Thomas Stipsits: "Vieles autobiografisch außer dem Mord"

Der Kabarettist über seinen Krimi "Kopftuchmafia", seine Bindung zu Stinatz und die Vereinbarkeit von Karriere und Familie

Thomas Stipsits hat mit "Kopftuchmafia" seinen ersten Krimi geschrieben. Dieser spielt wenig verwunderlich in Stinatz. Warum der gebürtige Leobner so eine Affinität zu dem Ort im Burgenland hat, warum sein Inspektor Sifkovits so gar nicht den Klischees entspricht, weshalb auch die "Paw Patrol" im Buch vorkommt und wie Stipsits mit seiner Frau Katharina Straßer Kinder und Karriere schupft, erzählt er im Interview mit News.at.

von Thomas Stipsits Kopftuchmafia © Bild: Marko Zlousic

Sie sind in Leoben geboren und aufgewachsen, aber immer wieder spielt Stinatz eine große Rolle. Das erinnert fast ein bisschen an „Meidling oder Waldviertel“. Also: Woher kommen Sie wirklich?
Sehr lustiger Vergleich. In dem Fall stimmt ja beides. Ich habe Verbindungen zu Stinatz, weil mein Papa von dort stammt und die ganze Verwandtschaft dieser Seite dort lebt. Ich habe alle meine Ferien dort verbracht und dadurch diese Bindung. Das andere ist ein bisschen passiert: Als ich anfing mit dem Kabarett, erzählte ich etwas über Stinatz und merkte, die Leute reflektieren auf diesen Ort so sehr, dass mir das geblieben ist.

Auch Ihr neues Buch, der Krimi „Die Kopftuch-Mafia“ spielt dort. Was hat Stinatz, was Leoben nicht hat?
In erster Linie einmal diese dörfliche Struktur. Und ich glaube nicht, dass es in Leoben diese Kopftuchmafia gibt, also diese älteren Damen, die am Bankerl sitzen und alles besprechen, was in so einem Ort vor sich geht. Diese Damen gibt es ja nach wie vor und hinter vorgehaltener Hand sagte man immer: Wenn man ein Gerücht im Ort verbreiten möchte, dann geht man zum Bankerl und erzählt es da. Dann kann man sich sicher sein, dass es von Stinatz Nord bis Stinatz Süd geht.

Stipsits
© News.at Thomas Stipsits posiert beim Interview im Wiener Westend-Cafe

„Die Kopftuchmafia“ ist Ihr erster Krimi. Woher kam die Idee?
Der Verlag fragte mich, ob ich nicht noch ein Buch schreiben wolle. Ich wollte aber immer etwas Durchgehendes schreiben, kann aber keinen Roman im literarischen Sinne schreiben, das maße ich mir gar nicht an. Somit war ein Krimi naheliegend.

Wie ist dann Ihr Inspektor Sifkovits entstanden?
Schon lange habe ich mit dieser Idee gespielt, dass man einmal einen Inspektor zeigt, der nicht diesem Fernsehinspektor-Klischee entspricht, was heißt: Geschieden, zerrüttete Familienverhältnisse, Alkoholiker, immer grantig und so. Sondern ganz im Gegenteil, einen netten, etwas tollpatschig wirkenden Kommissar.

»Viele Dinge haben autobiografische Züge - außer dem Mord«

Wenn es eine Art „Auftragsarbeit“ war, wie schwer ist es Ihnen dann gefallen, eine Geschichte zu finden?
Gar nicht so schwer, weil viele Dinge, die im Buch vorkommen, autobiografische Züge haben – außer dem Mord. Kroatische Hochzeiten etwa habe ich oft erlebt und auch die Figuren, die im Buch vorkommen sind ganz extrem an echten Menschen orientiert. Also die Mutter von dem Kommissar ist eigentlich meine Oma. Es gibt eine Szene, in der sie auf ein Begräbnis geht und sich ein Kleid aussucht, die ganz genau so passiert in der Realität passiert ist.

