Captain Kirk vs. Darth Vader

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Leben - Captain Kirk vs. Darth Vader

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis" oder "Der Weltraum, unendliche Weiten ": Wie hätten Sie es denn gerne? Jedes dieser beiden Intros steht für eine der erfolgreichsten Sciene-Fiction- Reihen, welche die Populärkultur hervorgebracht hat.

Seit 50 Jahren begeistern "Star Wars" und "Star Trek" Millionen von Fans auf der ganzen Welt. Aber selten gleichzeitig: Unter Kennern brennt seit Ewigkeiten eine Diskussion darüber, welche Reihe denn nun die ultimativ bessere sei. Das ist jetzt nicht unbedingt überraschend. Hardcore- Anhänger von popkulturellen Phänomenen blasen winzige, für Außenstehende nicht erkennbare Unterschiede gerne zu gigantischen Barrieren auf. Aber "Star Trek" und "Star Wars" schauen tatsächlich nur aus der Ferne und mit unkundigem Auge betrachtet gleich aus. Es gibt entscheidende Unterschiede -die natürlich trotzdem gerne aufgeblasen werden.

Das "Star Trek"-Universum, das auf den Produzenten Gene Roddenberry zurückgeht, umfasst mittlerweile fünf Fernsehserien mit mehr als 700 Episoden und zwölf Kinofilme. Mit "Star Trek Beyond" läuft am 21. Juli, pünktlich zum 50. Geburtstag des Franchises, der 13. Teil in den Kinos an. Die Geschichte erstreckt sich vom 22. bis ins 24. Jahrhundert.

In der Zukunft ist die Menschheit Teil und Gründungsmitglied der Vereinigten Konföderation der Planeten, die sich dem gemeinsamen Handel, der Wissenschaft und der Erkundung des Weltraums verschrieben hat. Eines der wichtigsten Mittel dafür ist die Sternenflotte, zu der Raumschiffe wie die Enterprise gehören, die die Konföderation auch gegenüber Aggressoren verteidigt. Die Konföderation basiert auf den Prinzipien der Toleranz und des Friedens, die allerdings im Kontakt mit zahlreichen anderen Allianzen oder Völkern wie den Borg oder den Ferengi immer wieder auf die Probe gestellt werden.

"Star Wars" startete 1977,1980 und 1983 folgten zwei weitere Kinofilme. Um die Jahrtausendwende folgten drei Prequels. 2012 kaufte Disney die Produktionsfirma des "Star Wars"-Schöpfers George Lucas und kündigte drei weitere Teile an, von denen der erste vergangenen Dezember in die Kinos kam. In der Story von "Star Wars" kippt eine galaktische Republik langsam in eine kriegerische Diktatur hinüber. Die übrig gebliebenen republikanischen Kräfte beginnen als Rebellen den langen, aber letztlich siegreichen Kampf gegen das Imperium. Und dazwischen ringen die guten Jedi-Ritter, denen die "Macht" übermenschliche Kräfte verleiht, mit ihren bösen Pendants, den Sith.

"Star Wars" und "Star Trek" wurden vielfach imitiert, kopiert und parodiert. Sie sind Teil des kollektiven Gedächtnisses der Popkultur. Fast jeder weiß, woher der Satz "Nein, ich bin dein Vater!"(oft fälschlicherweise mit "Luke, ich bin dein Vater" zitiert) kommt. Auch in der Dramaturgie haben sie ihre Spuren hinterlassen. Der "Worf-Effekt" bezeichnet einen speziellen Kunstgriff in Drehbüchern: Wenn ein Gegner als Erstes den besten Krieger der Heldengruppe (in "Raumschiff Enterprise -Das nächste Jahrhundert" war das der Klingone Worf) ausschaltet, wird dem Publikum sofort klar, wie außergewöhnlich gefährlich er sein muss.

