Wie ein Wiener aus einem 5-Euro-Wettgutschein 150.000 Euro machte

Und trotzdem würde er niemandem empfehlen zu wetten

Was sich wie eine schlechte Pop-Up-Werbung aus dem Internet anhört, ist im Fall des Wirtschaftsstudenten William (*Name von der Redaktion geändert) Realität: Aus einem Fünf-Euro-Wettgutschein hat in vier Jahren hundertfünfzigtausend Euro gemacht. In Zahlen: 150.000. In ein paar Stunden verdient er heute so viel wie andere in einem Monat. Buchmacher haben ihn gesperrt, Freunde versucht, es ihm nachzumachen – ohne Erfolg. Im Interview mit news.at spricht er über die magische Anziehungskraft der sechs Nullen, den Adrenalinkick beim Wetten und warum er trotz seiner Erfolge niemand raten würden, mit dem Wetten zu beginnen.

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Sportwetten - Wie ein Wiener aus einem 5-Euro-Wettgutschein 150.000 Euro machte

news.at: Wie hat deine Erfolgsgeschichte angefangen?
William: Begonnen hat alles vor mittlerweile vier Jahren. Damals hat mir mein Onkel einen Fünf-Euro-Wettgutschein geschenkt. Aus Jux und Tollerei habe ich dann einfach mit dem Sportwetten angefangen. Die ersten Male war natürlich Glück im Spiel. Aber als ich zwei, drei Mal gewonnen habe, fing ich an, mich bewusst mit der Systematik, die dahintersteckt, auseinanderzusetzen.

Wie ist es dann weitergegangen?
Ich bin draufgekommen, dass man, wenn man sich Zeit lässt, diszipliniert agiert und in den richtigen Momenten die richtigen Sachen macht Geld gewinnen kann. Viel Geld. Das hat dann aber auch mein Buchmacher schnell gemerkt und mich gesperrt.

Dürfen das Buchmacher überhaupt?
Ja. Buchmacher sperren immer dann Leute, wenn sie merken, dass die klüger sind als sie selbst. Das passiert oft. Jeder Buchmacher hat ein Gewinnlimit und will eigentlich nur Leute, die einfach drauf los wetten. Buchmacher verdienen ihr Geld mit den Emotionen dieser Leute. Und das ist eigentlich etwas, das nicht gut ist.

»Buchmacher sperren immer dann Leute, wenn sie merken, dass die klüger sind als sie selbst. «

Und obwohl du gesperrt wurdest, hast du weitergemacht?
Ja. Ich habe dann natürlich mein Geld abgezogen und bin zu einem größeren Buchmacher gegangen. Ich bin dabei aber immer bei den Sportarten geblieben, in denen ich meine Systeme entwickelt habe. Nach einem Jahr war ich bei zirka 10.000 Euro. Und obwohl das Limit des zweiten Buchmachers höher war, hat mich auch dieser wieder gesperrt. Danach ging ich zu einer Sportwettbörse.

Wie funktionieren Sportwettbörsen?
Das funktioniert ähnlich wie eine echte Börse, wo einzelne Teilnehmer für Angebot und Nachfrage sorgen. Die Quoten setzen sich aus dem Entgegenwirken von Angebot und Nachfrage zusammen. Es herrscht ein faires Öko-System sozusagen. Und: Es gibt kein Limit nach oben.

Wie hast du 150.000 Euro gewonnen?
Ich bin bei den Sportarten geblieben, wo ich profitabel war. Ich berechne Dinge vor und überlege mir den ganzen Wettbewerb durch. Beim Radfahren beispielsweise schaue ich mir vorher Faktoren wie Streckenverlauf, Steigungsprozente, Wetterbericht und Windrichtung an. All diese Informationen setze ich wie einzelne Puzzleteile in meinem Kopf zusammen. Mittlerweile kann ich auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Und: Ich investiere sehr viel Zeit dafür, durchschnittlich 15 Stunden die Woche.

Wenn du sagst, du hast ein eigenes System, entwickelt sich da nicht auch eine gewisse Kontroll-Illusion? Glück ist doch auch ein ausschlaggebender Faktor, oder?
Ich glaube nicht an Glück. Für mich ist das nur ein Zusammenspiel von Wahrscheinlichkeiten. Aber natürlich darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass man immer gewinnt. Verlieren gehört dazu.

»Ich glaube nicht an Glück.​ Für mich ist das nur ein Zusammenspiel von Wahrscheinlichkeiten. «

Hast du gewisse „Tricks“?
Ja klar, ohne Tricks geht es auch gar nicht. Die möchte ich aber nicht verraten. Nur einen einfachen Tipp für den Laien: Wer mittels Kombiwetten Quoten multipliziert und große Gewinne vor Augen hat, sollte sich bewusst sein, dass er beim Buchmacher aufgrund des Verteilungsschlüssels, der satte Abschläge inkludiert, mit jeder weiteren Kombination statistisch gesehen noch weniger Erfolg hat.

