Direkte demokratische Teilhabe: Ein schwieriger Prozess

Warum direktdemokratische Methoden nicht immer sinnvoll sind

Direktdemokratische Methoden bei Entscheidungen auf kommunaler Ebene machen Sinn. Entscheidend ist dabei aber der Umgang mit den verschiedenen Instrumenten. Insgesamt ist es ein komplexer Prozess, der ein hohes Potenzial zum Scheitern mit negativen Auswirkungen auch über die Entscheidungsfindung hinaus in sich trägt. Das geht aus einer Studie des Austrian Institute of Technology (AIT) hervor.

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Studie - Direkte demokratische Teilhabe: Ein schwieriger Prozess

Die beiden Wissenschafter Peter Biegelbauer und Sandro Kapeller sind in der Arbeit der Frage "Mitentscheiden oder Mitgestalten" von Bürgern auf Gemeindeebene bei sechs Windkraftprojekten in Niederösterreich nachgegangen. Dabei wollten sie wissen, wie weit Bürgerpartizipation bei Entscheidungen auf kommunaler Ebene geht. Maßstab waren im Kern vier Kriterien: Können alle von einer Maßnahme Betroffenen tatsächlich an der Diskussion teilnehmen? Erfolgt die Kommunikation und die Information nicht nur in eine Richtung? Können die Bürger direkten Einfluss auf die entscheidende Frage ausüben? Gibt es von allen Seiten das Bekenntnis, gemeinsame Diskussionsergebnisse in den Beschlüssen zu berücksichtigen?

Vornweg kann attestiert werden, dass es in den vergangenen Jahren bezüglich der Einbindung von Bürgern in politische Entscheidungsprozesse auf kommunaler Ebene einen Bewusstseinswandel gegeben hat. Sämtliche der befragten Bürgermeister meinten, dass es bei der Umsetzung von derartigen Infrastrukturprojekten nicht ohne die Bevölkerung geht.


Oft erschöpft in reinen Informationsveranstaltungen
Ein zentraler Stolperstein bei der Entscheidungsfindung ist aber laut den Studienautoren, dass Bürgerpartizipation von den politisch Verantwortlichen missinterpretiert wird. Oft erschöpft sie sich in reinen Informationsveranstaltungen. Der Prozess läuft dabei nur in eine Richtung und hat lediglich das Ziel, die Akzeptanz für die bereits festgelegten Pläne zu bekommen.

Entsprechend haben sich die Bürgerbewegungen in den untersuchten Fällen häufig übergangen gefühlt. Sie monierten, dass man sie und ihre Argumente nicht ernst nehmen würde. Der Dialog begann zu leiden. Als Ausweg aus dieser Situation und Verkürzung des Prozesses sollte schließlich eine Bürgerbefragung die Entscheidungsfindung - anhand einer "Ja-/ Nein"-Frage - beschleunigen. Außerdem diente den Bürgermeistern die Befragung dazu, "ihr politisches Risiko zu minimieren".

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bürgermeister mehrheitlich die direktdemokratische Idee auf das Mitbestimmen (Befragung, Abstimmung) reduzierten. Echte Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Einwohner waren laut der Studie nur in geringem Maße anzutreffen.

Trotz des Risikos des Scheiterns sind aber partizipative Prozesse bei Entscheidungsfindungen für die Wissenschafter begrüßenswert, wenn sie sich möglichst nahe entlang der vier von den Forschern definierten Kriterien bewegen. Dabei komme repräsentativdemokratischen Institutionen eine nicht zu vernachlässigende Rolle zu, die die Diskussionen zulassen und im besten Fall sogar anschieben sollten.

Die Stadt Wien zum Beispiel geht mit dem "Masterplan für eine partizipative Stadtentwicklung" bereits in diese Richtung. "Damit gibt Wien den Bürgern deutlich mehr Raum zur Mitgestaltung, als dies bisher der Fall war. Gerade im Bereich der Stadtplanung wird leicht ersichtlich, dass ein gemeinsamer Dialog zu besseren Lösungen führen kann als eine Abstimmung über einen fixen Vorschlag", erklärte Kapeller im Gespräch mit APA-Science.

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