"Das ist maßlos überzogen"

Anwalt von Urteil "maßlos enttäuscht" - Grüne: "Wichtiges Signal gegen Korruption"

von Prozess gegen Ernst Strasser © Bild: APA/Fohringer

Vier Jahre Haft für Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit - inwieweit hat Sie dieser Ausgang des Strafverfahrens überrascht?

Kralik: Sagen wir so, dass, was für mich überraschend gekommen ist, war, dass das Gericht alles zu seinem Nachteil ausgelegt hat. Man hat kein Argument, das für ihn gesprochen hat, richtig gewürdigt. Der Senat hat es sich sehr leicht gemacht, indem er alle Argumente, die für Strasser gesprochen haben, nicht gelten hat lassen. Wir sind maßlos enttäuscht.

Nun hat der vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung aber wörtlich ausgeführt, dass Strasser in Österreich kein Gericht finden wird, das seiner Verantwortung Glauben schenken wird, er habe Geheimdienst-Agenten aufdecken wollen.

Kralik: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so ist. Wäre ich an der Stelle des Richters, würde ich mich das nicht zu sagen trauen.

Was sagen Sie zur Strafhöhe?

Kralik: Die ist maßlos überzogen. Das steht in überhaupt keiner Relation. Wenn einer ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt, kriegt er beim ersten Mal weniger.

Sie haben Rechtsmittel angemeldet. Inwieweit ist das Urteil überhaupt bekämpfbar?

Kralik: Ob eine Nichtigkeitsbeschwerde greifen kann, wird sich nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsausfertigung zeigen. Die ist dafür maßgeblich. Bei der Strafhöhe bin ich zuversichtlich, dass die in der Instanz deutlich reduziert wird.

Wie geht es Ernst Strasser jetzt?

Kralik: Wir sind nach der Urteilsbegründung sehr schnell auseinandergegangen. Ich habe noch nicht ausführlich mit ihm sprechen können. Es geht ihm jedenfalls nicht gut.


ÖVP kommentiert nicht

Die Regierungsmitglieder der ÖVP haben sich am Dienstag vor dem Ministerrat geschlossen einer Beurteilung des - nicht rechtskräftigen - Urteils gegen ihren ehemaligen EU-Mandatar und Innenminister Ernst Strasser verweigert. ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger machte klar, dass die ÖVP mit Strasser nichts mehr zu tun haben wolle.

"Wir haben mit Strasser vor zwei Jahren gebrochen", betonte er. "Er ist nicht mehr Teil unserer Gesinnungsgemeinschaft." Auf die Nachfrage, ob der Ex-Innenminister nicht doch noch Mitglied im ÖAAB sei, erklärte Spindelegger, dass es jedenfalls keine Mitgliedschaft Strassers in der Bundespartei gebe. "Alles andere ist eine Frage der Statuten."

Justizministerin will Strafhöhen reformieren

Justizministerin Beatrix Karl wollte das Urteil ebenfalls nicht inhaltlich kommentieren. Der Rechtsspruch belege aber, dass die Justiz "ohne Ansehen der Personen" entscheide, betonte sie. Die ÖVP habe schon längst die Konsequenzen gezogen, Strasser sein kein Parteinmitglied mehr, hielt sie fest.

Angesprochen auf die grundsätzliche Verhältnismäßigkeit der Strafhöhen für Delikte verwies sie auf ihre Pläne zur Überarbeitung des Strafgesetzbuches (StGB). Noch im Jänner soll eine Expertengruppe eingesetzt werden, deren Vorschläge im Jänner 2014 vorliegen sollen. Die Experten würden "ergebnisoffen" beraten, betonte die Ministerin: "Es gibt keine politischen Vorgaben." Karl wünscht sich eine Novellierung des StGB im Jahr 2015.

Änderungen im Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten hält Karl weiterhin nicht für nötig. Gerade die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft habe ohnehin eine "sehr gelockerte Berichtspflicht", meinte sie in Bezug auf entsprechende Expertenmeinungen.

Äußerst knapp fiel die Wortmeldung von Finanzministerin Maria Fekter zum Strasser-Urteil aus: "Das Gerichtsurteil eines unabhängigen Gerichts kommentiere ich nicht", sagte sie im Vorbeigehen.

"Wichtiges Signal gegen Korruption"

Sowohl Grüne als auch das Team Stronach haben das Urteil gegen den früheren Innenminister begrüßt. Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser sah in einer Aussendung "ein wichtiges Signal gegen Korruption" und sah dies in Einzelheiten des Richterspruchs bestätigt. Ähnlich formulierte er es auch Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar, der zudem die "abschreckende Wirkung" hervorstrich.

Vorerst keine Reaktion gab es seitens der ÖVP-Europaabgeordneten zur Verurteilung ihres früheren Delegationschefs. Auf Anfrage der APA hieß es vor Beginn der Sitzung des EU-Parlaments in Straßburg, der Nachfolger von Strasser, Othmar Karas, werde sich nicht äußern. Dies sei auch Linie für die anderen EU-Mandatare der ÖVP.