Der harte Kern der Fans besteht aus jungen Männern, die sich für Veranstaltungen wie die Messe Comic Con als Klingone (eine Spezies aus "Star Trek") oder Jedi verkleiden und bereit sind, Unmengen an Geld für limitierte Spielzeugfiguren auszugeben. Es existiert eine gigantische Merchandise-Industrie, die auch Computerspiele, Comics und mehr oder weniger kanonische Romane umfasst. Allein mit dem Verkauf von "Star Wars"-Produkten wurden bis heute nach Schätzungen 30 Milliarden Dollar umgesetzt.

Da George Lucas bei den Verhandlungen weitsichtig genug war, im Austausch für einen Verzicht auf einen Großteil der Gage die Lizenzen zu behalten, hat das vor allem ihn selbst reich gemacht. Was die Einnahmen angeht, bleibt "Star Trek" deutlich dahinter. Trotzdem lebt eine kleinere Industrie vom hohen Einsatz der "Trekkies", wie die Fans von Gene Roddenberrys Schöpfungen sich selbst nennen.

Eine neue Hoffnung

In den frühen Nullerjahren schlitterten beide Franchises in eine tiefe Krise, die allerdings komplett unterschiedliche Ausprägungen nahm. Im Fall von "Star Trek" war der letzte Kinofilm - ebenso wie die letzte Neuauflage der Serie -unter den Erwartungen geblieben. George Lucas hingegen führte "Star Wars" ab 1999 zwar in neue kommerzielle Höhen -"Episode I - Die dunkle Bedrohung" spielte allein über eine Milliarde Dollar ein -, entfremdete aber viele Hardcore-Fans mit Slapstick- Charakteren und nicht notwendigen Erklärungen von lieb gewonnenen Mysterien. Es waren eigentlich alle ganz zufrieden damit gewesen, nicht zu wissen, was die "Macht" genau war.

In beiden Fällen musste eine Neuauflage her. Und zufällig steckte im Abstand von fünf Jahren jeweils derselbe Mann dahinter: der Produzent und Regisseur J. J. Abrams. Abrams machte sich mit Serien wie "Alias" oder "Lost" einen Namen und drehte später den dritten Teil der "Mission Impossible"-Reihe. Im Jahr 2009 erschien dann sein neuer, einfach "Star Trek" betitelter Film, in dem ein Raumschiff der Romulaner in der Zeit zurückreist, um Rache an den jungen Protagonisten zu nehmen, bevor sie ihnen in der Zukunft Ärger machen können.

Der kluge Schachzug im Drehbuch: Die Romulaner erzeugten dadurch eine alternative Zeitlinie. Das ermöglichte Abrams nicht nur, den ursprünglichen und mittlerweile verstorbenen Spock-Schauspieler Leonard Nimoy als Erklärbär auftreten zu lassen, sondern auch, die viel geliebten alten Filme nicht "ungültig" zu machen. Das ist alles passiert, aber eben in einem Paralleluniversum.

Ab 2013 widmete sich J. J. Abrams der Produktion des siebenten "Star Wars"-Films. Er spielt dreißig Jahre nach den Geschehnissen der Originaltrilogie. Die Reste des Imperiums haben sich zur sinistren Ersten Ordnung zusammengeschlossen, Luke Skywalker -zentrale Figur der Teile vier bis sechs -ist verschwunden. Ein desertierter Soldat der Ersten Ordnung und die junge Plünderin Rey geraten in die Ereignisse und müssen sich mit Kylo Ren, dem nächsten Sith-Lord, auseinandersetzen. "Das Erwachen der Macht" war ein amüsantes Spektakel, das alles aufbot, wofür man "Star Wars" liebt: Lichtschwerter, Raumschiffschlachten und schlagfertige Sprüche nicht nur vom alternden Harrison Ford. Sehr viel von allem, ohne dabei ins Lächerliche zu kippen. Die Reaktionen der Fans waren wohlwollend. J. J. Abrams hatte den Geist der klassischen "Star Wars"-Teile besser eingefangen als ihr Schöpfer George Lucas in den Prequels.