Würden sich auch andere Menschen in der Geschichte erkennen?
Ich glaube schon. Der Maikits, der Greissler, heißt ja sogar so.

Denken Sie, fühlt sich der eher geehrt, wenn er das liest und sich erkennt, oder wird er beleidigt sein?
Ich denke schon geehrt, weil er kommt ja nicht schlecht weg.

Thomas Stipsits Kopftuchmafia
© Marko Zlousic Was hat Stinatz, was Leoben nicht hat? "In erster Linie diese dörfliche Struktur"

Welche Krimi-Autoren sind Ihre Vorbilder?
Ich mag schon Wolf Haas sehr gerne. Die Art und Weise, wie er schreibt und die Stimmung des Schauplatzes aufnimmt. Und ich habe ja das große Glück, dass ich mit dem Daniel Glattauer befreundet sein darf, der mir immer sagte: Schreib einfache Sätze. Daran habe ich mich auch orientiert, weil das Buch wird ja in der Literaturwelt nicht für großes Aufsehen sorgen, sondern das ist schon eher Strandlektüre.

»Da ist gar kein Kalkül dahinter. Das ist nach wie vor ein geflügeltes Wort, um diese Damen zu beschreiben. «

Sieht man das Coverbild mit den alten Damen nicht, stellt man sich unter dem Titel „Kopftuch-Mafia“ vielleicht ein bisschen etwas anderes vor. Ist das ein bewusst provokanter Titel?
Ein guter Punkt, den hab ich so noch gar nicht gesehen. Aber nein, da ist gar kein Kalkül dahinter. Sondern das ist nach wie vor ein geflügeltes Wort, um diese Damen zu beschreiben.

Thomas Stipsits Kopftuchmafia
© Marko Zlousic Stipsits mit der "Kopftuchmafia" beim Shooting für das Cover

Welche Eigenschaften haben Sie mit Ihrem Inspektor Sifkovits gemein?
Das Schusselige kann ich schon sehr gut nachvollziehen. Auch vielleicht, dass er, was den Kleidungsstil betrifft, nicht der modischste ist (lacht)…

Könnten Sie sich eine Verfilmung des Krimis vorstellen?
Ja. Wenn man sowas schreibt, hat man das natürlich auch im Hinterkopf. Meine Lektorin sagte mir sogar manches Mal: Denk nicht zu sehr in Filmen!

Würden Sie dann selbst Inspektor Sifkovits spielen?
Ja. Ich wollte immer schon einen Columbo-Typen spielen, ich bin nämlich ein riesiger Columbo-Fan.

Thomas Stipsits Kopftuchmafia
© Marko Zlousic Stipsits: "Ich bin ein riesiger Columbo-Fan"

Eine Figur im Buch trägt ein „Paw Patrol“-T-Shirt, was mehrfach erwähnt wird. Eine familiäre Inspiration?
Natürlich. (lacht). Seit einigen Jahren spielt Paw Patrol, Feuerwehrmann Sam, Peppa Wutz und diese Dinge eine große Rolle.

Wissen Ihre Kinder, dass Sie Paw Patrol in Ihr Buch eingebaut haben?
Nein. Emil weiß zwar, dass wir am Theater arbeiten, versteht aber noch nicht ganz, was wir machen. Einmal war er sehr entzückend: Kathi und ich waren zufällig in der gleichen Zeitschrift und er blätterte weiter und suchte den Papa seines besten Freundes, weil er dachte, alle Eltern aus dem Kindergarten sind in der Zeitung.

Wie sehr hat sich das Leben für Sie verändert seit den Kindern?
360 Grad…

Wie schaffen Sie es, Kinder und Karriere unter den Hut zu kriegen?
Wir sind ja gottseidank bestens versorgt mit Omas und Opas, die uns kräftig unterstützen. Ohne deren Hilfe wäre es nicht möglich. Und man sitzt halt Woche für Woche mit Terminplänen. Auf der anderen Seite bietet der Beruf den Vorteil, dass man viel frei haben kann.

