Mit rund 35 Jahren begann Michael Thonet aus verleimten und gebogenen Holzleisten Möbel herzustellen. Einen ersten Erfolg verzeichnete er im Jahr 1836. Damals produzierte er den sogenannten Bopparder Schichtholzstuhl. Namensgeber war die Geburtsstadt Thonets, Boppard. Im Jahr 1840 wollte Thonet sein Verfahren im damaligen Preußen patentieren lassen. Der Versuch scheiterte. Ebenso wie im darauffolgenden Jahr, als der Tischlermeister das Patent für seine Technik in Großbritannien, Frankreich und Russland einreichte.
Wie so oft in der Geschichte bekam Michael Thonet von seinen Zeitgenossen kaum Zuspruch. War damals doch gerade der ornamental überladene Markart-Stil angesagt, der in scharfem Kontrast zu Thonets schlichter Formensprache stand. Einen Wendepunkt brachte schließlich Fürst Klemens Wenzel Lothar von Metternich. Er zeigte sich begeistert von Thonets Möbeln und lud ihn an den Hof nach Wien ein. So kam es, dass Thonet seine Stühle dem Kaiserhaus verkaufte.
Nach zwischenzeitlichen finanziellen Schwierigkeiten - Thonet musste seinen Betrieb in Boppard aufgeben - übersiedelte er 1842 nach Wien. Sieben Jahre später wagte er erneut den Schritt in die Selbständigkeit. Der Grundstein für die Firma Gebrüder Thonet war gelegt. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.
1851 wurde Thonets Stuhl Nr. 1 bei der Londoner Industrieausstellung "Great Exhibition" mit einer Bronzmedaille ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch mit der speziellen Bugholztechnik war damit geschafft. Vier Jahre später wurde Thonet bei der Weltausstellung Paris für seine Arbeit mit der Silbermedaille geehrt. 1859 entwickelte er schließlich den Stuhl Nr. 14. Bis heute gilt dieses Modell, auch bekannt als Wiener Kaffeehaus-Stuhl, als der Stuhl aller Stühle.
Bis zum Jahr 1930 wurden vom Stuhl Nr. 14 sage und schreibe 50 Millionen Stück verkauft. Damit ist er nicht nur das meist produzierte Sitzmöbel der Welt, sondern auch eines der erfolgreichsten Industrieprodukte überhaupt. Mit diesem Modell holte sich Thonet auf der Weltausstellung Paris im Jahr 1867 schließlich auch die Goldmedaille.
Die Besonderheit des Wiener Kaffeehaus-Stuhls: Die Verbindung der gebogenen Teile erfolgte nicht, wie sonst üblich, mit Leim, sondern durch Verschraubung. Zudem besteht der Stuhl gerade mal aus 18 Teilen: sechs Holzelemente, zehn Schrauben und zwei Muttern. Michael Thonet war ein Meister der Reduktion. Sowohl was die Form, als auch was das Material betrifft.