So ist Ulrich Seidls "Im Keller"

ÖVP-Nazis, Waffen und Obszönes: Humorvolle, aber nicht einfach zu verdauende Doku

von Ulrich Seidl - Im Keller © Bild: Stadtkino Filmverleih

Da wird im großen Gewölbe geschossen und gesungen, dort werden im kleinen Kellerabteil Schachteln mit täuschend echten Babypuppen gehortet, wo anders sitzen Blasmusiker in geselliger Runde inmitten von NS-Devotionalien, während in anderen Untergeschoßen sexuelle Fantasien ausgelebt werden. Der Keller als Ort des Heimeligen und Unheimlichen, des Privaten und des Verborgenen, des individuellen und des kollektiven Rückzugs. Wieder einmal beweist Seidl seine Meisterschaft im Umgang mit jenen Dingen des Lebens, die so gerne ausgeblendet oder unterdrückt werden.

Ulrich Seidl - Im Keller
© Stadtkino Filmverleih

"Im Keller spürt man alles"

In den kleinen Ausschnitten unterschiedlicher Lebenswelten spiegeln sich dabei immer auch die großen Themen der Menschheit: Es geht um Wünsche und Sehnsüchte, um Obsessionen und Bedürfnisse, um die "Rituale von Leben und Tod", wie es der Filmessayist Olaf Möller in seinem Begleittext zur Doku formuliert. "Im Keller spürt man alles", sagt einer der Blasmusiker und vermittelt damit einen Eindruck dessen, welchen Stellenwert der Keller für die österreichische Seele eingenommen hat.

Ulrich Seidl - Im Keller
© Stadtkino Filmverleih

Der eigene Blick auf die Wirklichkeit

In schön kadrierten Tableaus von Martin Gschlacht, der den Film auch koproduzierte, beobachtet und inszeniert Seidl, ohne zu werten oder seine Protagonisten zu verurteilen. "Jeder von uns hat seine Ängste und Abgründe", sagt Seidl im Presseheft. "Mir geht es nie darum, die Wirklichkeit abzubilden, sondern aus der vorgefundenen Wirklichkeit den eigenen Blick zu finden. Damit zeige ich meinen Blick auf die Welt."

Ulrich Seidl - Im Keller
© Stadtkino Filmverleih

Präzise und nicht immer leicht verdaulich

Seidls Blick verfehlt auch diesmal seine Wirkung nicht: Waffen, Ausländerfeindlichkeit und obszöne Witze stehen hier neben durchaus expliziter Nacktheit, gefährlichen Tieren und unzähligen Sportgeräten. Und beständig herrscht das fragende Gefühl vor, ob man eigentlich so genau wissen wollte, was sich in den heimischen Kellern wirklich abspielt. "Im Keller" ist präzise gearbeitet, mit Humor unterfüttert und nicht immer leicht verdaulich. Und genau deshalb ein hervorragender Film.

Ulrich Seidl - Im Keller
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