Radikal, brutal, virtuos

David Bösch inszeniert "Die Präsidentinnen" von Werner Schwab als radikale Textorgie

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Die Präsidentinnen © Bild: Reinhard Maximilian Werner

Ein heruntergekommenes, verdrecktes Zimmer. An einer der verschmierten, grauen Wände hängt ein Miniatur-Porträt des ehemaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim, darunter der Spruch „Fuck Mother“, an der anderen Wand prangt das überdimensionale Foto eines Kindes, in der Mitte ein Tisch, am linken Bühnenrand eine Toilette. Patrick Bannwart zeigt auf seiner Bühne, ganz naturalistisch, was Werner Schwab geschrieben hat, einen schonungslosen, brutalen Sozialporno. Drei Frauen erzählen ihre (Leidens-)Geschichten, ihre Träume von einem besseren Leben.

Die Präsidentinnen
© Reinhard Maximilian Werner

David Bösch führt seine drei virtuosen Schauspielerinnen Regina Fritsch (Erna, die Mindestpensionistin), Barbara Petritsch (Grete, die Pensionistin) und Stefanie Dvorak (Mariedl) wie durch eine Partitur und vertraut dabei ganz dem Text, lässt ihn in seiner Schärfe wirken.

Fritsch gibt den Ton an. Erna wird durch ihre Gestalt zur Königin, eine verfilzte Kappe und ein zerbrochener, mit Tixo geklebter Stock dienen als Krone und Zepter. Ernas Sorge gilt dem Sohn Hermann, einem Alkoholiker, ihr Traum die Liebe zum polnischen Fleischhauer Wottila, mit dem sie einmal zum „Urbi et Orbi“ nach Rom fahren oder zumindest auf ein Fest gehen möchte.

Die Präsidentinnen
© Reinhard Maximilian Werner

Barbara Petritsch zeigt die abgetakelte Grete, die zusah, wie ihr Ehemann ihre Tochter im Ehebett missbrauchte, brutal, schonungslos. Stefanie Dvorak verkörpert Mariedl, die davon erzählt, wie sie „ohne Gummihandschuhe“, die Toiletten der Reichen säubert, in Fäkalien wühlt und im Traum ihre beiden Gefährtinnen erledigt. Erna und Grete antworten mit einem Elektromesser-Massaker. Zurück bleibt das Böse in zwei Frauengestalten.

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