»Kathi macht schon mehr, das muss ich ehrlich zugeben«

Machen Thomas Stipsits und Katharina Strasser zuhause 50:50?
Ja. Wobei Kathi schon mehr macht, das muss ich ehrlich zugeben.

2015 haben Sie einen „Flüchtling“-Song gepostet, der etliche Vorurteile gegen Asylwerber aufgriff. Er wurde zum viralen Hit. Was hat sich in den vier Jahren seither, Ihrer Meinung nach verändert oder hat sich sogar etwas verbessert in Österreich?
Ob sich was verbessert hat, das wage ich zu bezweifeln. Ich finde, es hat sich insofern etwas verändert, dass viele Meinungen zu dem Thema salonfähiger geworden sind; Meinungen, die vielleicht in einen extremeren Bereich gehen. Da ist eine gewisse Abgestumpftheit passiert und der Kurs ein härterer geworden. Dabei darf man dieses Thema auf keinen Fall schwarz und weiß sehen, denn genau das führt zu dieser Spaltung, die es anscheinend gibt in dem Land. Wobei mir vorkommt, ich erlebe das mehr auf Social-Media-Kanälen als im echten Leben. Aber dort gibt es eben nur zwei Extreme und ich würde mir den Dialog wieder mehr wünschen.

Die Erfahrung, die ich gemacht habe, ist auch, wenn Menschen ein Gesicht zu „den Flüchtlingen“ haben, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Mein Großcousin hat sich damals etwa dafür eingesetzt, dass drei syrische Familien in ein kleines Dorf bei Stinatz kommen und am Anfang gab es viel Proteste. Dann fand eine Art Hearing im Gemeindesaal statt, wo sich die Familien vorgestellt haben – und viele haben ihre Meinung geändert, weil das Fremde plötzlich greifbar war.

Was sind jetzt Ihre nächsten Projekte?
Jetzt geht es auf Tour im Herbst, nächstes Jahr stehen wahrscheinlich zwei Filmprojekte an und so wie es aussieht, gibt es im Dezember nächsten Jahres ein Weihnachtsprogramm gemeinsam mit einer Partnerin.

Mit Ihrer Frau, Katharina Straßer?
Nein. Aber mit einer ganz tollen Frau.

Ein gemeinsames Projekt mit Ihrer Frau wird es nicht geben?
Nein, wir haben gesagt, wir drehen gerne gemeinsam aber das mit der Bühne machen wir nicht, weil die Gefahr besteht, dass man dann dieses Bühnenpärchen wird. Die Kathi hat ja auch eine eigene Karriere, die ihr wichtig ist und deswegen ist es gut so. Das bringt ja auch ein bisschen einen Abstand.

Weitere Info:

Thomas Stipsits: Kopftuchmafia Ein Stinatz-Krimi
Ueberreuter Sachbuch
184 Seiten
ISBN: 978-3-8000-7728-1
€ 16,95

Inhalt: Dramatisches Ende einer Hochzeit in Stinatz: Die Braut verschwindet und wird am nächsten Tag ermordet aufgefunden – ein Fall für Inspektor Sifkovits! Die Ermittlungen in seinem Heimatort stellen ihn zunächst vor einige Rätsel. Aber er bekommt tatkräftige Unterstützung von der „Kopftuchmafia“ – so wird das alteingesessene Trio liebevoll genannt – die Resetarits Hilda, die dicke Grandits Resl und seine Mutter Baba. Denn diese rüstigen Damen wissen mehr als Google und Facebook zusammen …

Das Buch können Sie hier bestellen.(*)

Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn Sie auf so einen Affiliate-Link klicken und über diesen Link einkaufen, bekommen wir von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für Sie verändert sich der Preis nicht .