Die Steuertricks der Großkonzerne

Apple muss Steuern nachzahlen, weltweit gehen durch solche Tricks Milliarden verloren

0,005 Prozent Steuern hat Apple in Irland bezahlt. Das entspricht etwa 50 Euro Steuern auf eine Million Euro an Gewinn. Die EU-Kommission hat nun befunden, dass dieser Steuersatz nicht zulässig ist. Apple soll 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen. Sowohl an Irland als auch an alle anderen Länder, die glaubhaft machen können, dass sie durch den irischen Steuerdeal selbst Steuereinnahmen verloren haben. Doch nicht nur Apple spart Steuern. Welche Tricks Großkonzerne anwenden, um Steuern zu sparen.

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Die Steuertricks der Großkonzerne

Irland war lange eines der ärmsten Länder Europas. Jahrhundertelang wanderten Iren aus, um Armut und früher auch Hungersnöten zu entgehen. Vor allem in den USA fanden viele von ihnen eine neue Heimat. Doch in den 1990er Jahren begann sich das zu ändern. EU-Subventionen in Milliardenhöhe halfen dabei vor allem aber die niedrigsten Unternehmenssteuersätze Europas. Die geografische Lage, die englischsprachige Bevölkerung und die attraktiven Steuersätze nützten viele US-Unternehmen um ihre Europageschäfte über Irland abzuwickeln.

Dass kleinere Länder niedrige Unternehmenssteuern einheben, um so Investitionen anzulocken, ist nichts Ungewöhnliches. Auch Österreich hat das mit Deutschland erfolgreich gemacht. Irland hat die Praxis aber so weit getrieben, dass nun der EU-Kommission die Hutschnur geplatzt ist. Denn Apple hatte sich einen eigenen Steuersatz mit Irland ausgemacht, anderen Unternehmen stand diese Möglichkeit nicht offen. Weshalb der Steuerdeal für die EU-Kommission eine unerlaubte staatliche Beihilfe ist und Apple nun Steuern nachzahlen muss. Allerdings möchte der irische Staat diese Steuern gar nicht haben, da seine gute wirtschaftliche Entwicklung des Landes in den letzten Jahren auch von solchen Steuerdeals abhing. Deshalb hat die Regierung bereits Einspruch gegen die Entscheidung der EU-Kommission eingelegt.

Wie funktioniert Apples Steuertrick?

Apple hat mit Irland eine eigene Steuervereinbarung getroffen. Bei diesen sogenannten „Sweetheart“-Deals lässt sich ein Unternehmen vorab seine Steuern prüfen und kann so feststellen lassen, dass die sehr niedrige Steuerrate, die sich das Unternehmen errechnet hat, von Irland akzeptiert wird.
Funktioniert hat das folgendermaßen: Apple versteuerte all seine Gewinnen von Verkäufen in Europa, aber auch in anderen Ländern, über Irland. Dafür betreibt es dort zwei Firmen. Eine, die Lizenzen für Urheberrechte hält und eine, die die Gewinne aus den Verkäufen sammelt. Mit 12,5 Prozent ist der Unternehmenssteuersatz in Irland ohnehin nur halb so hoch wie in Österreich.

Diese Rate wurde weiter reduziert. In erster Linie, indem ein Großteil des Geldes aus den Verkäufen von Applegeräten in Europa für die Finanzierung von Firmenzentralen ausgegeben wurde, die nur auf dem Papier bestehen. Dadurch wurde die zu besteuernde Summe in Irland massiv reduziert, bis am Ende nur mehr 0,005 Prozent als Steuerquote übrig blieben. Die EU-Kommission hat eine informative Infografik dazu erstellt.

Double Irish

Damit hat Irland ein System perfektioniert, das in seinen Grundzügen seit den 1980ern Jahren besteht. Damals wurde der sogenannte „Double Irish“ erfunden. Die Idee dahinter ist, dass nur diejenigen Firmen in Irland Steuern zahlen müssen, die dort auch ihren Unternehmenssitz haben. Es wurden also von internationalen Unternehmen meist zwei Unternehmen gegründet. Das eine mit Firmensitz in Irland und das andere mit Firmensitz in einer Steueroase. Bei der Firma mit Sitz in der Steueroase werden alle geistigen Urheberrechte gesammelt und die Firma in Irland bezahlt dafür sehr hohe Lizenzgebühren. So wird der irische Steuersatz nochmals deutlich gedrückt.

