Hälfte sexistischer Tweets von Frauen

Studie untersuchte 1,5 Millionen frauenfeindliche Tweets – mit überraschendem Ergebnis

Drei Wochen lang beobachtete ein britischer Think Tank frauenfeindliches Verhalten auf Twitter. Mit einem Algorithmus wurden knapp 1,5 Millionen Tweets mit sexistischen Reizwörtern genauer durchleuchtet. Überraschend dabei: Rund 50 Prozent der Tweets mit sexistischer Sprache kamen von Mädchen und Frauen.

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Fakten - Hälfte sexistischer Tweets von Frauen

Belästigendes und verhetzendes Verhalten online ist auch in Großbritannien zunehmend ein gesellschaftliches Problem. Dort formierte sich dagegen die von Parlamentarierinnen unterstützte Initiative "Reclaim the Internet" ("Holen wir uns das Internet zurück"), die für gesetzliche Gegenmaßnahmen kämpft. In deren Auftrag untersuchte der Think Tank "Demos" jetzt drei Wochen lang sexistische Posts auf Twitter. Ein Algorithmus wertete seit Ende April 1,46 Millionen Tweets aus, die die Wörter "slut" oder "whore" enthielten.

213.000 "aggressive" Tweets in drei Wochen

Eine Demos-Studie von 2014 hatte ergeben, dass diese beiden Wörter die mit Abstand am meisten genutzten Beleidigungen in frauenfeindlichen Online-Posts sind. Über die Hälfte der analysierten Tweets in der neuen Studie waren Werbung für pornographische Inhalte. Die übrigen 650.000, gesendet von 450.000 verschiedenen Accounts, wurden von Demos in drei Kategorien aufgeteilt: 33 Prozent, etwa 213.000 Tweets, waren "aggressiv", 9 Prozent waren auf den Absender selbst bezogen und 58 Prozent fielen unter "Anderes", also etwa Nutzer, die diskutierten, wie man Sexismus bekämpfen könnte.

Ebenfalls ausgewertet wurde, ob die beleidigenden Tweets von Männern, Frauen oder Organisationen kamen. 50 Prozent der Absender waren demnach laut Algorithmus Frauen. "Ein kurzer Blick darauf, wem die Absender auf Twitter folgen – Beyoncé, One Direction und Justin Bieber – zeigt, dass es sich hier auch um normale Mädchen und Frauen handelt, und nicht nur im eine Gruppe wütender weißer Männer, die rechten Aktivisten folgt", erklärte Alex Krasodomski-Jones von Demos."Wir haben hier zwei Problemfelder. Das eine sind die wütenden Männer, aber es gibt auch ein kulturelles und gesellschaftliches Problem mit Frauen, die diese Sprache benutzen", so der Experte.

Junge Mädchen halten Beleidigungen für normal

Die Studie war von ihrem Umfang her sehr begrenzt, und Demos möchte dem Thema nun weiter nachgehen. Eine der bisher umfangreichsten Erhebungen zum Thema Online-Belästigung aus dem Jahr 2014 ergab, dass sich schwerwiegendere Übergriffe, inklusive Vergewaltigungs- und Todesdrohungen, vor allem gegen Frauen zwischen 18 und 24 richten. Männer sind dagegen eher mit Verächtlichmachung und Beschimpfungen konfrontiert. 26 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe waren online bereits gestalkt worden, und 25 Prozent waren Ziel sexueller Belästigung und körperlicher Drohungen.

Die Beteiligung von Frauen an sexistischen Posts scheint Experten nicht überraschend. Fiona Vera-Grey vom Center for Gender Equality an der Universität Durham sagte dem "Guardian": "Natürlich übernehmen junge Mädchen misogynistische Sprache, die in der Gesellschaft normal geworden ist. Diese Repräsentationen von Frauen werden nur wenig hinterfragt". Auch dass Mädchen mehr und mehr Kontakt mit Pornographie hätten, wo diese Bezeichnungen gerne benutzt werden, spiele eine Rolle. "Sie glauben, in dieser Weise beurteilt zu werden sei was es heißt, eine Frau zu sein", so die Wissenschafterin.

Kommentare

Am Sexistischsten ist es, unter Sexismus lediglich Frauenfeindlichkeit zu verstehen.

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