Alle gegen Günther Platter

Tiroler können aus elf Listen wählen – ÖVP-Splittergruppen erweitern Angebot

In Tirol gibt es einen Witz, der die Situation des Landes gut auf den Punkt bringt: Demnach führte der legendäre Tiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer einst Bruno Kreisky durch die Dörfer. Kreisky interessierte sich für die politischen Mehrheitsverhältnisse und Wallnöfer antwortete ihm: „Ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel!“ Nach einigen Verwirrungen – Kreisky wollte die Stärke seiner SPÖ nicht glauben - stellt sich heraus, dass die ÖVP selbst als Bauernbund, Wirtschaftsbund und Arbeitnehmerbund je ein Drittel der Stimmen hat. Diese Neigung der Tiroler ÖVP zur Spaltung dauert bis heute an und ist auch bei der heutigen Richtungswahl entscheidend.

von Günther Platter im Riesenrundgemälde © Bild: News Herrgott Ricardo

Günther Platter wirkte in diesem Wahlkampf lange wie der sichere Verlierer. Der Landeshauptmann, der nie gewählt wurde, sondern Herwig van Staa nach dessen Wahlniederlage 2008 ablöste, schien bereits vor der Wahl Geschichte zu sein. Mit „Für Tirol“ hatte sich eine weitere starke ÖVP-Splittergruppe, neben der bereits existierenden Liste des ehemaligen AK-Präsidenten Fritz Dinkhauser, gebildet. Doch diese Liste zeigte einen tieferen Bruch innerhalb der ÖVP. Immerhin ist die Spitzenkandidatin, Anna Hosp, eine ehemalige Landesrätin der ÖVP. Auch die populäre Bürgermeisterin von Innsbruck, Christine Oppitz-Plörer, ebenfalls Vorsitzende einer Innsbrucker ÖVP-Splittergruppe, unterstützt diese Liste.

Dazu noch das Antreten des Team Stronachs und eine schwere Wahlniederlage schien vorprogrammiert. Immer noch ist ein weiteres deutliches Absinken unter den historischen Tiefstand von 40,5 Prozent 2008, so gut wie sicher. Alle Umfragen für die Landtagswahlen zeigen, zum Teil sehr deutliche, Verluste für die ÖVP.

Land der ÖVP-Splittergruppen

Aber es hat sich doch auch einiges zu Gunsten Günther Platters verschoben. Zum einen treten in Tirol elf Listen an, mehr als bei jeder anderen Landtagswahl in Österreich. Sieben haben gute Chancen auch tatsächlich einzuziehen. Bei so vielen Listen lässt sich eine kleine Niederlage sehr viel leichter erklären. Außerdem werden etliche Listen den Einzug voraussichtlich nicht schaffen.

Darunter sind die ÖVP-Splittergruppe „Für Tirol“, die Piraten und die KPÖ. Keine Umfrage prognostiziert diesen Listen einen Einzug in den Landtag, aber die Mandate machen sie sehr viel billiger. So kann es der ÖVP möglicherweise selbst bei deutlichen Verlusten gelingen, ihren Mandatsstand (16 von 36) zu halten. Besonders dann, wenn entweder das Team Stronach, das sich in einem Kleinkrieg verschiedener Listen selbst schwer beschädigte, oder die Liste Fritz Dinkhausers den Einzug nicht schafft. Dinkhauser, der bei der letzten Landtagswahl mehr als 18 Prozent erreichte, tritt selbst nicht mehr an. Seine Liste wird ähnlich wie des Teams Stronach knapp über oder unter der Hürde für den Einzug in den Landtag gehandelt. Ebenso die Splittergruppe der ÖVP-Splittergruppe „Liste Fritz", um den Transit-Aktivisten Fritz Gurgiser, die Liste Gurgiser.

Günther Platter
© Roland Muehlanger Landeshauptmann Günther Platter

Platter muss auf Niederlage in Salzburg hoffen

Von den elf antretenden Listen bei der Landtagswahl sind vier aus der ÖVP hervorgegangen, dazu kommt die ÖVP selbst. Die ÖVP wird nicht müde vor "italienischen Verhältnissen“ zu warnen und das Verhindern einer drohenden Fünfparteienkoalition zu beschwören. Neben den vielen ÖVP-Splittergruppen, die für die Wähler nur schwer unterscheidbar sind, versucht die Volkspartei auch mit einem Appell an das Bedürfnis nach Stabilität zu punkten. Aber selbst wenn es bis zu acht Parteien in den Landtag schaffen, könnte das letztlich hilfreich für die ÖVP sein. Denn der Protest verteilt sich dann auf sehr viele Gruppen und keine davon kann der ÖVP wirklich gefährlich werden.

Der größte Rückenwind für die ÖVP dürfte aber aus Salzburg kommen: Denn ÖVP und SPÖ drohen dort nur eine Woche nach der Tiroler Landtagswahl noch weit größere Verluste. Sollte die ÖVP also in Tirol weniger verlieren als in Salzburg, so könnte möglicherweise rasch eine Rückkehr zum „Business as usual“ anstehen, besonders dann wenn der Mandatsstand gehalten werden kann.

