Treue lohnt sich nicht

Tricks für den Wechsel des Strom- und Gasanbieters

Wer gewisse Tricks anwendet, kann beim Wechsel des Strom- und Gasanbieters bis zu 600 Euro im Jahr sparen

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Fakten - Treue lohnt sich nicht

Günther Zabernigg, 52-jähriger Musiker aus Wien, ärgerte sich über seinen Strom-und Gasanbieter. Mehr als 20 Jahre lang hatte er seinem Energielieferanten die Treue gehalten -trotz der üppigen Rechnungen. 2013 erfuhr er von einem Vergleichsportal im Internet. Dort, auf der Homepage der staatlichen Regulierungsbehörde E-Control, fand er die aktuellen Strom-und Gaspreise, daneben auch Internetlinks, die direkt zu den diversen Anbietern führen. "Das probiere ich einmal aus", sagte sich Zabernigg. Und ersparte sich damit übers Jahr gerechnet ganze 450 Euro.

So wie Zabernigg geht es vielen Österreichern. Kaum wagen sie einmal den Vergleich, sind sie über das enorme Einsparpotenzial erstaunt. Das liegt laut jüngsten Daten zwischen 323 Euro (Tirol), 454 Euro (Wien) und 609 Euro (Oberösterreich) im Jahr. "Wer derzeit den Strom-oder Gaslieferanten wechselt, kann so viel sparen wie noch nie zuvor", sagt Cora James vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Aber: "Nur 3,5 Prozent der heimischen Haushalte nutzen diese Chance", sagt E-Control-Vorstand Martin Graf.

Mythen und Mären

Die Wechselbereitschaft der Österreicher hat sich in den vergangenen Jahren zwar leicht gesteigert, ist aber immer noch zu niedrig. Der VKI ist der Frage nachgegangen, warum wir Muffel sind, wenn wir Strom-oder Gasanbieter wechseln sollen und dabei auch noch viel Geld sparen können. Zur Antwort erhielten die Konsumentenschützer recht interessante Wechselmythen. Darunter etwa:

  • "Der Strom wird mir abgedreht, wenn der Wechsel nicht reibungslos abläuft."
  • "Strom- und Gaszähler werden getauscht."
  • "Der Netzbetreiber erhöht mir als Strafe die Netzkosten."
  • "Ich werde keinen Strom oder kein Gas bekommen, wenn mein neuer Anbieter zahlungsunfähig ist oder in Konkurs geht."
  • "Der Wechsel des Stromanbieters ist viel zu kompliziert."

Aus diesem Grund startete der VKI die Aktion "Energiekosten-Stop" . Zu dieser können sich alle bis 11. Jänner 2016 kostenlos anmelden. Das Ziel: den günstigsten Anbieter und Hilfe beim Wechsel finden. Genau zur richtigen Zeit. Denn die kalte Wintersaison steht vor der Tür. Und günstigere Tarife zahlen sich gleich doppelt aus. (www.energiekosten-stop.at)

Vorsicht bei Rabatten

Dass ein Wechsel nicht zeitaufwendig ist, bemerkte Zabernigg auch gleich. In nur 20 Minuten war die Ummeldung für beide Anschlüsse, Strom und Gas, geschehen. "Ein gutes Geschäft: 450 Euro für eine Drittelstunde", sagt der Musiker. Doch die Freude über die eingesparten Energiekosten währte nicht lange: Schon ein Jahr später verlangten seine neuen Energielieferanten mehr, als er beim alten Energieversorger zahlen musste.

Deshalb ging er zur Arbeiterkammer Wien. Dort sagte ihm ein Mitarbeiter: "Neue Kunden werden mit hohen Rabatten angelockt, doch die Tarife der Anbieter sind sehr hoch. Das sieht man aber erst nach einem Jahr, wenn der Neukundenrabatt nicht mehr gilt und der Anfangsbonus ausgelaufen ist." Dann kommt es bei vielen zum bösen Erwachen. Das kann man verhindern, indem man rechtzeitig vor Vertragsablauf kündigt und einen neuen Anbieter sucht. Wechseln Sie daher jedes Jahr und nutzen Sie so die Rabatte.

Was Sie über den Wechselbonus noch wissen sollten: Dieser wird nur mit einer Bindungsfrist gewährt, diese kann zwischen einem und zwei Jahren dauern. Auch die Form der Rabattauszahlung ist entscheidend: Manche Anbieter reduzieren den laufenden Strom-oder Gaspreis, manche schreiben einen Betrag auf dem Konto gut, und manche schenken ihren Neukunden gleich ein paar Tage kostenlose Energie.

