HIV-Prophylaxe:
Fluch oder Segen?

Warum die EU-weite Zulassung von Truvada als Prophylaxe nicht ungefährlich ist

Truvada stellt im Kampf gegen Aids einen Meilenstein dar. 2005 zur Behandlung von HIV-Patienten auf den US-Markt gekommen, wird das Medikament dort seit nunmehr vier Jahren auch für die Prophylaxe eingesetzt. Das Risiko, sich trotz ungeschützten Geschlechtsverkehrs mit dem HI-Virus zu infizieren, sinkt dabei um bis zu 75 Prozent. Während Truvada in Österreich bisher nur für die Therapie HIV-positiver Personen zugelassen war, soll es künftig auch der Prophylaxe dienen. Wie Truvada wirkt und welche Gefahren das Medikament birgt.

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Aids - HIV-Prophylaxe:
Fluch oder Segen?

Truvada wird sehr effektiv in der Therapie von HIV-positiven Personen angewendet. Es hilft, den Ausbruch von Aids zu verzögern oder gar zu verhindern. So kann ein Betroffener mit dem Medikament "30, 40 oder 50 Jahre leben, ohne dass Aids ausbricht", erläutert Dr. Christoph Baumgärtel, Arzneimittelexperte der Ages. Doch was genau ist Truvada?

So wirken Truvada und PreP

"Truvada ist ein Kombinationspräparat, basierend auf zwei Wirkstoffen", erklärt der Experte. Dabei handelt es sich um sogenannte reverse Transkriptasehemmer. Sie verhindern, dass sich das Erbgut des Virus' umschreiben kann. Mit anderen Worten: Der Virus kann sich nicht vermehren. Wendet man Truvada nun bei einem gesunden Menschen an, so hat der Virus von vornherein keine Chance, im Körper Fuß zu fassen. Auf diese Weise beugt die Arznei einer Ansteckung vor. Unter dem Namen PreP wird Truvada zur Prophylaxe eingesetzt. In den USA, und bald auch bei uns.

Für wen die Prohylaxe gedacht ist

"Um einer Ansteckung vorzubeugen, müssen gesunde Menschen täglich eine Tablette einnehmen. Und das dauerhaft." Dauerhaft und vor allem regelmäßig. "Denn die Wirksamkeit ist nur bei einer regelmäßigen Einnahme gegeben." Gleichzeitig hätten Studien ergeben, dass gut ein Drittel der Teilnehmer das Medikament nicht regelmäßig eingenommen hat. Abgesehen davon sei diese Form der Prophylaxe ausschließlich für Hochrisiko-Personen geeignet, also etwa jene, deren Partner HIV-positiv ist. Auf ein Kondom dürfe man dennoch nicht verzichten, warnt der Experte.

Nebenwirkungen der Arznei

Wie bei allen Arzneimittel, die dauerhaft eingenommen werden, können auch hier Nebenwirkungen auftreten. Wobei Schwindel und Übelkeit noch zu den harmloseren zählen. So kann es etwa auch zu Knochenerkrankungen, Nierenschäden und der Unterdrückung des Immunsystems kommen. Daher darf Truvada nur auf Verschreibung und unter strenger ärztlicher Kontrolle angewendet werden. Wobei die Medikation nicht gerade billig ist: Truvada als Prophylaxe kostet im Monat knapp 1.000 Euro. Die Krankenkassen steuern nichts bei.

Man wiegt sich in falscher Sicherheit

Die größte Gefahr liege dem Experten zufolge aber darin, dass die Einnahme von Truvada die Sorglosigkeit im Umgang mit dem HI-Virus erhöhen könnte. "Ganz nach dem Motto 'Jetzt brauche ich kein Kondom mehr', könnten sich Personen, die die Arznei einnehmen, in falscher Sicherheit wiegen. Und das könnte mehr schaden als nutzen", warnt Dr. Baumgärtel. Einmal mehr betont er daher, dass trotz Medikation nicht auf ein Kondom verzichtet werden darf. "Denn dass das Kondom nicht nur vor einer Infektion mit dem HI-Virus, sondern auch vor anderen Geschlechtskrankheiten schützt, wird leider oft vergessen."

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