Töchterle als Landdeshauptmann?

Sollte die ÖVP aber deutlich unter 35 Prozent fallen, dürfte am Sessel des Landeshauptmanns gesägt werden. Schon die vielen Abspaltungen der letzten Jahre zeigen, dass es der Tirol seit Beginn der 2. Republik immer regierenden Partei, immer schlechter gelingt, verschiedene innerparteiliche Interessen auszutarieren. Dem Wissenschaftsminister,Karlheinz Töchterle, der seinem „Parteifreund“ Günther Platter die Latte für einen Wahlerfolg mit 40 Prozent extrem hoch legte, dem Landesrat Johannes Tratter und dem Gemeindebund-Obmann, Ernst Schöpf, werden Ambitionen nachgesagt, Platter zu beerben.

Die größte Bedrohung für die ÖVP stellt die Liste „Vorwärts Tirol“ dar. Diese Liste rund um die ehemaligen Landesräte Anna Hosp (ehemals ÖVP) und Hans Lindenberger (ehemals SPÖ) könnte die Nachfolge der Liste Dinkhauser bei Protestwählern antreten, die der ÖVP nahe stehen. Als einzige ÖVP-Splittergruppe hat sie zumindest geringe Chancen den zweiten Platz zu erobern und damit selbst die Anwärterschaft auf die Landdeshauptfrau - Anna Hosp wäre dafür vorgesehen - zu stellen. Vor allem im Oberland, Anna Hosp kommt von dort, ist die Liste sehr populär. In ihrem Heimatbezirk dem Außerfern (Reutte) prognostiziert ihr eine Umfrage der Tiroler Tageszeitung bis zu 38 Prozent.

Innsbruck entscheidet die Wahlen

Entschieden werden die Wahlen aber in Innsbruck und Umgebung. Mehr als 40 Prozent der 532.000 Wahlberechtigten leben hier und zugleich sind städtische Wähler eher zum politischen Wechsel bereit als die Wähler am Land.

In Innsbruck haben auch die Tiroler Grünen ihre Hochburg. Die Partei darf sich, nach der schweren Niederlage 2006 bei der sie 4,86 Prozent auf nur mehr 10,73 Prozent verlor, diesmal wohl über Zugewinne freuen. In den Umfragen liegt sie um die 15 Prozent. Aber Umfrageergebnisse einzufahren ist den Grünen immer schon schwer gefallen und schaden könnte auch, dass die populäre Innsbrucker Bürgermeisterin Oppitz-Plörer, sich für „Vorwärts Tirol“ stark macht. Ihre Stimme hat auch bei bürgerlichen Grün-Wählern Gewicht.

FPÖ vor neuerlicher Niederlage

Schwer einschätzbar sind die Ergebnisse der „Liste Fritz“, der Fritz-Abspaltung "Gurgiser" und des „Team Stronach“. Während Stronachs Mannen sich vor allem selbst im Weg standen und über Wochen die Republik mit skurrilen internen Streitereien und zahlreichen Personen die nicht(!) kandidieren wollten, schadete, ist auch die Liste Fritz schwer einschätzbar. Der ehemalige AK-Obmann und „Alpenrebell“ Fritz Dinkhauser ist im Land immer noch sehr populär. Seine Liste hat sich rund um das Thema „Agrargemeinschafen“ und in der Sozialpolitik profilieren können. Mit dem Einzug könnte es diesmal trotzdem knapp werden.Es ist aber auch ein Überraschungserfolg denkbar. Das gilt auch für Gurgiser, der sich als Transitgegner einen Namen machte.

Der FPÖ droht erneut eine Niederlage. Die große Vielfalt an Listen lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass das ohnehin nicht besonders gute Ergebnis von 12,41 Prozent bei der letzten Wahl, wieder erreicht wird.

Wohnen und Agrargemeinschaften als Thema

Bestimmende Themen in Tirol ist die Sozialpolitik und hier vor allem das Thema Wohnen. Die hohen Mietkosten in dem Alpenland, in dem weniger als ein Fünftel der Fläche besiedelbar ist, machen den Menschen zu schaffen. Vor allem im Ballungsraum um Innsbruck der großen Zuzug verzeichnete, leiden viele Menschen unter den hohen Wohnkosten.

Dazu kommt, dass die Löhne in dem Land - das eigentlich gute Wirtschaftsdaten, eine stark wachsenden Bevölkerung und einer sehr niedrigen Arbeitslosigkeit, aufweist - ein Problem sind. Der Tourismus ist für die Tiroler Wirtschaft vorn entscheidender Bedeutung, weist aber traditionell ein niedriges Lohnniveau auf. Tirol kommt auch deshalb innerhalb Österreichs auf das zweitniedrigste Lohnniveau, ist aber wegen der alpinen Lage mit überdurchschnittlich hohen Lebenserhaltungskosten konfrontiert.

