Staatseinstieg "auf Zeit" bringt Kurssturz:
Commerzbank-Aktien brechen um 10% ein

Papiere schon am Vortag 14% ihres Wertes verloren UBS & JP Morgan Reaktion mit Verkaufsempfehlungen

Nach Ankündigung der Teilverstaatlichung sind die Aktien der Commerzbank erneut unter Druck geraten. Die Papiere rutschten um rund 10 Prozent auf 4,75 Euro, nachdem sie bereits am Vortag um knapp 14 Prozent eingebrochen waren. "Der hohe Kapitalbedarf ist eine negative Überraschung für uns und deutet auf einen hohen Abschreibungsbedarf auf die Risikopositionen von Commerzbank und insbesondere der Dresdner Bank hin", kommentierte LBBW-Analyst Olaf Kayser. Die Kapitalspritze werde die künftigen Ergebnisse der Commerzbank stark verwässern.

Staatseinstieg "auf Zeit" bringt Kurssturz:
Commerzbank-Aktien brechen um 10% ein

Ähnlich äußerte sich Sabine Bohn von der DZ Bank. "Aufgrund der hohen Belastungen aus der Kapitalbedienung und der Aussicht auf weitere Abschreibungen und steigende Risikokosten infolge der anhaltenden Finanzkrise ist auf absehbare Zeit mit keiner nachhaltigen Ertragserholung zu rechnen", prognostizierte sie. Die Analysten von UniCredit sprachen in einem Marktkommentar auch von einem Vertrauensverlust und empfahlen, die Aktie zu verkaufen. Andere Banken reagierten ebenfalls mit Verkaufsempfehlungen oder Kurszielsenkungen, darunter Societe Generale, UBS und JP Morgan.

"Staat tritt nur auf Zeit ein"
SPD-Chef Franz Müntefering hat den Staatseinstieg bei der Commerzbank verteidigt. "Das, was jetzt bei der Commerzbank passiert, ist ja keine Teilverstaatlichung", sagte Müntefering. "Der Staat tritt auf Zeit ein, aber er wird sich auch in einem baldigen und vernünftigen Augenblick wieder lösen." Die deutsche Regierung werde "jedenfalls auf die Geschäfte keinen Einfluss nehmen". Es komme vielmehr darauf an, nun "Stabilität in die ganze Situation" zu bringen, damit die deutsche Wirtschaft wieder funktioniere, fügte Müntefering hinzu.

Teilverstaatlichung einer Privatbank deutsches Novum
Der Frankfurter Professor für Bankbetriebslehre, Martin Faust, sagte der "Berliner Zeitung", der Staatseinstieg sei "überraschend, doch es ist der Befreiungsschlag, den die Commerzbank jetzt benötigt". Mit dem Kauf der Dresdner Bank stehe die Commerzbank vor einer gewaltigen Aufgabe. "Ohne den Einstieg des Bundes hätte die Übernahme der Dresdner wohl abgeblasen werden müssen", sagte Faust. "Und das hätte dramatische Folgen für alle Beteiligten nach sich gezogen." Die Teilverstaatlichung einer Privatbank sei in Deutschland zwar ein Novum, doch in Großbritannien sei der Staat schon an mehreren Instituten beteiligt. "In Deutschland sollte das aber ein Einzelfall bleiben."

Staat zieht sich in zwei Jahren wieder zurück
Spätestens nach zwei Jahren sollte sich der Staat wieder zurückziehen, forderte Faust. Die Tatsache, dass der Staat jetzt Aktionär bei der Commerzbank sei, sei auch eine Chance: "Jetzt kann der Staat auch an den künftigen Gewinnen der Bank partizipieren und davon profitieren, wenn der Aktienkurs der Bank wieder steigt."

Der Bund kaufte für 1,8 Mrd. Euro Commerzbank-Aktien und hält nun ein Viertel an der Bank. Damit ist der deutsche Staat mit Abstand der größte Commerzbank-Aktionär. Daneben hat die deutsche Regierung inzwischen bereits 16,4 Mrd. Euro als sogenannte stille Einlagen der Bank zur Verfügung gestellt. Eine stille Einlage führt der Bank zwar neues Eigenkapital zu, die Aktionärsstruktur bleibt aber unverändert. Damit müssen keine neue Aktien ausgegeben werden und der Wert der bisherigen Aktien wird nicht verwässert. Auch bekommt der Bund durch die stille Einlage kein Mitspracherecht. (apa/red)