Sex-Artikel florieren

Bordelle schließen der Reihe nach - dafür machen Sex-Shop-Besitzer die große Kohle

Während die offiziellen Bordelle in der Türkei nach der Reihe schließen, verzeichnen Sex-Shop-Besitzer in der Türkei eine steigende Nachfrage nach Sexartikeln. Gekauft wird über das Internet. Die beliebtesten Kaufobjekte, künstliche Penisse und Vaginalkugeln, sind auch in der erzkonservativen Provinz ein Renner.

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Türkei - Sex-Artikel florieren

In die Geschäfte trauen sich nur wenige, zu groß ist die Scheu vor sozialer Ächtung. Sexartikel gelten in der immer religiöser agierenden türkischen Gesellschaft als absolutes Tabu. Offiziell verzeichnet die Türkei an die fünfzig Sex-Shops, davon sind dreißig in Istanbul angesiedelt. Die wenigen Läden sind laut Gesetz in die erste Etage verbannt, ihre Produkte dem Gesichtsfeld der Fußgänger entzogen.

Anonymität siegt

Der Handel mit Sexspielzeug blüht im Verborgenen. Der Großteil der Kunden bestellt über das Internet und lässt sich die "heiße Ware" per Post zustellen, berichtet die türkische Zeitung "Hürriyet" mit Verweis auf Branchenvertreter.

Kein Platz in der Öffentlichkeit

Während das gesellschaftliche Klima in der Türkei zunehmend repressivere Züge aufweist - seit Jahren werden keine Lizenzen für Prostituierte mehr vergeben, die Bordelle sukzessive ausgetrocknet, selbst das Zusammenleben Unverheirateter in einer Wohnung gerät zum Problem, für Küssen in der Öffentlichkeit hagelt es Schläge - boomt der Artikelversand von Erotika. Die einschlägigen Händler erfreuen sich steigender Gewinnmargen, die Verkäufe waren im Vorjahr so hoch wie noch nie.

"Gesundheitsprodukte" am beliebtesten

Zu den nachgefragtesten Produkten zählen laut Sinan Yener von "Serenik Saglik Ürünleri" (Übersetzt: "Serenik Gesundheitsprodukte") künstliche Penisse (Dildos), Vaginalkugeln sowie Erektionsmittel. Beliebt seien auch künstliche Vaginas, deren Maße von berühmten Pornostars genommen wurden, plaudert er aus dem Nähkästchen seiner Kunden.

Die Sexspielzeuge werden als Gesundheitsartikel vermarktet und mit dieser Bezeichnung versandt. Zwei der erzkonservativen Hochburgen des Landes, das inneranatolische Kayseri und die Provinz Gaziantep im Süden des Landes seien die Spitzenreiter bei der Internetbestellung und hätten selbst die großen Metropolen hinter sich gelassen, führt Manager Yener aus.

Hohe Kosten

Die Preisspanne liegt für Dildos zwischen 55 und 400 Lira (zwischen 19 und 139 Euro), die billigsten Vaginalkugeln sind schon um 20 Lira erhältlich und gehen bis 400 Lira, Erektionsmittel variieren zwischen 40 und 70 Lira. Stolze Preise für den türkischen Normalverdiener, denn der Kauf eines Dildos in der Luxusausführung ist für viele der monatliche Mietaufwand.

Dass eine Nachfrage an den einschlägigen Waren in der muslimischen Türkei vorherrscht, zeigt auch der im Vorjahr in der Türkei eröffnete erste "helal" Online-Sexshop. Die Bezeichnung "helal" bescheinigt der Ware Unbedenklichkeit im religiösen Sinn. Ähnlich wie der 2010 eröffnete holländische Prototyp des "Helal"-Sexshops für muslimische Kunden vertreibt Firmengründer Haluk Murat Demirel Artikel wie etwa Gleit- und Orgasmus-Cremen, aber keine Vibratoren oder Silikonpuppen.

Auch Frauen zählen verstärkt zu den Abnehmerinnen der Branche. Der Internetversand senkt die Hemmschwelle und erleichtert Frauen den Kauf der angebotenen Produkte. Was früher unter dem Ladentisch der Schönheitssalons an die weibliche Kundschaft abgegeben wurde, kann jetzt per Paket ins Haus geliefert werden. Der verstohlene Gang in der Dämmerung zum Schutz vor zu neugierigen Blicken gehört damit der Vergangenheit an.

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