Vom Suchen und
Finden einer neuen Heimat

News begleitete eine syrische Familie durch ihr erstes Jahr in Österreich

von News begleitete die Familie Hindieh auf ihrer Flucht nach Österreich © Bild: Heinz S. Tesarek

Ein Jahr ist seit dem Erscheinen der ersten News-Reportage über sie und ihre Familie vergangen. Ein Jahr, das nicht nur ihr Leben fundamental veränderte, sondern auch Österreich in eine neue Wirklichkeit katapultierte. Flüchtlinge bestimmen seither die Nachrichtenlage. Die Bilder von Bahnhöfen in Wien oder Salzburg haben jene aus Lampedusa oder Sizilien abgelöst. Die Welt ist aus den Fugen geraten und die Flucht zum bestimmenden Thema dieses Jahres geworden. 60 Millionen Menschen haben ihre Heimat verlassen, das ist die höchste Zahl, die das Flüchtlingshilfswerk UNHCR jemals verzeichnet hat. Die größte Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf Syrien, ein Land, das im Bürgerkrieg untergeht. Von den 23 Millionen Syrern sind neun innerhalb ihres eigenen Landes auf der Flucht. Mehr als vier Millionen haben sich in die Nachbarländer gerettet. In Österreich rechnet das Innenministerium für heuer mit 80.000 Asylanträgen. Es gibt aber auch Schätzungen, die höher liegen.

News begleitete die Familie Hindieh auf ihrer Flucht nach Österreich
© Heinz S. Tesarek Filmreife Odyssee: Auf ihrer Flucht nach Europa wurde die Familie getrennt

Klar ist, dass die Zahl der zu Integrierenden durch Familienzusammenführungen noch weiter wachsen wird. Kann Österreich also mehr als 80.000 Menschen ein neues Zuhause geben? Und ab wann ist ein Zuwanderer eigentlich integriert?

Heinz Fassmann ist der Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzender des Expertenrates für Integration. Aus seiner Sicht ist Integration dann gelungen, "wenn Menschen ein Einkommen haben und nicht von Sozialtransfers leben müssen. Wenn sie eine Wohnung haben und diese selbst finanzieren können. Für Kinder gilt klarerweise die Teilhabe im Schulsystem: Qualifikation als eine Immuntherapie gegen spätere Arbeitslosigkeit." Integration ist aber nicht nur einseitig, wie es deren Gegner gerne darstellen. Auch die Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft ist entscheidend: "Es geht immer auch darum, die Zuwanderer zu fragen, ob sie sich hier wohl, sicher und zugehörig fühlen", sagt der Soziologe Raimund Haindorfer von der Universität Wien.

Ein Jahr, bis sie sich zu Hause fühlte

Bei Zarah Hindieh hat es ein Jahr gedauert, bis sie sich in Österreich zu Hause fühlte. Mit ihrer Familie wohnt sie in Leonding, fünf Kilometer südlich von Linz. Sie deckt den Tisch für das Mittagessen. Der Duft von Koriander verteilt sich im Wohnzimmer. Ihre Tochter Alisar ist 14, gerade aus der Schule gekommen und sitzt jetzt auf der roten Stoffcoach, die sie bei einem Onlineflohmarkt gekauft haben. Alisar schaut fern. Kinderkanal. "Verstehst du das?" "Nicht alles, aber schon so, dass es interessant ist." Ammar Hindieh bringt der einjährigen Tochter Alma derweil das Laufen bei. Er muss gleich los zu seinem Sprachkurs, will sich die selbstgemachte Falafel seiner Frau aber nicht entgehen lassen. Er sagt: "Ich muss um zehn nach weg. Hier ist alles auf die Minute geplant. Das ist typisch Österreich."

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© Heinz S. Tesarek Zahra schaffte es hochschwanger nach Linz und brachte drei Monate später Alma zur Welt

Hinter der Familie liegt eine Odyssee: Zahra, die Alawitin, und Ammar, der Sunnit. Eine Liebe zwischen sich fremden islamischen Glaubensrichtungen. Vor dem Krieg waren solche Verbindungen in Syrien selten, seit er begann, wurden sie lebensbedrohlich. Gemeinsam mit Tochter Alisar flohen die Hindiehs zuerst nach Kairo. Von dort aus versuchten Vater und Tochter, mit einem rostigen Kahn über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Die beiden wollten es bis nach Österreich schaffen, Asyl beantragen und Zahra auf dem sicheren Weg nachholen. Doch der Plan scheiterte im Sturm und auf halber Strecke. Vater und Tochter strandeten auf Kreta.