Verrätst du trotzdem, was dein Schlüssel zum Erfolg ist?
Ich glaube der Schlüssel zum Erfolg war, dass ich kein eigenes Geld riskiert habe, sondern dass alles von diesem Fünf-Euro-Gutschein gekommen ist. Und bei mir herrscht beim Geld eine totale Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und dem, was auf den Bildschirmen passiert. Beim Wetten sind das nur haufenweise Zahlen, die sich bewegen. Wenn ich 1-0-0 ins System eingebe, ist das meinem Gefühl nach nichts, aber wenn ich hingegen einen Hundert-Euro-Schein in den Händen halte, fühlt sich das nach verdammt viel Geld an.

Sportwetten
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Hast du schon einmal richtig viel verloren?
Ich verliere ständig etwas, das Meiste waren 10.000 Euro. Mit einem Mausklick. Mittlerweile ist es mir egal, wenn ich ein paar Tausend verliere, weil ich genau weiß, was ich mache und mir bewusst bin, dass eben immer auch ein Risiko dabei ist. Ich bin emotional davon losgelöst.

Was passiert, wenn man emotional nicht losgelöst sein kann?
Das ist der Anfang vom Ende. Wenn man Sportwetten nicht rational betrachtet, ist es ein irres Spiel mit Emotionen, bei dem man leicht den Fokus verlieren und sich von seinen Emotionen leiten lassen kann. Deshalb würde ich Wetten generell niemanden empfehlen.

Was rätst du Leuten, die trotzdem anfangen wollen zu wetten?
Nehmt euch ein Blatt Papier, schreibt „1000 Euro“ drauf und versucht ein halbes Jahr lang das Ganze durchzuspielen. Wenn ihr dann Geld gemacht habt, könnt ihr es probieren. Freunde von mir, die meine Geschichte kennen, haben natürlich auch begonnen – und Geld verloren. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass es sehr wichtig ist, mit beiden Beinen im Leben zu stehen und einen richtigen Job zu haben. Nie würde ich jemanden raten, Geld, das man selbst verdient hat oder von dem man abhängig ist, zu riskieren.

» Sportwetten ist ein irres Spiel mit Emotionen, bei dem man leicht den Fokus verlieren kann.«

Kennst du Leute, die beim Wetten auch so erfolgreich sind?
Nein.

Was fasziniert dich an Sportwetten?
Es ist eine Mischung aus Sport, Adrenalin und natürlich auch monetären Anreizen. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich würde das auch machen, wenn das Geld nicht stimmen würde. Es ist einfach ein cooles Gefühl, wenn man einen guten Tag hat und in ein paar Stunden so viel verdient wie andere in einem Monat. Und ja klar ist es auch ein gewisser Rush, ein gewisser Kick.

Würdest du es als eine Art Sucht bezeichnen?
Die Frage bekomme ich oft zu hören. Ich würde sagen nein. Es ist nicht so, dass es bei mir über allem anderen steht. Ich habe einen Job und andere Dinge im Leben, wo ich mich verwirkliche. Aber Suchtgefahr ist auf jeden Fall gegeben, deswegen muss man mit der nötigen Demut an die Sache herangehen.

Aber ein gewisser Drang nach immer mehr ist schon vorhanden?
Ja doch, der ist eigentlich immer da. Also die sechs Nullen ziehen mich schon magisch an. Aber ich weiß, dass das ein Projekt ist, das Jahre, vermutlich sogar Jahrzehnte dauert. Kurzfristig Millionär zu werden ist eine Illusion.

»Kurzfristig Millionär zu werden ist eine Illusion.«

Hast du dir schon überlegt, was du mit dem Geld machen willst?
Ja. Ich investiere damit an der echten Börse, es geht also weiter. Aber schön vorsichtig, ich setze nie alles aufs Spiel. Denn wenn ich wirklich einmal Pech habe – nein, wenn die Wahrscheinlichkeiten gegen mich sind, darf das in keiner Weise meinen bisherigen Gewinn bedrohen.

Wann würdest du aufhören?
Ich möchte nicht aufhören, es macht mir ja Spaß. Aber wenn ich ein, zwei Jahre keinen Gewinn mehr machen würde, wenn ich merke würde, dass irgendetwas mit meinem System nicht mehr stimmt, dann vielleicht. Ich glaube schon, dass ich aufhören könnte. Aber das ist jetzt natürlich leicht gesagt. Sicher bin ich mir nicht.

Hilfe bei Spielsucht finden Sie bei der Hotline der Selbsthilfegruppe Anonyme Spieler unter 0660 123 66 74 oder bei Spielsuchthilfe.at.

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