St. Anna Kinderkrebsforschung wird noch zielgerichteter

Präzisionsmedizin in Labors des Spitals immer mehr am Vormarsch

250 Kinder erkranken in Österreich jährlich an Krebs, und etwa 100 davon werden im St. Anna Kinderspital in Wien behandelt. Die modernen Therapien wären "ohne Begleitforschung nicht denkbar", betonte Wolfgang Holter, Leiter der an das Krankenhaus angeschlossenen Kinderkrebsforschung, bei einem Pressegespräch. In den kommenden Jahren sollen die Behandlungen noch präziser werden.

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Krebs bei Kindern unterscheidet sich vor allem im Erkrankungsspektrum, erläuterte Holter. Im Kleinkindalter tritt beispielsweise häufig Leukämie auf, im Jugendalter ist es Knochenkrebs. Karzinome wie Lungenkrebs bei Rauchern kommen in jungen Jahren praktisch gar nicht vor. "Wir können heute rund 80 Prozent der Kinder heilen. Das bedeutet aber auch, dass wir einem großen Teil der Kinder nicht helfen können", sagte Holter. Er hofft, die Heilungsrate vor allem durch in den vergangenen Jahren gewonnene Forschungserkenntnisse zu erhöhen.

Next Generation Sequencing

Die Methode des Next Generation Sequencing (NGS) bietet etwa mittlerweile die Möglichkeit der detaillierten Erfassung von Erbinformationen und damit Einblick in das gesamte Erbgut (Genom) eines Organismus. Durch NGS ist es möglich, Tausende bis Millionen von DNA-Strängen gleichzeitig zu sequenzieren und die gesamte Variabilität von Tumorzellen darzustellen. Das soll die Ursachen der Krankheitsentstehung sowie von Rückfällen und Therapieresistenzen aufzeigen.

Die gewonnenen Informationen fließen in die sogenannte Präzisionsmedizin ein, mit der die Therapie an die spezielle Erkrankung einzelner Patienten angepasst wird. Auch Neben- und Spätwirkungen der Behandlung sollen dadurch so weit wie möglich reduziert werden, betonte Heinrich Kovar, Wissenschaftlicher Leiter der St. Anna Kinderkrebsforschung.

Konkret werden die Erkenntnisse des NGS in den kommenden drei Jahren bei 50 ausgewählten Patienten in Studien zur Anwendung kommen. Dabei werden Primärtumor- und im Blut zirkulierende Tumor-DNA auf wiederkehrende Veränderungen des Mutationsspektrums im Verlauf der Krankheit untersucht. Je mehr man über diese Veränderungen weiß, desto genauer kann man die Therapie anlegen und desto höher ist die Heilungsrate.

Forschung mit Zebrafischen

Geforscht wird in einem Anbau an das Kinderspital in Wien-Alsergrund. "Der Großteil der Forschung findet heutzutage in sogenannten Dry-Labs statt - also am Computer", sagte Kovar bei einem Rundgang durch die Labors. Die Wissenschafter arbeiten aber auch mit Zebrafischen. In die Embryonen der Tiere werden menschliche Onko-Gene eingebracht, die auch bei Kindern Krebs verursachen. Bei den Larven, die in einem gut geheizten Aquariumraum im Keller des Hauses heranwachsen, lassen sich in relativ kurzen Zeiträumen von bis zu wenigen Tagen Fortschritte der Erkrankung und Wirkungen von Medikamenten beobachten.

Für die Arbeit der Kinderkrebsforschung wurde eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Kapsch um weitere drei Jahre verlängert. Das Technologieunternehmen stellte den Wissenschaftern dafür 300.000 Euro zur Verfügung. Dabei gehe es rein darum, die Präzisionsmedizin zu unterstützen und Kindern zu helfen, sagte Firmen-Vorstand Kari Kapsch. "Die St. Anna Kinderkrebsforschung könnte ohne die Unterstützung aus der Bevölkerung - ohne den Spendenfluss - nicht existieren", freute sich Holter über die Unterstützung.

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