Udo Jürgens: Sein bewegtes Leben

Der große Entertainer über sich: "Wollte Lebensängste mit Musik abbauen"

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    1960

    Udo Jürgens mit seinem Sohn Johnny, Mitte der 1960er Jahre

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    1965

    Udo Jürgens 1965

"Schnapszahlen haben mein Leben bestimmt", so blickt Udo Jürgens im NEWS-Interview auf sein Leben zurück: Seinen 11. Geburtstag zu Kriegsende im Jahr 1945 hat er ganz besonders intensiv wahrgenommen. 1966 gewann er mit "Merci Chérie“ den Song Contest, und "Mit 66 Jahren fängt das Leben an“ wurde zu einem seiner Erfolgs-Hits.

"Ich stehe vor meinem 80. Geburtstag, manche sehen das als Greisenalter“, sagte der Ausnahme-Entertainer damals im Interview und verriet, ob er seine Ziele im Leben erreicht hat.

NEWS: Haben Sie im Leben alle Ziele erreicht?
Udo Jürgens: Ich habe mein Leben nie so angepackt, dass ich Ziele erreichen wollte. Mir war das Hinsteuern auf ein Ziel immer wichtiger. Denn in der Sekunde, in der man ein Ziel erreicht hat, in der sich eine Sehnsucht erfüllt, ist sie tot. Es ist wie beim Film zu meinem Buch, der wie ein positiver Schicksalsschlag über mich hereingestürzt ist – unglaublich – aber am Tag, nachdem er gezeigt sein wird, ist alles vorbei. Das wird ein schmerzlicher Moment des Abschieds, wenn das Projekt zu Ende ist.

NEWS: Sich Ziele stecken: Raten Sie das der Jugend? Denn heutzutage entladen in vielen Ländern Europas Jugendliche ihre Unzufriedenheit in Krawallen.
Jürgens: Ja, man muss sich auf den Weg machen, sich Ziele setzen. Aber man darf dabei nicht dauernd ans Geldverdienen, an den kommerziellen Erfolg, denken. Ich bin Musiker geworden, und mir war damals klar, dass ich nicht reich werde. Aber ich bin reich geworden – ohne, dass das mein Plan war. Mir ging es darum, mit der Musik Menschen zu bewegen und meine Lebensängste – von denen ich reichlich hatte – zu bezwingen. Denn ich hatte als Kind übertrieben viele Ängste, durch die NS-Zeit, die ich erlebt hatte. Ich hatte jahrelang arge Alpträume. Denn es ist sicher nicht für Kinderaugen bestimmt, zu sehen, wie Menschen erschossen werden. Trotzdem bin ich froh, Geschichte erlebt zu haben, weil ich die Zusammenhänge besser verstehe. Beispielsweise, dass rechts- oder linksradikale politische Einstellungen zu Mord und Totschlag führen können. Wenn ich das damals nicht erlebt hätte, würde ich heute nicht so gut verstehen, welch furchtbares Leid Radikalismen anrichten können.

NEWS: In Ihrem Musical "Ich war noch niemals in New York" geht es auch um Liebe zwischen älteren Menschen. Wollten Sie hier Tabus ansprechen?
Jürgens: Wir haben mit dem Stück Tabubrüche begangen. Wir lassen eine ältere Dame und einen älteren Herren frivole Dinge sagen. Aber wir wollten hier keine geschmacklosen Szenen zeigen. Ich selbst finde es nicht sehr hilfreich, wenn man alte Menschen permanent zu ihrer Sexualität befragt oder sogar während dessen zeigt. Solche Schilderungen finde ich anstößig und ich finde es auch nicht gut, wenn man dauernd über Sexualpraktiken redet. Man sollte vielmehr über damit verbundene Probleme sprechen: Warum haben ältere Menschen Angst vor Sex und vor dem Leistungsdruck, der damit zusammenhängt? Das zu analysieren finde ich viel interessanter. Was wir hingegen schon im Musical zeigen, ist der erste schwule Kuss in einem Unterhaltungstheaterstück. Das haben wir lange diskutiert und uns dann dafür entschieden. Homosexualität hat mich noch nie aufgeregt und ist am Theater auch weiter verbreitet. Das ist für mich kein Problem.

NEWS: Ist die Offenheit am Theater, bei Künstlern und Musikern auch etwas, das Sie optisch so jung hält?
Jürgens: Also, ich weiß nicht recht. Ich bin in einem fortgeschrittenen Alter und weiß, dass ich nicht nur älter, sondern alt bin. In drei Jahren werde ich 80, das bezeichnen manche Menschen schon als Greisenalter. Aber ich bin in meinem Gefühl ewig weit davon entfernt. Natürlich leistet hier mein Umgang mit vielen jungen Menschen, mit Künstlern und Musikern einen Beitrag. Letztlich ist es aber die Musik, der Klang von Harmonien, das Bemühen, ein schönes Stück zu schreiben, das ein Glücksgefühl erzeugt. Somit lebe ich wahrscheinlich etwas glücklicher als andere.

Kommentare

Franz Reindl

seine Stimme war so ungenießbar, daß er sie über hundert Millionenmal an all die verkaufen "musste", denen sie außerordentlich gut gefallen hat! So wie mir! Er wird sehr vermisst!

Stimmen vergehen, aber die Erinnerung bleibt - mit Menschen ist das leider anders und zwar mit dem Unterschied, dass es da schon zu Lebzeiten welche gibt, die voll ungenießbar sind, z.B. Herr Tavington !
Ehret wenigstens die Toten !

seine stimme, na ja, ned böse sein, aber seine stimme war ungeniessbar.

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