Steueroase Bahamas:
Verbindungen nach Österreich

Journalisten-Konsortium fand 70 Firmen mit Österreich-Bezug

Das internationale Journalistenkonsortium ICIJ hat am Mittwochabend 1,3 Mio. Dokumente aus dem Firmenregister der Bahamas veröffentlicht. Darin werden die Namen von Direktoren oder Eigentümern von 175.888 Firmen der bekannten Steueroase aufgelistet. Laut "ZiB2" gibt es darunter 70 mit österreichischen Adressen, gehäuft in Vorarlberg. Namentlich genannt wird der frühere Touristiker Cem Kinay.

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Fakten - Steueroase Bahamas:
Verbindungen nach Österreich

Kinay war ursprünglich Gründer von Gulet Reisen und der Magic-Life-Klubs. Er verkaufte diese Geschäfte 2004 und kaufte 2005 die Insel Dellis Cay, die zum Karibikstaat Turks und Caicos Islands gehört. Er wollte dort ein Luxusressort entwickeln. Unstrittig ist, dass er in drei Tranchen zwischen 2005 und 2008 850.000 Euro gespendet hat und deshalb wegen des Verdachts der Bestechung des Regierungschefs von Interpol gesucht wird. Die Türkei liefert den türkischstämmigen Österreicher aber nicht aus. Kinay selber hat immer betont, er habe das Geld der Partei gespendet bzw. nach einem Hurrikan zur Verfügung gestellt, alles sei offen und transparent abgelaufen. Auch jetzt versicherte Kinay der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" wieder, dass er unschuldig Opfer eines politischen Komplotts geworden sei.

Die britischen Behörden, unter deren Aufsicht die Turks and Caicos Islands stehen, gehen hingegen davon aus, dass zumindest ein Teil des Geldes in die Taschen des Regierungschefs persönlich geflossen ist und dass es einen Zusammenhang mit den Projekten Kinays gebe. Michael Misick, Chef der lokalen Regierung, wurde 2008 von Großbritannien unter Korruptionsvorwürfen des Amts enthoben, das Parlament wurde aufgelöst, die Verfassung außer Kraft gesetzt. Und über Dellis Cay wurde ein Baustopp verhängt, beide Inseln wurden unter Zwangsverwaltung gestellt. Kinays Projekt kam zum Stillstand.

Neu zeigen nun die Unterlagen des ICIJ, die dieses via "Süddeutsche Zeitung" erhalten hat, dass Kinay auf den Bahamas die Firma Turks General Partners Limited gegründet hat. Außerdem habe er sich 2009 - in dem Jahr stand er schon unter Korruptionsverdacht - in einem Schreiben an die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama erkundigt, wie er eine Stiftung gründen könne, mit der er sein Privatvermögen dem Zugriff der Behörden entziehen könne. Mossack Fonseca stand im Zentrum der "Panama-Leaks" vor einem halben Jahr.

Härteste Kritik trifft Ex-EU-Kommissarin Kroes

Kinay ist nur eine von mehreren prominenten Personen, die nun vom ICIJ in Verbindung mit Firmen auf den Bahamas gebracht werden. Die härteste Kritik trifft die frühere EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die von 2000 bis 2009 als Direktorin der Firma Mint Holdings (Mint Limited) auf den Bahamas geführt wurde. Von 2004 bis 2010 war sie Mitglied der EU-Kommission, von dieser Nebentätigkeit habe sie aber niemanden informiert, bestätigte Kroes den Vorwurf des ICIJ. Kroes weist aber darauf hin, dass das Projekt der Firma - Geld für eine Beteiligung an dem US-Energieriesen Enron zu sammeln - nie zustande gekommen sei. Die Firma sei nie operativ geworden. Es sei "ein administrativer Fehler", dass sie als Direktorin geführt wurde. Dennoch werde sie die Verantwortung für den Fehler übernehmen und zunächst einmal EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker informieren.

Die nun veröffentlichten Daten "zeigen, dass neben etlichen internationalen Wirtschaftsgrößen, Adeligen und Hunderten Deutschen auch der mongolische Ex-Premier Batbold Sukhbaatar, der ehemalige kolumbianische Minenminister Carlos Caballero Argáez, der kanadische Finanzminister William Francis Morneau, der katarische Ex-Premier Hamad bin Dschassim bin Dschaber al-Thani und der angolanische Vize-Präsident Manuel Domingos Vicente im bahamaischen Firmenregister als Direktoren, Sekretäre oder Präsidenten von Bahamas-Firmen geführt wurden oder noch immer werden", schreiben die "Salzburger Nachrichten".

Bahamas: Unkooperative Steueroase

Die Bahamas stehen bis heute auf der EU-Liste der unkooperativen Steueroasen. Laut der Organisation Tax Justice Network (Netzwerk Steuergerechtigkeit) gibt es weltweit nur wenige Steueroasen, in denen sich Geld noch besser verstecken lässt. "Die Bahamas haben immer nach ihrer Nische im Offshore-Geschäft gesucht", sagt der Experte und Buchautor Nicholas Shaxson, "und dabei haben sie immer auch schmutziges Geld angelockt - Geld, von dem andere ihre Finger gelassen haben", zitieren die "SN".

Daten zu Bahamas-Leaks unter: https://offshoreleaks.icij.org/

Die jüngsten Enthüllungen über die Steueroase auf den Bahamas seien ein "Beweis für das enorme Ausmaß von globaler Steuerhinterziehung und Steuervermeidung", erklärte der zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici am Donnerstag in Brüssel. Sie rechtfertigten auch die Arbeit der Kommission für eine größere Steuertransparenz und würden ein Licht auf Steueroasen werfen.

Enormes Ausmaß von Steuerhinterziehung

Erst vergangene Woche habe die Brüsseler Behörde eine erste weltweite Risikobewertung zur Identifizierung möglicher Steueroasen vorgenommen. Auf dieser Liste seien die Bahamas als "Hochrisiko-Land" bezüglich Problemen mit seinem Steuersystem angeführt worden. "Heute rufe ich neuerlich die EU-Staaten auf, sicherzustellen, dass wir eine gemeinsame europäische Liste von Steueroasen 2017 haben werden". Dabei müssten auch strenge und realisierbare Strafen für Länder enthalten sein, die es ablehnen, streng nach Vorschrift zu agieren und die ein Versteck für unversteuerte Vermögen bieten, so Moscovici.

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