»Es hat lange gedauert, bis ich die Flucht verarbeitet habe. Jetzt fühle ich mich endlich angekommen.«

An jenem Frühlingsmorgen in Kairo, als Zahra Hindieh die wichtigste Entscheidung ihres Lebens treffen musste, war sie 35 Jahre alt und schwanger. Sie wusste, dass es nun an ihr lag, die Familie zu retten. Sie heuerte Schlepper an, fuhr auf einem überfüllten Kahn über das offene Meer und lag mehrere Tage bewusstlos und dehydriert in einem Lieferwagen. Am 8. Juni 2014 erreichte sie die Flüchtlingsunterkunft in Traiskirchen. Drei Monate später wurde Baby Alma in Linz geboren. Doch die Familie war zerrissen, die Aussicht, zueinanderzufinden, bloß eine vage Hoffnung. News berichtete damals vom Schicksal der Hindiehs. Die Geschichte berührte viele Leser und setzte eine Welle der Hilfsbereitschaft in Gang. Schließlich gelang es, die Familie im vergangenen November in Österreich zu vereinen. Ein gutes Ende und doch auch ein Anfang im Nichts.

Die erste Zeit lebten die Hindiehs gemeinsam in einer Flüchtlingsunterkunft der Volkshilfe in Linz.Während Ammar bei den Männern schlief, durfte sich Zahra ein Zimmer mit ihren Töchtern teilen. In dem Wohnhaus mitten in der Linzer Innenstadt war jedes Zimmer belegt, aber es gab ein wenig Intimsphäre nach der langen Reise.

News begleitete die Familie Hindieh auf ihrer Flucht nach Österreich
© Heinz S. Tesarek Neun Monate war Familie Hindieh zerrissen

Das waren die Anfänge der Völkerwanderung. Zahra Hindieh und ihre Familie haben Glück gehabt, großes Glück. Das wird ihnen wieder bewusst, wenn sie dieser Tage vor dem Fernseher sitzen und die Bilder in den Nachrichten sehen. Flüchtlinge, alles voller Flüchtlinge. Sie stehen Schlange vor den Notunterkünften. Sie campieren im Freien. Ammar ist fassungslos angesichts der Gewalt der Bilder. Noch vor einem Jahr saßen er und seine Tochter in Athen fest. Griechenland war zur Sackgasse geworden, dessen Grenzen nach Norden wurden noch streng kontrolliert und die Vorstellung, einfach loszumarschieren, blieb nur für die Wagemutigsten eine Option. "Heute sind ganze Familien, Frauen mit Kindern und Babys, einfach nach Norden unterwegs", sagt Ammar, "von Athen bis nach Österreich brauchen sie ein paar Tage. Damals traf ich Landsleute, die ein Jahr lang vergeblich versucht hatten, aus Griechenland rauszukommen. Immer wieder waren sie erwischt und zurückgewiesen worden." Was er erzählt, wirkt wie eine Schilderung aus einer anderen Zeit und ist doch gerade erst ein Jahr her.

Hier wohnte die Familie anfangs

Im Jänner unterschrieb Ammar Hindieh seinen ersten österreichischen Mietvertrag. Eine Zweizimmerwohnung mit Küche und Bad im Erdgeschoß eines Mehrfamilienhauses. Zahra, Ammar und die Kinder teilen sich jedes der Zimmer. Das Wohnzimmer ist Fernseh-, Spiel-, Ess- und Bürozimmer in einem. Im Zimmer hinter der Küche schläft die ganze Familie. Die Fenster sind klein und lassen kaum Licht herein. "Dafür war es im Sommer kühl in der Wohnung", sagt Zahra. Die Möbel sind von der Caritas oder Schnäppchen aus dem Internet. So wie die rote Stoffcouch für 60 Euro. Es ist bescheiden, aber gemütlich und stilsicher. Eigentlich hatte die Familie eine günstige Wohnung in Linz gesucht. Dort waren sie angekommen, dort kannten sie sich aus. Aber dort gab es keine bezahlbare Wohnung für sie. In vielen Großstädten wie Linz, Graz und Wien ist der Wohnungsmarkt angespannt. Das ist seit Langem so, aber nun brauchen auch noch Tausende Flüchtlinge eine Bleibe.