Der SPÖ-Delegationschef im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, hielt den Strafrahmen von vier Jahren für angemessen. "Meines Wissens war der Strafrahmen bis zu 10 Jahre" möglich gewesen. Generell zeigte sich Leichtfried erfreut, dass die "österreichische Justiz funktioniert, unabhängig davon wer angeklagt wird. Das ist durchaus positiv". Wahrscheinlich sei in dem Urteil auch ein "sehr hoher generalpräventiver Aspekt" mit eingeflossen, "was sicher bei dieser eher laxen Handhabung der Dinge nicht schadet".

Die Frage sei nun, wie die Instanzen entscheiden. Man habe schon beim Ersturteil gegen Uwe Scheuch gesehen, dass dies dann eher abgeschwächt werde. Aber "das kann man hier nicht vorhersagen".

Richtschnur für weitere Prozesse

Laut Korruptionsbekämpfer Heinz Fiedler (Transparency International) hat das Gericht eine sehr plausible Urteilsbegründung gegeben. Das Urteil könne als Richtschnur für weitere Korruptionsprozesse gesehen werden, so der ehemalige Rechnungshof-Präsident im Ö1-Morgenjournal. Es sei zweifellos ein Signal, "dass die Justiz in derartigen Fällen keine Gnade mehr kennt".

Kommentare

Hermann Gugger

Es ist doch eigentlich so wie bei der Part of the Game Affäre.Scheuch und Grasser hätte wenn Kohle auf den Tisch gekommen wäre das was ausgemacht war gemacht. Bloss passiert ist nichts.Bei Grasser wundere ich mich schon wieso er sich so blöd angestellt hat und wenn er der gerade Michl ist wie er sagt nicht einfach die "Bullen" gerufen hat.

derpradler

Unsere Rechtssprechung orientiert sich immer mehr an Emotionen und nicht mehr an Fakten. Wenn jetzt Urteile gesprochen werden um der Straße gerecht zu werden, dann gute Nacht Österreich!

brauser49

Es gehoert wohl zu einem Anwalt vom Urteil "maßlos enttäuscht" zu sein aber das ist wohl im Honorar schon inkludiert

Nichts desto trotz hat unser ehemaliger Innenminister anscheinend immer noch Zeit für einen überaus seriösen Social Media Auftritt: https://www.facebook.com/SeriousStreeter/

Im Innenministerium sitzen immer noch mächtige Freunde des ehemaligen Innenministers ,die (Jagdeinladungen) in einem Verhältnis von Nehmen zu Mensdorff sind........... Und das ist der eigentliche Skandal!!

Bei einem Höchtstrafausmaß von 10 Jahren sind 4 Jahre überzogen? Was für ein seltsames Gerechtigkeitsempfinden hat der Herr Anwalt?

Urteil überzogen? Das 3fache wäre angemessen. Wo leben diese Rechtsanwälte eigentlich?

Ignaz-Kutschnberger
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Herr Anwalt...selbst wenn wir auf die Hälfte reduzieren, sind das noch immer gute 2 Jahre! ...Sie sind wirklich ein Optimist ;-)

Ignaz-Kutschnberger
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Und bitte, könnten Sie a glei die Leute von Brüssel vertreten, welche an ehemalige griechische Minister Abfertigungen und Bonzen-Pensionen zahlen....während in der Schweiz nicht beschlagnahmte Steuer-Milliarden liegen...und die somit Eu-Subventionen und noch Schweizer Zinsen bekommen ;-) Da sollt dann jeder 18 Jahr bekommen...reduziert warens dann eh bloß noch 9 :-)

Ignaz-Kutschnberger
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Wenn es nach mir ginge, bekäme er einen Freispruch und von jedem Österreicher einen warmen Handedruck und jeweils 5 Euro von jedem!! :-) ...oder hätten wir noch Hinrichtungen wären das beim Aufhängen auf 4 Meter dann bei Reduzierung 2 Meter...da sollt man lange Beine haben, sonst verfehlt man mit den Zehen trotzdem knapp den sicheren Boden... somit sehe ich für den Ernst so oder so SCHWARZ

Ignaz-Kutschnberger
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Allerdings an die Minister-Pensions-Auszahler und Förderer der griechischen Mafia-Kultur in Brüssel meine Empfehlung und die besten Grüße...und der Schweiz ein Danke für die Verzinsung nicht abgeführter Steuer-Milliarden... :-)

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Es ging doch bei der Bestechung um Auweichung der Gesetze für Anlegerschutz. Wieviele Milliarden hätten EU Bürger dadurch verloren?
Die 4 Jahre sind doch ein extrem miledes Urteil.

Ignaz-Kutschnberger
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@founder ...durchaus auch eine berechtigte Frage!!

Ignaz-Kutschnberger
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ERNST wolltest DU uns am Ende um unser ERSPARTES bringen??? !!!

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Überzogen oder nicht, reine Interpretationssache. Fakt und fragwürdig ist allerdings, dass ein Sexualstraftäter sehr wohl das Recht auf eine Fussfessel bekommt während man hier plötzlich hart durchgreifen kann. Sorry, aber diese Justiz mag verstehen wer will, ich kann es nicht.

brauser49
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Gabryele, dass mit den Fussfesseln bei Sexualstraftätern geht jetzt Gott-sei-Dank nimmer so wie früher - die Hälte müssn´s jetzt scho absitzen

brauser49
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und da wir auf einer Sparwelle dahinreiten wollens den Verbrechern lieber Fussfesseln (kommt dann das AMS auf?) verpassen als sie im Häfn fuer zig€ täglich zu versorgen

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