Double Irish with a Dutch Sandwich

Später wurde das Modell noch erweitert und solcherart als „Double Irish with a Dutch Sandwich“ bekannt. Denn für das Geld, das beim „Double“ Irish an eine Steueroase fliest, wird eine Quellensteuer in Irland fällig, um Steuerbetrug zu verhindern. Zwischen Irland und den Niederlanden gibt es jedoch ein Abkommen, das Einnahmen aus Lizenzgebühren steuerfrei macht. Die Firma in Irland überweist also das Geld in die Niederlande, von dort wird es wieder zurück nach Irland geschickt und kann nun steuerfrei in eine Steueroase verlagert werden.

Mit 2015 hat der irische Staat beide Systeme auf starken internationalen Druck hin auslaufen lassen. Nun kann sich kein neues Unternehmen mehr dieser Methode bedienen und wer die Geschäfte schon länger durchführt, hat immer noch bis 2020 Zeit das System weiter zu nützen. Das ist bei weitem nicht der einzige Steuertrick, den international operierende Unternehmen anwenden, um Steuern zu sparen.


Buchverluste: Luxemburg ermöglicht es internationalen Unternehmen, dass sie reine Buchverluste nutzen konnten, um ihre Steuerlast zu drücken. Während ein Unternehmen üblicherweise Verluste erst realisieren, also tatsächlich erleiden muss, reichten hier fiktive Verluste, um tatsächliche Steuern zu sparen.


Gewinnverlagerung: Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Gewinne in Länder zu verschieben, in denen nur sehr niedrige Steuern anfallen. Länder wie Zypern, Malta oder Bulgarien werben mit solch niedrigen Steuersätzen um solche Geschäfte.

Scheinkredite: Ein Unternehmen kann auch eine Tochterfirma in einem Land mit niedrigem Steuersatz nützen, damit diese einer Tochterfirma in einem Land mit höheren Steuersätzen einen Kredit gewährt. Die Kreditrückzahlung reduziert so die Steuerlast.

Mehwertsteueroptimierung: Möglichkeiten Steuern zu sparen, gibt es aber auch bei der Mehrwertsteuer. Amazon wickelte beispielsweise einen Großteil seines Handels in Europa über Luxemburg ab, wo für E-Books nur eine Mehrwertsteuer von drei Prozent fällig war.

Hunderte Milliarden Euro gehen verloren

Die Auswirkungen all dieser Steueroptimierungen sind enorm. Hunderte Milliarden Euro an Steuern entgehen den Staaten so. Die 13 Milliarden Euro von Apple sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das „Tax Justice Network“ schätzt beispielsweise, dass alleine 2012 etwa 600 Milliarden Euro an Steuern mittels solcher Tricks von dort weg transferiert wurden, wo die Gewinne eigentlich entstanden sind. Betroffen sind davon keineswegs nur wohlhabende europäische Staaten. Die Entwicklungshilfe-NGO „Oxfam“ schätzt beispielsweise, dass Entwicklungsländer durch diese Steuertricks jährlich etwa 90 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verlieren. Zum Vergleich: Die weltweite Entwicklungshilfe beträgt etwa 120 Milliarden Euro.

Kein Wunder, dass der Kampf gegen diese Steuertrick seit Jahren Ziel vieler Finanzminister ist. Aber einerseits profitieren viele europäische Länder wie Irland, Luxemburg, die Niederlande oder Belgien davon. Andererseits ist auch nicht immer klar, wem das Geld letztlich zusteht. Die US-Regierung kritisierte beispielsweise das Vorgehen der EU-Kommission gegen Apple. In erster Linie deswegen, weil Apple 200 Milliarden Euro an Gewinnen außerhalb der USA angehäuft hat, die sie nicht wieder dorthin zurückbringen, um Steuern zu vermeiden. Der US-Fiskus hätte gerne einen Großteil dieses Geldes aber auch des von zahlreichen andere US-Unternehmen, die es ähnlich machen, und überlegt deswegen seit geraumer Zeit eine Steueramnestie, die es diesen Unternehmen ermöglichen würde, das Geld zu deutlich niedrigeren Steuersätzen wieder in die USA zu bringen.

Beim G20-Treffen der wichtigsten Industrienationen im chinesischen Hangzhou standen deshalb auch Maßnahmen gegen Steuertricks auf dem Programm. Herausgekommen ist allerdings kaum etwas. Zu unterschiedlich sind die Sichtweisen auf diese Steuertricks zwischen den einzelnen Ländern. Bis auf weiteres ist also mit vielen, völlig legalen Steuertricks zu rechnen.

Kommentare

Henry Knuddi

die reichen können sich das richten, damit die armen das bezahlen können

Wann wird diesen Verbrechern das Handwerk gelegt. Es ist einfach unerträglich was hier passiert .

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