Bei "Star Trek" und dem Nachfolger "Star Trek: Into Darkness" war das noch anders. Die Kritiken fielen gut aus, die Trekkies blieben überwiegend zurückhaltend. Das war kein Zufall. Abrams inszeniert seine Filme auf eine solide, aber doch sehr ähnliche Weise. Sie sind rasant, schnell geschnitten und haben den klassischen Witz von Actionkomödien; kluges Popcorn-Kino, das man guten Gewissens genießen kann, über das man aber nicht zu viel nachdenken sollte. Das passt gut zu "Star Wars", verfehlt aber den Grundtenor von "Star Trek" um Lichtjahre.

Anderer Tenor

"Star Wars" ist im Grunde nicht Science- Fiction. Es ist eine klassische Heldensaga, die mit populären Elementen aus Western-oder Samurai-Folklore versetzt ist. Es sind großartige Filme, die alles haben: Den jugendlichen Helden, der über sich hinauswächst, den Vaterkonflikt, das Heldenopfer, Tod, Mut und Liebe. Aber man könnte die Grundgeschichte problemlos ins Mittelalter oder in die Welt der blutigen Fantasy-Serie "Game of Thrones" transportieren, ohne große Kompromisse zu machen. George Lucas selbst gab einmal zu Protokoll, dass seine Saga ein "Märchen ohne utopisches Versprechen", eine "Raumfahrtoper" sei. Die Geschichte ist universell und zeitlos. Das ist ihre große Stärke und Schwäche zugleich.

"Star Trek" ist etwas völlig anderes. Das Franchise ist viel komplexer und außerhalb seiner futuristischen Welt nicht vorstellbar. Die Zukunft ist hier nicht nur Setting, sie ist elementarer Teil der Geschichte. Es ist eine postmaterielle Welt, in der die Protagonisten auf schwierige Herausforderungen stoßen und ambivalente moralische Entscheidungen treffen müssen. Wie bleibt man in einer komplizierten, teilweise feindlichen Welt menschlich? Und muss man dafür überhaupt ein Mensch sein? In beiden Reihen spielt Philosophie eine wichtige Rolle. Aber während sich die Protagonisten in "Star Wars" in Windeseile entscheiden müssen, ob sie gut oder böse, schwarz und weiß sein wollen, beraten sie in "Star Trek" lange über die verschiedenen Grautöne.

Das ist so natürlich ein wenig zu einfach. Auch in "Star Trek" geraten die Crews immer wieder in physische Auseinandersetzungen. Gerade die krude inszenierten Faustkämpfe von William Shatner als Captain Kirk in der Fernsehserie sind legendär. Und doch ist schon die Grundinszenierung eine andere. Die Besatzung der Sternenflotte trägt einheitliche, hochgeschlossene Uniformen. Die Raumschiffe sind von klinischer Sauberkeit, die Kommandanten wie Kirk oder Picard sind ausgebildete Offiziere, die, wenn nötig, hart sind, aber sich auch immer wieder in philosophischen Gedanken verlieren. "Star Wars" ist wesentlich dreckiger. Der Millennium Falcon des Schmugglers Han Solo, der in der Geschichte eine zentrale Rolle spielt, ist ein blitzschneller, aber zusammengeflickter Haufen Metall.

"Star Wars"-Anhänger halten "Star Trek" oft schlicht für langweilig, Trekkies werfen den George-Lucas-Schöpfungen hingegen vor, simples Blockbuster-Material zu sein. Viele der Unterschiede rühren wohl einfach daher, dass "Star Trek" ursprünglich fürs Fernsehen, "Star Wars" hingegen von Beginn an für die große Leinwand erdacht wurde. Aber das sind Feinheiten, die in diesem galaktischen Ringen nicht durchkommen.

"Trek" oder "Wars": Wer immer noch eine finale Antwort auf die Frage erwartet, welche der "Star"-Reihen besser ist, muss enttäuscht werden. Es gibt eine Antwort. Aber sie liegt irgendwo da draußen. In den unendlichen Weiten einer weit, weit entfernten Galaxis.

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