News begleitete die Familie Hindieh auf ihrer Flucht nach Österreich
© Heinz S. Tesarek Vor einem Jahr dann das Wiedersehen am Flughafen Wien

Schon jetzt fehlen österreichweit rund 25.000 bezahlbare Wohnungen, sagen Schätzungen des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen. Zwar würde, im Vergleich zu Deutschland, in Österreich viel mehr gebaut. Dennoch steigt der Bedarf an Wohnungen rascher, weil Österreich bereits seit Jahren eine starke Zuwanderung aus anderen EU-Ländern erlebt. "Bleibt es heuer bei 80.000 Flüchtlingen, dann passiert auf dem Wohnungsmarkt unmittelbar nicht viel", sagt Eva Bauer, die Wohnungsreferentin des Verbandes: "Aber hält die Zuwanderung an, dann müssen die Wohnbauleistungen erhöht werden. Dann muss man sich ernsthaft etwas überlegen."

»Ich kenne noch viele Familien, die auch nach Österreich wollen und sich jetzt auf den Weg machen.«

Die Hindiehs sind inzwischen froh, doch in Leonding zu wohnen. Sie glauben, dass die Einwohner die Syrer so herzlich empfingen, weil es hier noch nicht so viele Flüchtlingsfamilien gibt. Sie haben Angst davor, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt, wenn es mehr Familien wie sie werden. Dass sie dann abgelehnt würden. Oder, was für die einst wohlhabende Familie am Schlimmsten wäre, sie zu Bittstellern degradiert werden. Die Hindiehs wollen hier Freunde finden. Erst dachten sie daran, Blumen als Dankeschön an die Österreicher am Linzer Hauptbahnhof zu verteilen. Doch als die Züge mit den Flüchtlingen kamen, verteilte Ammar Hindieh Wasser, Bananen und belegte Brote. Er half den heimischen Helfern beim Übersetzen und beim Organisieren. Zum islamischen Opferfest, Ende September, haben Alisar und ihre Mutter Grußkarten gebastelt und sie in der Nachbarschaft verteilt. Die 14-Jährige hat schon drei beste Freundinnen. Sie hat die Mädchen in einem Einkaufszentrum kennengelernt, beim Verkaufsstand von Justin-Bieber-Fanartikeln.

Warten auf den Job

Der Vater hat noch keine Arbeit. In zwei Wochen ist sein nächster Termin beim AMS. Verbreitete sich anfänglich noch die Mär von den Syrern, die allesamt hochqualifiziert seien, zeigte sich bald, dass die Wirklichkeit ernüchternd ist. Selbst für Ammar Hindieh, der einer dieser Hochqualifizierten wäre. In Syrien arbeitete er als IT-Spezialist, über Jahre pendelte er für den Job auch nach Dubai. Er spricht fließend englisch. Aber eben noch nicht gut genug deutsch.

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© Heinz S. Tesarek Jetzt leben alle zusammen in der Nähe von Linz

In Traun bei Linz sitzt er nun vier Tage die Woche für fünf Stunden in einem Deutschkurs. Angeboten wird er vom AMS, und bis er einen Platz ergatterte, sollte ein halbes Jahr vergehen. Die zehn Teilnehmer könnten unterschiedlicher kaum sein. Vom Afghanen, der als faktischer Analphabet begann, bis zum Iraker, der in seinem Land einst zur Elite zählte. "Die Monate, bevor der Kurs anfing, waren nicht einfach für mich", sagt Ammar, "in Syrien hatte ich ein Leben, war gefragt, beschäftigt, konnte mir kaufen, was ich wollte. Und dann bist du hier, sitzt zu Hause herum und wartest. Auf den Deutschkurs, auf das Geld vom AMS, darauf, dass dein Leben endlich wieder beginnt." Ammar Hindieh preist Österreich in den höchsten Tönen und sagt jedem, wie froh er ist, dass das Land ihn und seine Familie aufgenommen hat. Aber selbst er fragt sich, wie lange das noch gut gehen kann. "Es sitzen Leute mit mir im Deutschkurs, die ihn zum dritten Mal belegen. Ohne jeden Fortschritt. Für die ist das AMS die Zukunft." Ankommen, so viel wurde ihm in diesem Jahr klar, ist die eine Sache, aber ein neues Leben anzufangen eine ganz andere.

