Unter 30-Jährige suchen Halt und Orientierung

Studie: Interesse für eigene Person größer als für System und Gesellschaft

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"Es geht uns darum zu verstehen, wie Jugendliche in einer komplexen, unübersichtlichen Welt zu einer Identität und sozialer Anbindung und schlussendlich einer Lebenstüchtigkeit finden", sagte Bertram Barth, Geschäftsführer von Integral. Unter Jugendlichen werden in der Studie alle 14- bis 29-Jährigen verstanden. Das Thema Körper und Selbstdarstellung wird besonders beleuchtet.

Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und Zukunftsängste werden bei den Jugendlichen immer größer. Das Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit des Staates und die Kompetenz der Eliten sind weiter gesunken, die Zukunftsängste der jungen Bevölkerung nehmen zu. "Bedenklich ist eine Entwicklung, in der Jugendlichen Lebensperspektiven verweigert werden und Zukunft als nicht-gestaltbar dargestellt wird", sagte Barth. Nur jeder Fünfte der Befragten blickt gesellschaftlich optimistisch in die Zukunft, 40 Prozent sind pessimistisch. Der Anteil der Pessimisten hat sich im Vergleich zur Studie vor drei Jahren um zehn Prozentpunkte erhöht. Obwohl es einen allgemeinen Pessimismus gibt, sind sechs von zehn der Befragten optimistisch, wenn es um ihre persönlichen Zukunftschancen geht. Ein Drittel ist jedoch skeptisch, fast jeder Zehnte fühlt sich abhängig und ist relativ hilflos.

Die Studie beleuchtet die Lebenswelten in den Sinus-Milieus, das sind Zielgruppen, bei denen Menschen nach ihrer Grundhaltung und Lebensweise gruppiert werden. Laut Bernhard Heinzlmaier, Geschäftsführer von T-Factory, gehört die Zukunft zwei Milieus: den Adaptiv-Pragmatischen und den Digitalen Individualisten - dort sehen die Forscher den größten Anstieg. Diese Milieus haben jedoch keine klare Vorstellung von der Zukunft. Für sie geht es weniger um das System als um die eigene Person. "Die Abwendung von der Gesellschaft" sei das Hauptthema der Jugend, sagte Barth. Die Forscher sehen dies als Gefahr, da sich Jugendliche immer mehr mit sich befassen anstatt mit dem großen Ganzen.

Zu den Digitalen Individualisten zählt die Lifestyle-Elite, sie lebt nach dem Motto "Das Leben ist ein Spiel, alles wird ironisch genommen". Die Adaptiv-Pragmatischen sind familienorientiert, für sie spielt sich das Leben zu Hause ab. Gemeinsam haben die beiden Milieus, dass die Welt für sie unübersichtlich ist, sie kein Vertrauen in Eliten haben und sie im Hier und Jetzt leben.

Beim Schwerpunktthema der Studie "Körper und Styling" wurde die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper befragt. Ihr Aussehen am stärksten verändern möchten die Digitalen Individualisten, ihnen geht es dabei um das Unverwechselbare. Am zufriedensten mit ihrer Figur sind die Performer und die Adaptiv-Pragmatiker. Insgesamt könnten sich 20 Prozent der Befragten eine Schönheitsoperation vorstellen, bei den Digitalen Individualisten ist es sogar jeder Dritte.

In Österreich werden sechs Jugendmilieus gezählt: Die Konservativ-Bürgerlichen (15 Prozent), die Postmateriellen (10 Prozent), die Hedonisten (21 Prozent), die Performer (14 Prozent), die Adaptiv-Pragmatischen (20 Prozent) und die Digitalen Individualisten (20 Prozent). Im Rahmen der Studie wurden von März bis Mai 47 teilweise mehrstündige Tiefeninterviews mit jungen Österreichern sowie 1.028 Onlineinterviews durchgeführt, repräsentativ für die 14- bis 29-jährigen in der Bevölkerung.

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