, denn der amtierende Präsident ist in seiner Partei unangefochten an der Spitze. Doch das stört seinen selbsternannten Kontrahenten nicht. "Natürlich bin ich ein Protestkandidat, was dachten Sie denn?", sagt Vermin mit ruhiger, sonorer Telefonstimme im Gespräch. Zu Obama gebe es keine ernste Alternative, aber darum gehe es ihm auch nicht.

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Selbst die US-Medien berichten eigentlich nicht über die Vorwahlen der Demokraten, auch wenn sie in jedem Bundesstaat stattfinden, und bei einigen Runden mehr als ein Dutzend Kandidaten neben Obama am Wahlzettel stehen. Meist sind es Einzelthemen und persönliche Anliegen, die die aussichtslosen Kandidaten antreibt, ins Rennen gegen den amtierenden Präsidenten zu ziehen. Der Bekannteste unter ihnen ist Supreme, der Held vieler Occupy-Aktivisten und der Hippie-Bewegung "Rainbow Gathering".

Supremes kleiner Sieg
Videos im Internet zeigen den selbst erklärten Anarchisten als lachenden Schelm, der mit langem Rauschebart und Stiefel am Kopf vor einer Schar Anhänger spricht. An frostigen Jännertagen steht Supreme in Neu-England gemeinsam mit seinen Mitstreitern am Rande von Wahlkampfveranstaltungen der Republikaner, um gegen den Ausverkauf der USA an große Konzerne zu protestieren. "Ich habe mein Ziel hier erreicht", erklärt er verblüfften Reportern vor dem Eingang einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Favoriten Mitt Romney. Sein Sieg bestehe darin, auf eigene Art die Debatte um die Präsidentschaftswahlen mit zu beeinflussen. Für ihn ist es auch kein Widerspruch, gegen die Republikaner zu protestieren, und dennoch gegen Obama anzutreten. Wer über ihn berichte, verschaffe ihm die nötige Aufmerksamkeit - das genüge, erklärt er verschmitzt.

Selbst der Name ist als Provokation gemeint. Vermin Supreme, im Deutschen übersetzbar als "Oberstes Ungeziefer", ließ sich amtlich umbenennen, um mit seinem Alias bei der Vorwahl im US-Staat New Hampshire im Jänner auf dem Wahlzettel zu stehen. "Alle Politiker sind Ungeziefer, und ich bin das beste Ungeziefer von allen", lautet sein Wahlkampfslogan. Als seine Aufgabe sehe er, seine Kritik am autoritären Regierungssystem als eine Art Performance auf die Bühne zu bringen. "Ich will zeigen, wie Anarchismus in der Praxis funktionieren kann."

Als fahrender Spielmann brachte Supreme im Laufe der Jahre schon so manches Schauspiel auf die Bühne der US-Politik. Als Kandidat tritt er für ein Gesetz zum verpflichtenden Zähneputzen ein, und verspricht ein Pony für jeden Amerikaner. "Gibt Mitt euch ein Pony?", ruft er vor einem Gebäude, in dem der Republikaner auftritt, in die Menge. Tausend Dollar (754 Euro) musste er bezahlen, um in dem kleinen Staat New Hampshire antreten zu dürfen. Das sei es aber wert gewesen, sagt er. "Ich muss mir anschauen, was unsere Unterdrücker im Schilde führen." Darum trete er seit 20 Jahren bei Präsidenten-Vorwahlen an, und darum werde er auch wieder antreten. "Wenn Du nicht dabei bist, um zu gewinnen, dann kannst Du auch nicht verlieren", sagt Vermin Supreme, der weise Narr.