Österreich vor einer Mammutaufgabe

Österreich steht vor einer Mammutaufgabe. Diese zu bewältigen, entscheidet darüber, ob Integration gelingt. Da das mit den bestehenden Strukturen kaum zu schaffen ist, erhält das AMS für kommendes Jahr ein Sonderbudget von 70 Millionen Euro. Damit sollen mehr Deutsch- und Weiterbildungskurse finanziert werden. Eine schwierige Aufgabe für die Jobvermittler ist es, herauszufinden, wie gut die Flüchtlinge ausgebildet sind. "Wenn da jemand sitzt, der nur Technik, Technik sagt, kann das alles Mögliche bedeuten. Dass er ein abgeschlossenes Technikstudium oder eine Ausbildung in diesem Bereich absolviert hat oder auch, dass er einmal in einem Technikgeschäft ausgeholfen hat", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. "Die Qualifikationserhebung von jemandem, der nicht deutsch spricht, ist schwierig." In Wien ist deshalb vor einem Monat ein Pilotprojekt gestartet. Aktuell werden tausend Flüchtlinge einem Kompetenzcheck in ihrer Muttersprache unterzogen. AMS-Chef Kopf prognostiziert, dass die Arbeitslosigkeit ansteigen wird. "Aber in zehn Jahren wird Österreich von der Zuwanderung profitieren", sagt Kopf. Denn auf der einen Seite geht ab 2020 die Babyboomer-Generation in Pension. Auf der anderen Seite gibt es zu wenig junge Arbeitskräfte.

Flüchtlinge als Chance fürs Land

Flüchtlinge könnten also eine Lösung sein. Doch die Realität zeigt ein etwas anderes Bild. Während Unternehmen betonen, mit Flüchtlingen gute Erfahrungen zu machen, hält die Statistik bittere Pillen bereit: 28,8 Prozent aller ausländischen Lehrlinge brechen ihre Ausbildung ab, hat die Wirtschaftskammer festgestellt. Unter Österreichern liegt die Quote bei 12,6 Prozent. "Wir dürfen Flüchtlinge nicht einfach in Lehrstellen stecken, sondern es müssen vorher ausführliche Tests, Beratung und gegebenenfalls Nachschulungen stattfinden", sagt Alfred Freundlinger von der Wirtschaftskammer. Auch während der Ausbildung sei Betreuung wichtig.

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© Heinz S. Tesarek Nicht nur Tochter Alisar geht zur Schule

Die 14-jährige Alisar Hindieh könnte sich vorstellen, später einmal im Tourismus zu arbeiten. "Dafür muss man mehrere Sprachen sprechen können, und das kann ich", sagt sie. Noch besucht sie die vierte Klasse der Neuen Mittelschule in Leonding.

Eine Klasse, die ihren Schwerpunkt auf den Musikunterricht legt. Ihre Direktorin Katharina Bindeus hatte gehofft, dass Alisar durch die Musik leichter Anschluss finden würde. Der Plan ging auf. Alisar singt im Klassenchor, fährt auf jeden Ausflug mit und konnte bereits nach einem halben Jahr in fünf Fächern benotet werden. Aber Alisar hat auch große Vorteile im Gegensatz zu anderen Flüchtlingskindern: Sie ist das einzige Flüchtlingskind in der Schule und sie spricht englisch. "Alisar ist für uns eine gute Übung, um Englisch zu lernen", sagt ihre Klassenkameradin Anna.

»Alisar ist für uns eine gute Übung, um Englisch zu lernen.«

Immer häufiger kommt es vor, dass auch die Mathelehrerin nach dem englischen Wort für Wurzelfunktionen fragt. Viel versteht Alisar aber ohnehin schon auf Deutsch. Ihre Klassenlehrerin unterstützt sie, gibt ihr zusätzlich Nachhilfe. Auch die pensionierte Bibliotheksleiterin aus dem Ort hat angeboten, Alisar Deutsch beizubringen. Doch was am Land oder in kleineren Städten leichter funktioniert, droht in den Großstädten zum Problem zu werden.

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© Heinz S. Tesarek Ihr Vater Ammar besucht viermal die Woche seinen Deutschkurs

Sicher ist: Die schulische Integration der Flüchtlingskinder wird die Bundesländer in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen. Laut Bildungsministerium gibt es in diesem Jahr 8.000 schulpflichtige Flüchtlingskinder. Nicht viel, angesichts von insgesamt etwa 1,2 Millionen Schulpflichtigen. Doch 28.000 von ihnen brauchten im vergangenen Schuljahr integrative Sprachförderkurse. Der Bedarf und die dafür nötigen finanziellen Mittel steigen mit jeder weiteren Ankunft einer Flüchtlingsfamilie. "Besonders an Schulen, wo viele Flüchtlingskinder lernen, arbeiten die Lehrer an der Grenze ihrer Belastung und teilweise darüber hinaus", sagt Paul Kimberger, Vorsitzender der Pflichtschullehrergewerkschaft. Er fordert von der Bundesregierung mehr Unterstützung. "Wir brauchen dringend Sozialarbeiter, Fremdsprachenlehrer und Schulpsychologen. Mich hat ein Arzt darauf aufmerksam gemacht, dass es durchaus sein kann, dass Flüchtlingskinder unter den Tisch springen, wenn der ÖAMTC-Hubschrauber über die Schule fliegt, weil das für sie ein Signal von Gefahr ist. Mit diesen Situationen sind die Lehrer konfrontiert", sagt Kimberger. Er warnt davor, dass es bei den vielen Flüchtlingskindern immer schwieriger wird, alle gut zu integrieren.

