Bestialitäten haben keinen Platz

Medienpsychologe Peter Vitouch über den Umgang der Medien mit dem Terror.

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Gastkommentar - Bestialitäten haben keinen Platz

Das Foto eines Menschen, dem in wenigen Sekunden der Kopf abgeschnitten werden wird, hinter ihm posierend der vermummte Henker, dessen Namen mittlerweile die Welt kennt. Was (noch) nicht abgebildet werden kann, wird beschrieben. Und wir fragen uns: Wie weit darf Berichterstattung gehen?

Filter vor unserer Wahrnehmung schützen uns davor, das um uns Geschehende ohne Selektion wahrzunehmen. Das Ziel der ökonomisch ausgerichteten Medien ist es, diese Filter zu durchbrechen, um die Menschen für ihr Produkt zu interessieren. Bedrohungsszenarien sind hier das effizienteste Mittel, weil sie, um die Selbsterhaltung zu gewährleisten, sofort ungefiltert ins Hirn gehen. In dieser Schleife hängen wir seit Millionen Jahren.

Die Effekte reißerischer Berichterstattung sind in vieler Hinsicht unheilvoll. Menschen mit geringem Differenzierungsvermögen werden auf Emotionen reduziert, das pauschale Vorurteil triumphiert. Außerdem wird terroristischen Gruppen, die in hohem Maß von Medienpräsenz abhängig sind, direkt in die Hände gespielt. Totschweigen wäre das richtige, allerdings unrealistische Mittel. Aber unemotional berichten, mit klarer Ansage, dass wir uns in unseren Werten nicht irremachen lassen: Das wäre es. Vielleicht hilft sogar der Gewöhnungseffekt. Die Köpfungen sind heute schon Randnotizen, so wie vorher die Bombenanschläge im Irak. Also muss der nächste Hype erzeugt werden. Aufgabe der Medien wäre es, den Teufelskreis zu durchbrechen, indem sie nicht permanent die Dosis erhöhen. Klare Information, aber keine Ausschlachtung, Hinweise auf die Grausamkeit, aber Verzicht auf Einzelheiten. Von Bildern ganz zu schweigen: Bestialitäten haben in der zivilisierten Berichterstattung keinen Platz.

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