© Dave Bullock Markus Koschuh bekämpft die Agrargemeinschaften als Kabarettist

Ein weiteres wichtiges Thema sind die Agrargemeinschaften. Dieser österreichweit beispiellose Skandal, ereignete sich schon in den 1950er Jahren. Dabei wurde damals der Bauernschaft eine Fläche größer als Osttirol in sogenannte „Agrargemeinschaften“ übertragen. Der Bescheid der damaligen Landesregierung war verfassungswidrig.

Über die Rückgabe des Besitzes der Agrargemeinschaften an die Gemeinden wird in Tirol seit Jahren mit Inbrunst gestritten. Kurz vor der Wahl beschlossen alle Parteien außer der ÖVP - sogar die SPÖ die mit der Volkspartei koalierte - ein Rückübertragungsgesetz, dass das Eigentum an die Gemeinden übertragen hätte. Obwohl sich 20 von 36 Abgeordneten bereitfanden, das Gesetz zu unterschreiben, verhinderte der Alt-Landeshauptmann und Landtagspräsident Herwig van Staa, dass die Abstimmung auf die Tagesordnung kam. Wie sehr das der ÖVP Schaden könnte wird sich zeigen.

Kommt Schwarz-Schwarz oder Schwarz-Grün?

Am Wahlabend selbst wird es vor allem darum gehen, wie sehr die ÖVP verlieren wird und wie tief die ÖVP-Splittergruppen, vor allem „Vorwärts Tirol“ in die Kernwählerschichten der ÖVP eindringen können. Davon wird die eigentlich spannende Frage abhängen, wer die kommenden Jahre in Tirol regiert.

Ist eine Koalition aus ÖVP und „Vorwärts“ möglich, dann geht es wohl nur um die Person Günther Platter, mit dem viele „Vorwärts“-Proponenten ein Problem haben. Im Grunde wäre das aber eine Rückkehr der ÖVP-Absoluten nur aufgeteilt auf zwei ÖVP-Listen. Eine andere realistische Zweierkoalition wäre Schwarz-Grün. Auffällig ist jedenfalls, dass die Grünen rund um ihre Spitzenkandidatin Ingrid Felipe, beim Wahlkampfabschluss sehr viel mildere Töne gegenüber Günther Platter, anstimmten. Offenbar wird auch dort schon intensiver darüber nachgedacht, dass es eine Koalition - die von vielen Tiroler Grün-Politikern seit langem ersehnt wird - möglicherweise nur mit einem Landeshauptmann Günther Platter gibt. Im Bereich des mögliche ist auch eine Fortsetzung der ÖVP-SPÖ Koalition. Allerdings droht der SPÖ ein weiteres Absinken, von ihrem Ergebnis von 2008 das schon nur mehr bei desaströsen 15,46 Prozent lag.

Tirol ohne ÖVP?

Gut möglich ist aber auch, dass sich gar keine stabile Zweierkoalition mehr ausgeht. Sollte die ÖVP in Richtung 30 Prozent abstürzen, oder sich die Proteststimmen auf sehr viele Listen verteilen, wird eine Dreierkoalition realistisch. Schwarz-Vorwärts-Grün wäre dabei die Hoffnung der ÖVP, dann allerdings unter einem anderen Landeshauptmann. Viele Tiroler machen sich aber auch Hoffnung auf eine Regierung ohne ÖVP. Wegen der vielen Listen die im Landtag vertreten sind, ist das aber sehr unrealistisch.

Denkmöglich sind Koalitionen mit vier oder fünf Listen, allerdings zieht das keine der antretenden politischen Parteien ernsthaft in Erwägung. Realistisch wäre wohl nur Vorwärts-Grün-SPÖ und auch das nur, wenn Vorwärts den zweiten Platz erreicht. Eine ähnliche Koalition gibt es in Innsbruck, wo die ÖVP-Splittergruppe „Für Innsbruck“ gemeinsam mit den Grünen und der SPÖ regiert.

Eine Koalition ohne ÖVP ist in einem Land, das diese immer regierte und dessen Landesdienst tief schwarz ist aber so oder so nur schwer vorstellbar. Gut möglich, dass sich trotz eines Wahlkampfes mit unzähligen Listen und tiefen Gräben zwischen den Fraktionen, besonders innerhalb der ÖVP, am Ende wenig ändert. Sogar eine weitere Legislaturperiode für den angeschlagenen Landesauptmann Günther Platter ist denkbar. Dieser wird aber womöglich hoffen müssen, dass sein ÖVP-Parteifreund, Wilfried Haslauer, in Salzburg das schlechtere Ergebnis einfährt oder die Liste "Vorwärts" unter den Erwartungen bleibt. Niederlagen sind eben auch relativ.

Kommentare

Es muss dringenst ein Sieg von Rot-Grün erfolgen. Nur so ist gewährleistet, dass A weiterhin mit kriminellen Migranten geflutet werden kann um die Rechtsextremen weiter auszudünsten. Die Durchmischung der Bevölkerung mit Migranten muss mindestens den Durchmischungs-Standard der A-Gefängnisse erreichen. Nur so ist der Aufbau einer bunten Republik gewährleistet

Es ist höchste Zeit , dass Platter abgelöst wird.

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