Kontakt zu Freunden aus der Heimat

Ammar Hindieh hält Kontakt zu seinen Freunden und alten Nachbarn aus der Heimat. Sie schreiben sich auf Facebook und Whatsapp. Sie tauschen Fotos aus und nicht selten schwärmt Ammar von seinem neuen, sicheren Leben in Leonding. "Ich kenne noch Hunderte Familien, die das auch wollen und die sich jetzt auf den Weg machen", sagt Ammar. Zäune werden sie nicht aufhalten.

Wer Assads Fassbomben und den IS- Schlächtern entkommen ist, den stoppen keine lebensgefährlichen Bootsfahrten, kilometerlange Fußmärsche und bitterkalte Nächte ohne Dach über dem Kopf. Aber Ammar Hindieh ist auch klar, dass die Flüchtlinge zwar keine Grenzen kennen, sehr wohl aber die Aufnahmebereitschaft der Länder, in die sie gelangen.

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© Heinz S. Tesarek Mutter Zahra besucht die Abendschule, wenn die kleine Alma schläft

80.000 Menschen, damit rechnet die Bundesregierung. Das ist die Verdopplung des normalen Bevölkerungswachstums in Österreich, sagt Heinz Fassmann. "Einmal so eine hohe Wachstumszahl schafft man schon. Aber wenn das in den kommenden Jahren so weitergeht, muss man sich ernsthaft Gedanken machen, wie man bestimmte Infrastrukturen ausbaut", meint der Integrationsexperte.

Zahra Hindieh sitzt in ihrem Wohnzimmer. Sie hat ihre Töchter um sich. Die Uhr zeigt zehn nach. Ihr Mann verabschiedet sich, er muss zum Deutschkurs. Zahras beginnt erst am Abend. Die gelernte Kosmetikerin hat der Schule von Alisar angeboten, die Kinder für die Jahresabschlussfeier im Winter zu schminken. Sie hofft, dass sie in spätestens einem Jahr wieder arbeiten kann und Alma dann einen Platz im Kindergarten bekommt.

Die Geschichte der Familie zeigt, dass Integration alles andere als einfach ist. Es ist ein langer, beschwerlicher Weg für alle Beteiligten. Sie kostet Kraft und Ausdauer und Geld. Aber wenn sie funktioniert, können aus Fremden Mitbürger werden. Zahra Hindieh hat sich dafür an einem Frühlingsmorgen im vergangenen Jahr entschieden. Jetzt liegt es an Österreich, sich zu entscheiden.

Kommentare

Oberon
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Ich erkenne Ansätze offener Berichterstattung, speziell was die Qualifikation der Flüchtlinge angeht. Weiter so! :-)
Integration ist mehr, als eine Wohnung und einen Job zu haben, man muss die Menschen und das Land, in dem man bleiben will, auch mögen. Niemand verlangt von Zugewanderten eine gebückte Haltung, aber man darf eine gewisse Disziplin und Anpassungsfähigkeit an die Werte des .....

Oberon
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... Gastlandes durchaus erwarten. Kein Anfassen mit Samthandschuhen, weil sie ja so arm sind, aber auch keine übersteigerte Kritik an ihrem Verhalten. Wie immer bin ich für den Mittelweg. Wer dafür ist, noch mehr Flüchtlinge ins kleine Ö zu lassen, sollte auch bereit sein, diese in seiner nächsten Umgebung "auszuhalten". Daher - gerechtes Aufteilen - was Wien betrifft -Flüchtlinge auch .....

Oberon
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... in den sogenannten Nobelbezirken ansiedeln. Damit könnte ich mich arrangieren!
Leider werden Zugezogene mit Vorliebe in Stadtteile verlegt, wo sich Menschen nicht wehren können, weil sie nicht als wichtig angesehen werden. Man muss kein Ausländerfeind sein, um ein Übermaß an Fremden als unangenehm zu empfinden. Das ist menschlich und in allen Teilen der Welt so.

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