Rabattauszahlungen am Ende eines Jahres sind jedenfalls mit Vorsicht zu genießen. Das Problem dabei: Wenn die Gutschrift auf dem Konto einlangt, ist die Kündigungsfrist abgelaufen. Um bloß keine Fristen zu verpassen, sollte man diese beim neuen Anbieter erfragen und sich im Kalender anzeichnen. Zumeist endet die Kündigungsfrist zwei bis maximal acht Wochen vor Vertragsende.

Wer nicht jährlich den Anbieter wechseln möchte, kann trotzdem Geld sparen. Derzeit günstigster Stromanbieter ohne einmalige Preisminderung ist Switch. Das Unternehmen startete 2001 und war der erste Billigpreisanbieter in Österreich.

Und Energiesparen geht manchmal auch noch einfacher. E-Control-Vorstand Graf empfiehlt: "Vielfach genügt es, wenn ein Kunde nur den eigenen Tarif verändert. Stromanbieter haben oft mehrere Tarife im Angebot, viele Haushalte befinden sich aber in einem falschen Tarifmodell. Das lässt sich meistens per Telefonat ändern. Auch das führt zu großen Einsparungen."

Insgesamt buhlen in Österreich 140 Stromlieferanten und knapp 30 Gasversorger um die Gunst der Kunden. Die Haushalte könnten vom Wettbewerb mehr profitieren und Geld sparen. Denn das, worum die Anbieter konkurrieren, macht nur einen geringen Teil aus.

Beispiel: Wer zehn Euro für Strom ausgibt, erhält nur 3,36 Euro als tatsächliche Leistung aus der Steckdose. Der deutlich größere Teil, nämlich 6,64 Euro, landet im Topf von Steuern, Abgaben und Netzgebühren. Beim Gas sieht das ein wenig moderater aus: Hier liegt der Steuer-und Netzanteil bei "nur" 54 Prozent. Der Rest unterliegt dem freien Wettbewerb. Kein Wunder also, dass beim Gaswechsel wesentlich höhere Einsparungen zu erzielen sind.

Noch eine wichtige Anmerkung zu den Netzgebühren, die so etwas wie die Transportkosten in den Haushalt darstellen: Diese wandern bei einem Anbieterwechsel nicht mit. Wer beispielsweise in Oberösterreich lebt, muss weiterhin die Netzgebühr des dortigen Landesversorgers berappen. Aus diesem Grund sind die Einsparungen von Bundesland zu Bundesland auch so unterschiedlich. Diese Aufteilung hat zur Folge, dass man nach einem Wechsel von Gas und Strom dann vier Rechnungen erhält: eine für das Stromnetz, eine für das Gasnetz. Und für Strom und Gas jeweils separate Rechnungen.

Strom ohne Atom

Neben dem Preis spielt für viele auch die ökologische Herkunft der Energie eine Rolle. Wurde vor drei Jahren noch eine erkleckliche Menge an Atomstrom in die Netze eingespeist, so ist dieser Anteil heuer praktisch auf null gesunken, ergibt eine aktuelle Studie der E-Control. Im Gegenzug kletterte Strom aus erneuerbaren Energieträgern auf knapp 90 Prozent. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass die Kennzeichnungspflicht für die Herkunft des Stroms durchaus Sinn macht.

Das Interesse an grünem Strom steigt. Zu den 81 Grünstromlieferanten sind in nur einem Jahr 26 weitere hinzugekommen. Auch die Gesamtabgabemenge aller Ökostromanbieter hat sich auf 30.456 Gigawattstunden erhöht. "Noch nie gab es so viele Ökostromlieferanten, und noch nie wurde so viel Ökostrom an Kunden geliefert", sagt Martin Graf. Den größten Anteil dabei trägt die Wasserkraft mit 77 Prozent.

Die Entwicklung der Marktpreise hat positiv auf die Rechnungen der Konsumenten durchgeschlagen. So hat sich der Gaspreis seit 2006 um fast die Hälfte reduziert. Ähnlich war die Entwicklung beim Strompreis: Dieser ist im selben Zeitraum um 25,6 Prozent gesunken.

Der Haushalt von Musiker Günther Zabernigg hat von dieser Preisentwicklung nicht zur Gänze profitieren können. Aber aus seinem ersten Wechsel hat er eines gelernt: Bloß nicht stehen bleiben! Zabernigg wandert nun von einem Anbieter zum nächsten. Dieses Mal mit mehr Erfolg und Obacht. Das Resultat kann sich sehen lassen. Mehr als ein Viertel seiner gesamten Energiekosten von 2014 hat er heuer schon wieder eingespart.

Kommentare

Auch die Energieversorger gibt es gleich 9 x (in jedem Bundesland) und im Proporz mit Parteigünstlingen besetzt. Alles andere zahlt der Konsument.

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