Ist Sport bei Erkältung gesund?

Bis wann man weitertrainieren darf und ab wann man Folgeschäden riskiert

Mit einem leichten Schnupfen darf man weitertrainieren. Wer aber trotz Fieber Sport macht, riskiert Folgeschäden.

von Laufen im Herbst © Bild: istockphoto

Es ist einfach ungerecht: Endlich haben wir uns überwunden, trotz des grauen Wetters regelmäßig Sport zu machen - und prompt sucht uns der Schnupfen heim, weil das Land wie jeden Herbst von einer Erkältungswelle heimgesucht wird. Die Nase trieft, der Hals kratzt ein bisschen, die Augen sind geschwollen und gerötet. Was tun? Einfach weitertrainieren? Oder die Sportschuhe in die Ecke stellen und erst wieder hervorholen, wenn die Verkühlung überwunden ist? Viele von uns neigen zu Letzterem. Zum einen aus Angst, durch die Belastung erst richtig krank zu werden, zum anderen, weil ein Schnupfen eine willkommene Ausrede ist, sich nach Feierabend mit einer Tasse heißer Schokolade auf die Couch zu legen, statt ins Fitnessstudio zu gehen.

Notwendig wäre das aber nicht. "Wenn die Nase ein bisschen läuft, man sich aber ansonsten ganz wohl fühlt und auch kein Fieber hat, kann man sehr wohl Sport machen", sagt Josef Niebauer, Leiter des Instituts für Sportmedizin der Universitätsklinik Salzburg. "Wenn Sportler trainieren gehen, obwohl eine Erkältung im Anmarsch ist, erleben sie sogar häufig, dass sie sich nachher besser fühlen, weil die Atemwege wieder freier sind." Dabei ist es egal, ob man sich drinnen auf den Ergometer setzt oder im Freien Joggen geht. "Ein paar Grad über oder unter null schaden überhaupt nicht", sagt Niebauer. Heikel werden Outdoor-Aktivitäten erst ab minus zehn Grad, aber solche Temperaturen sind bei uns ohnehin eher selten.

»Es ist nicht zielführend, Kinder wegen eines kleinen Schnupfens an der Bewegung zu hindern.«

Für Kinder gilt: Je jünger sie sind, desto vorsichtiger sollte man im Falle einer Erkältung sein. Aber auch bei ihnen ist eine laufende Nase kein Grund, sie für den Schulsport oder im Fußballverein krankzumelden, vorausgesetzt, das Kind fühlt sich nicht schlapp, sagt der Kinderarzt Peter Voitl. "Übertriebener Ehrgeiz ist bei einer Verkühlung natürlich fehl am Platz, aber die Tendenz geht eher zu übergroßer Vorsicht vonseiten der Eltern. Viele Kinder haben ohnehin schon Bewegungsmangel, es gibt eine große Anzahl übergewichtiger Kinder. Daher ist es nicht zielführend, sie wegen eines kleinen Schnupfens an der Bewegung zu hindern."

Wie ein angeschlagener Boxer

Kommen aber Unwohlsein oder leichte Gliederschmerzen dazu, ist es besser, dem Körper eine sportliche Pause zu gönnen, selbst wenn man kein Fieber hat. In diesem Stadium sollten auch Eltern die Aktivität ihrer Kinder bremsen. "Wenn die Erkältung nicht schlimmer wird, ist der Spuk nach zwei, drei Tagen vorbei, und man kann wieder trainieren. Als Breitensportler brennt einem ja bei einer kleinen Pause nichts an", sagt Sportmediziner Niebauer. "Wird man dagegen wirklich krank, ist es besser, sich vorher nicht belastet zu haben." Sofern kein Fieber besteht und man gar nicht auf Bewegung verzichten möchte: Spazierengehen ist jedenfalls erlaubt.

Kommt Fieber dazu, ist wirklich Schluss mit Sport. Erhöhte Temperatur ist ein Zeichen dafür, dass der Körper damit beschäftigt ist, sich gegen Keime zur Wehr zu setzen und dafür alle verfügbaren Kräfte benötigt. Nimmt man ihm diese Ressourcen weg, weil man ihn durch Sport belastet, können die Organe Schaden nehmen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Herzmuskelentzündung - davor werden erkältete Hobbysportler besonders häufig gewarnt. "Ein gesunder Körper hält extreme Belastungen aus", sagt Niebauer. "Aber im Falle einer Krankheit ist er mit einem angeschlagenen Boxer vergleichbar. Weil das System ohnehin schon am Kippen ist, reicht ein kleiner Schubser aus, und er liegt am Boden." Daher: lieber ins Bett legen und auskurieren.

Sportler sind seltener krank

Auch nach einer überstandenen Infektion sollte man sportlich nicht gleich wieder Vollgas geben. Über die Dauer der Pause gibt es zwar keine gesicherten Daten, aber eine Faustregel lautet: So viele Tage, wie man Fieber hatte, sollte man nachher auch fieberfrei sein, ehe man sein Training wieder aufnimmt. Hat man ein Antibiotikum genommen, ist nach dem Absetzen eine Pause von einer Woche empfehlenswert, damit sichergestellt ist, dass der Körper auch ohne die Hilfe von Medikamenten fit ist. Grundsätzlich ist es aber vom eigenen Zustand und Wohlbefinden abhängig, wann man wieder anfängt, sich sportlich zu betätigen.

Darauf sollten auch Eltern achten, deren Kinder krank waren. "Die melden sich meistens schon selber", sagt Kinderarzt Voitl. "Und wenn ein Kind wieder vor Aktivität strotzt, sollte man es gar nicht zu sehr zurückhalten." Wer sich den ganzen Ärger ersparen möchte, sollte nicht bis zur Erkältungssaison warten, sondern schon vorher regelmäßiges Ausdauertraining machen. Eine Studie der Appalachian State University in North Carolina ergab, dass dies das Risiko für eine Erkältung um fast die Hälfte senken kann. Dabei wurden rund 1.000 Teilnehmer über einen Zeitraum von drei Wintermonaten beobachtet. Personen, die sich fünfmal oder öfter in der Woche für jeweils mindestens 20 Minuten bewegten, waren durchschnittlich fünf Tage lang verkühlt. Bei jenen Teilnehmern, die wenig oder überhaupt keinen Sport machten, waren es neun Tage. Auch die Erkältungssymptome fielen bei ihnen deutlich schwerer aus als bei ihren aktiveren Kollegen.

Der Grund: Sport stärkt die Abwehrkräfte und hilft so, dem Schnupfen mit all seinen lästigen Nebenerscheinungen ein Schnippchen zu schlagen.

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